Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Helfen, wo immer es nötig ist
70 Jahre VdK Laupheim – Gisela Scharnagl erhält die goldene Verdienstnadel.
LAUPHEIM - Viele Gäste sind am Samstag in den „Schützen“gekommen, um auf das 70-jährige Bestehen des VdK-Ortsverbands anzustoßen. „Schön, dass Sie alle hier sind“, freute sich die hiesige Vorsitzende des Sozialverbands, Gisela Scharnagl. In ihrer Festrede erinnerte sie an die Anfänge des VdK in Laupheim.
Der Verein, verdeutlichte Scharnagl, sei auch in Laupheim aus der Not der ersten Nachkriegsjahre heraus entstanden. Ziel war es, Kriegsbeschädigte, Arbeitsinvaliden und Hinterbliebene zu unterstützen. 1948 fanden sich im Gasthaus „Lamm“Menschen zur Gründungsversammlung zusammen. „Sie alle waren jung, selbst vom Krieg gezeichnet, meist noch ohne Beruf, weil sie gleich nach der Schule zur Wehrmacht eingezogen wurden. Aber sie wollten helfen, wo immer es nötig war, und sie sahen die Not der Menschen.“Es fehlte an Nahrung, Kleidung, Heizstoffen, Arbeitsmöglichkeiten, an finanzieller Entlastung und Anerkennung von Kriegsfolgen, und nicht zuletzt an Wohnraum. Im Lauf der Jahre seien immer mehr Hilfesuchende als VdKMitglied aufgenommen worden, und der Verband habe auf Bundesebene auch immer mehr Mitspracherecht bei sozialen Gesetzesentscheidungen gewonnen.
Wie viele Menschen in Deutschland vom Kriegselend betroffen waren, zeigte Gisela Scharnagl anhand einiger Zahlen auf: Es gab 1,4 Millionen Waisen, elf Millionen Witwen und Witwer, 1,5 Millionen Kriegsbeschädigte und eine große Zahl traumatisierter Heimkehrer. Alle diese Schicksale seien der Grund für die Gründung des VdK in ganz Deutschland gewesen.
Die Aufgaben des Verbands haben sich im Lauf der Jahre geändert, heute kommen die Hilfesuchenden aus anderen Bereichen. Seit Gisela Scharnagl 2010 das Amt der Ortsverbandsvorsitzenden übernommen hat, ist die Mitgliederzahl von 320 auf fast 600 angewachsen. „Es ist eine stetig steigende Zahl“, stellte sie fest. „Und das in einem Land, das sich als Wohlfahrtsstaat bezeichnet.“Hilfe werde in vielen Bereichen benötigt, wie etwa beim Ausfüllen von Formularen, bei Behördengängen oder Rechtsstreitigkeiten. Wichtige Aufgaben seien aber auch das gesellige Beisammensein und die Pflege der Kameradschaft. „Mein Team und ich versuchen, getreu unserem Motto ,Für die Zukunft mehr Menschlichkeit’, der Vereinsamung vor allem der älteren und alleinstehenden Mitglieder entgegenzuwirken“, sagte Scharnagl. Auch die Tauschbörse „Mitglieder für Mitglieder“werde gut angenommen.
„Wir sind auf der Höhe der Zeit“
„Sozial Benachteiligten eine Heimat geben“– damit sei dem VdK gelungen, was vielen anderen nicht gelungen wäre, sagte Sandra Hertha, die Bezirksgeschäftsführerin aus Tübingen. Der Verband halte Traditionen in Ehren, ohne die Zukunft zu verpassen: „Wir sind auf der Höhe der Zeit“.
Die Belange von bundesweit 1,9 Millionen Mitgliedern vertrete der VdK, unabhängig und solidarisch, und sei damit ein wichtiges Glied in der politischen Landschaft. In Baden-Württemberg gibt es 43 Geschäftsstellen; die Erfolgsquote bei über 2000 sozialrechtlichen Verfahren im Land liege bei 57 Prozent, sagte Sandra Hertha. Das zeige, dass viele Bescheide falsch seien und der VdK heute noch genauso gebraucht werde wie früher.
Hertha bedankte sich beim Vorstandsteam in Laupheim für die „sehr gute Arbeit“und appellierte an die Mitglieder: „Bleiben Sie uns treu, damit wir auch künftig unsere sozialen Aufgaben erfüllen können, für eine Gesellschaft, in der jeder leben kann und niemand sich ausgegrenzt fühlen muss.“
Auch Oberbürgermeister Gerold Rechle beglückwünschte den Ortsverband zum Jubiläum. Er überreichte einen Scheck und der Vorsitzenden Blumen. „Der VdK ist ein Sozialverband im besten Sinn“, sagte Rechle. „Hier stehen Menschen im Mittelpunkt, die Unterstützung und Hilfe benötigen.“Nicht irgendwo, sondern vor Ort. Der Fernsehmoderator Robert Lemke habe gesagt: „ Man muss die Dinge sehen, wie sie sind, aber man muss sie doch nicht so lassen.“Damit habe er die Arbeit des VdK auf den Punkt gebracht, so Rechle. Aus dem einstigen Verband der Kriegsbeschädigten sei ein moderner Sozialverband geworden, der ein wichtiger Teil des Sozialstaats sei, indem er seinen Mitgliedern zu ihrem Recht verhelfe und sie in ihren Ansprüchen unterstütze. „Die Bedeutung dieser Arbeit können wir gar nicht hoch genug einschätzen“, betonte der OB. Er dankte allen, die sich beim VdK einbringen: „Sie leisten einen sehr wichtigen, nicht wegzudenkenden Dienst an unserer sozialen Gemeinschaft. Dafür gebührt Ihnen mein und unser aller höchster Respekt.“
Musikalisch gestaltet haben die Feier Helmut Zeihsel (E-Piano) und Petr Hemmer (Violine). Die Geschichte des Ortsverbands dokumentierte eine von Günter Scharnagl zusammengetragene Ausstellung.