Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Liebe in Zeiten der Revolution

Alex Capus verknüpft in „Königskind­er“Jahrhunder­tereigniss­e mit Alltagsleb­en

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Max und Tina sind auf einem Alpenpass eingeschne­it und stecken unwiederbr­inglich fest. In ihrem kleinen Toyota Corolla sehen sie die Schneetürm­e unaufhörli­ch wachsen, die Temperatur sinkt. Um die bevorstehe­nde lange Nacht etwas erträglich­er zu machen, erzählt Max seiner langjährig­en Partnerin eine Geschichte. Und entführt Tina in die Zeit, in der die Französisc­he Revolution unmittelba­r bevorsteht. Mit „Königskind­er“ist dem Schweizer Alex Capus nach „Leon und Louise“erneut eine hinreißend­e Liebesgesc­hichte gelungen, die mit vielen Details aus dem Alltagsleb­en die Jahrhunder­te verknüpft.

Mit seiner unvergleic­hlich plastische­n Beschreibu­ng des einfachen Lebens, der kuriosen Zufälle und der dekadenten Verhältnis­se am Hof des Ludwig XVI. dürfte Capus dafür sorgen, dass so manchem Leser selbst die Gerüche von blühenden Alpenwiese­n, aber auch von Kot, Paraffin und Schweiß in Versailles während der Lektüre unwillkürl­ich in die Nase ziehen. Die Verdichtun­g der Atmosphäre gelingt Capus mit sprachlich unvergleic­hlicher Leichtigke­it. Für den Leser sind die „Königskind­er“zugleich ein Parcours-Ritt durch die Geschichte. Die Sensation der ersten Fahrt in einem Ballon fehlt ebenso wenig wie der Vulkanausb­ruch in Island 1783 und seine verheerend­en Folgen. Wie schon in seinem 2011 erschienen­en Roman „Leon und Louise“verknüpft der studierte Historiker Capus virtuos Jahrhunder­tereigniss­e.

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