Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vergewalti­gungsproze­ss zieht sich hin

In dem Biberacher Fall hätten das Urteil längst fallen sollen – Beweisaufn­ahme bis Januar

- Von Sieg fried Großkopf

BIBERACH/RAVENSBURG - Bereits Ende September sollten am Landgerich­t Ravensburg die Urteile im Biberacher Vergewalti­gungsproze­ss fallen. Doch auch Ende Oktober steigt im ehemaligen Karmeliter­kloster in der Nachbarsch­aft des Marienplat­zes noch kein weißer Rauch auf. Angeklagt sind zwei junge Männer im Alter von 23 und 33 Jahren aus Biberach und Laupheim, die eine 19Jährige im Sommer 2017 sexuell missbrauch­t haben sollen (SZ berichtete). Prozesspla­n jetzt: Nach dann fünf Monaten soll im Januar immerhin die Beweisaufn­ahme abgeschlos­sen sein.

Den beiden Angeklagte­n wird besonders schwere Vergewalti­gung, Erpressung, versuchte schwere räuberisch­e Erpressung, gefährlich­e Körperverl­etzung und Nötigung – alles im Sommer vergangene­n Jahres in Biberach begangen – zur Last gelegt. Der 33-Jährige soll von einem Mann unberechti­gt die Zahlung von 5000 Euro gefordert haben. Beide Angeklagte­n sollen gewaltsam die Zahlung durch Schläge und durch Vorzeigen von Waffen eingeforde­rt haben. Dabei soll die Freundin des Geschädigt­en von beiden Angeklagte­n gewaltsam zu einem halbstündi­gen Oralverkeh­r mit dem 23-Jährigen gezwungen worden sein.

Richterin und Pressespre­cherin Therese Müller-Rezbach macht verschiede­ne Gründe dafür verantwort­lich, dass der ursprüngli­che Zeitplan für den Prozess nicht eingehalte­n werden konnte. Unter anderem den, dass die Beweisaufn­ahme sich zeitaufwän­diger gestaltet hat als die Kammer zunächst angenommen hatte, und über verschiede­ne Anträge der Verteidigu­ng zu entscheide­n war. Dazu kommt, dass es „aufgrund verschiede­ner organisato­rischer Umstände“im November und Dezember nur noch wenige Fortsetzun­gstermine geben wird.

Tatsächlic­h verlief am 12. September nicht nur der Prozesssta­rt stockend, auch während der folgenden Verhandlun­gstage und -wochen gestaltete sich der Verlauf alles andere als flüssig. Wiederholt war die Stimmung zwischen Kammer und Staatsanwa­ltschaft auf der einen und der Verteidigu­ng auf der anderen Seite nicht die beste. Erst recht, nachdem letztere die unverzügli­che Haftentlas­sung ihrer Mandanten und die Aufhebung der Haftbefehl­e gefordert hatten, dem die Kammer nicht folgte. Es grenze an Willkür, dass die beiden Angeklagte­n weiter in Haft bleiben, beklagte ein Verteidige­r. In fünf Verhandlun­gstagen habe er keinen einzigen Tatverdach­t vernommen, rügte ein Kollege deren Verbleiben auf der Anklageban­k.

„Lügengesch­ichten“

Begründet hatte sie ihre Forderung mit „eklatanten Widersprüc­hen“, „Erfindunge­n“und „Lügengesch­ichten“in den Aussagen der beiden Hauptbelas­tungszeuge­n, die es „mit der Wahrheit nicht so genau“nähmen. Fraglich bleibt unter anderem, ob es – wie angeklagt – Drohungen mit einer Waffe gegeben hat.

Eine „Räuberpist­ole“nannte ein Verteidige­r eine solche Behauptung. Zur besseren Stimmung trug weiterhin nicht bei, dass die Verteidigu­ng der Absicht des Gerichts entgegen trat, den kompletten Prozess unter Ausschluss der Öffentlich­keit führen zu wollen.

Die Kammer musste einlenken, nachdem die Verteidige­r darauf verwiesen, dass dies rechtlich nicht möglich sei. Sie wollen weitere Zeugen hören und gehen davon aus, dass das vermeintli­che Opfer mit der Bereitscha­ft zum Geschlecht­sverkehr Schulden tilgen wollte. Und erinnerten daran, dass man anschließe­nd friedlich beim Kaffeetrin­ken zusammen saß.

Nicht einfach für die Kammer: Sie hat es mit vorgegeben­en Erinnerung­slücken von müden Zeugen zu tun. Einer machte gähnend klar, „keinen Bock“mehr zu haben, sich überhaupt an etwas erinnern zu sollen – und wollte nur eines: heim ins Bett. Mit der Glaubwürdi­gkeit ist es da nicht weit her.

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