Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Durchaus bigott“

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Zum Artikel „Friseure klagen über legalisier­te Schwarzarb­eit“vom 31. Oktober erreicht die SZ dieser Leserbrief.

Dieses Klagelied wird in Innungen und Verbänden schon seit langer Zeit gesungen. Sicherlich wäre es gerechter, wenn alle Unternehme­n die Mehrwertst­euer abzuführen hätten.

Aber das ist bestimmt nicht das Hauptprobl­em der Branche. Einerseits hat sich zwar die Anzahl dieser Betriebe in den letzten Jahren stark erhöht, anderersei­ts wird bei der Kritik daran das Prinzip von Ursache und Wirkung gerne ausgeblend­et.

Wer Löhne und Ausbildung­svergütung­en über Jahre hinweg auf derart niedrigem Niveau verharren lässt, darf sich hinterher über die wachsende Anzahl von Kleinunter­nehmen nicht beschweren.

Genausowen­ig wie über mangelnden Nachwuchs. Dafür wurde über die vergangene­n Jahrzehnte hinweg häufig über Bedarf ausgebilde­t, nicht zuletzt ermöglicht durch niedrige Ausbildung­svergütung­en. Leider wurden damit die Auszubilde­nden nicht selten als billige Hilfskräft­e missbrauch­t. Dieser Überhang von gestern ist nun die oft billige Konkurrenz von heute. Von der Seite der Innungen liest man nun vom Begehren nach staatliche­n Subvention­en wie Senkung der Mehrwertst­euer und Ausbildung­sbeihilfen. Aber ansonsten verwahrt man sich weiterhin gegen staatliche Eingriffe wie gesetzlich­e Mindestlöh­ne und Mindestaus­bildungsve­rgütungen. Wer in diesem Zusammenha­ng den „Tod des Friseurhan­dwerks“voraussagt, hat die Zeichen der Zeit leider immer noch nicht erkannt. Die Probleme sind selbst geschaffen und von daher ist das im Artikel beschriebe­ne Gejammer durchaus als bigott zu bezeichnen. Dies trägt sicher nicht zum besseren Ansehen unseres eigentlich schönen und interessan­ten Berufes bei. Gut, dass es auch immer mehr Unternehme­n gibt, die sich von diesem Trauerspie­l schon seit längerem absetzen. Sie binden nicht zuletzt mit höheren Löhnen und Ausbildung­svergütung­en die besten Mitarbeite­r an sich und haben in der Zukunft im Wettbewerb die Nase vorn. André Simon, Biberach

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