Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auf den Spuren von Nena und Kraftwerk

Deutsche Städte entdecken derzeit ihre Brutstätte­n der Popmusik

- Von Frank Christians­en

DÜSSELDORF (dpa) - In einem schäbigen Hinterhof in Düsseldorf­s Rotlichtdi­strikt hängt über einer unscheinba­ren Metalltür ein Schild: „Elektro Müller“. Dass dort die Geburtsstä­tte elektronis­cher Musik liegt, wussten lange Zeit nur wenige Insider. „Zum legendären Kling Klang-Studio der Gruppe Kraftwerk bekam nicht einmal David Bowie Zutritt, als er die Band in Düsseldorf besuchte“, sagt Musikexper­te Uwe Schütte.

Ein mit EU-Mitteln finanziert­er digitaler Reiseführe­r lockt Popmusik-Fans nun in diese wenig repräsenta­tive Ecke der Landeshaup­tstadt. Von 1969 bis 2012 bastelten die Klang-Pioniere um Ralf Hütter hier an ihrem vollsynthe­tischen TechnoSoun­d.

150 solcher Stationen in Düsseldorf, Köln und dem Ruhrgebiet werden mit Reportagen, Hörproben und Experten-O-Tönen für den modernen Musik-Touristen erschlosse­n. Das seien Menschen über 40 oder 50 Jahre mit Zeit und Geld, die sich auf die Spuren ihrer musikalisc­hen Jugendidol­e begeben.

Weiter geht es in die Düsseldorf­er Altstadt zu der Stelle, an der früher der berühmt-berüchtigt­e „Ratinger Hof“stand. Der garagenart­ige „Hof“mit seinem grellen Neonlicht und seiner Nähe zur Kunstakade­mie gilt als die Brutstätte der Punkmusik in Deutschlan­d. Er war Wohnzimmer und Proberaum eines gewissen Campino, noch bevor es die Toten Hosen gab.

Bands wie die Deutsch-Amerikanis­che Freundscha­ft (DAF) entstanden hier. Das Gebäude ist längst abgerissen und einem Neubau gewichen. Nun plaudert DAF-Musiker Gabi Delgado aus dem digitalen Off über alte Zeiten. Vom Punk-Plattenlad­en „Pure Freude“ist immerhin noch der Name erhalten, unter dem dort heute eine Konditorei Gebäck verkauft.

Auf die Idee hätte man früher kommen können: Liverpool lockt seit vielen Jahren auf die Spuren der Beatles, Manchester hat die Gallagher-Brüder von Oasis zum Standortvo­rteil gemacht. Nach Memphis/ Tennessee pilgern Gospel- und Country-Fans aus aller Welt. Gleich zwei Denkmäler erinnern an AC/ DC-Legende Bon Scott: in seiner schottisch­en Heimatstad­t Kirriemuir und in Fremantle/Australien.

Warten auf internatio­nale Fans

In Köln hält man mit Krautrock dagegen und in Düsseldorf mit Kraftwerk. Hagen präsentier­t sich als Stadt der Neuen Deutschen Welle: Sängerin Nena („99 Luftballon­s“), die Band Extrabreit („Hurra, die Schule brennt“) und die HumpeSchwe­stern („Ideal“) starteten in der Ruhrgebiet­sstadt.

Düsseldorf hofft auf Hosen-Fans aus Argentinie­n und Kraftwerk-Fans aus den USA und England. So wie Jennifer Huber und David Samborn, die verkleidet wie ihre Idole aus Florida schon mehrfach an den Rhein gereist sind.

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FOTOS (3): DPA Der DJ Haru Specks hockt vor dem ehemaligen "Unique Club" in der Altstadt und verbreitet Nostalgieg­efühle.
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Rundgang in Düsseldorf: Im legendären, ehemaligen Kling Klang-Musikstudi­o der Band Kraftwerk (li.) ist heute ein Elektroges­chäft. Im Ratinger Hof (re.) hat ein gewisser Campino geprobt, längst bevor es die Toten Hosen gab.
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