Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Georgische Diebesbande gesteht ihre Taten
Angeklagte für Ladendiebstähle in Rot, Isny, Ravensburg und Grönenbach verantwortlich
BIBERACH - Die Festnahme war spektakulär: Mit Hubschrauber und mehreren Einsatzwagen suchte die Polizei nach einem Ladendiebstahl in Rot an der Rot die drei flüchtigen Täter. Die Staatsanwaltschaft Ravensburg beantragte Haftbefehl. Zwei Verdächtige aus Georgien wurden im Juni in Haft geschickt. Bei der Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht Biberach wurden die beiden Männer von vier Justizbeamten mit Fuß- und Handfesseln vorgeführt.
Im ersten Halbjahr 2018 häuften sich Ladendiebstähle entlang der württembergisch-bayerischen Landesgrenze. In Supermärkten wurden große Mengen Alkohol, Zigaretten und Kosmetikartikel entwendet. So auch in Rot an der Rot, wo Waren im Wert von circa 250 Euro verschwanden. Im Juni entdeckte eine Mitarbeiterin die vermeintlichen Diebe erneut im Geschäft. Sie alarmierte die Polizei, wonach die aufwendige Verhaftungsaktion in Gang kam. Der Polizeiposten Ochsenhausen startete daraufhin eine Abfrage über weitere verdächtige Fälle und entdeckte zehn weitere Fälle in ganz Süddeutschland.
Vier Fälle kamen nun vor Gericht: Rot an der Rot, Isny, Ravensburg und Grönenbach. Für Grönenbach listete die Marktleiterin das Diebesgut auf: Sechs Flaschen Whisky, vier Flaschen Cognac, Rasierklingen, Labellos, Gesichtscreme und Rasierschaum im Wert von 585 Euro.
Schwerer Bandendiebstahl
Das Amtsgericht unter Vorsitz von Richter Ralf Bürglen nahm die Anklage wegen schweren Bandendiebstahls gegen die zwei Georgier zur Verhandlung an. Die beiden Männer waren eigenen Aussagen zufolge im Gefolge der kriegerischen Auseinandersetzungen in ihrer Heimat nach Europa gekommen. Ein Angeklagter hatte als Lastwagenfahrer gearbeitet. Er selbst bezeichnete sich als schwer krank. Der andere, ein gelernter Maler, war erst kurze Zeit in Deutschland und hatte keinen festen Wohnsitz. Warum sie mehrmals zu Dieben wurden, wurde im Prozess nicht geklärt. Beide waren ohne regelmäßige Einkünfte und die Art des Diebesguts sprach eher für Eigenbedarf. Der lange Zeitraum der Vergehen war für Richter Bürglen ein Hinweis, dass man von gewerbsmäßigem Diebstahl ausgehen könnte.
Bevor allerdings die ersten Zeugen vernommen werden konnten, verlangte die Verteidigerin eines Angeklagten ein Verständigungsgespräch. In diesem setzen sich alle Prozessbeteiligten zusammen und suchen im Vorfeld nach einer gemeinsamen einvernehmlichen Regelung.
Die Öffentlichkeit ist von diesem Gespräch ausgeschlossen. So wurde die Sitzung nach einer halben Stunde unterbrochen, die Prozessbeteiligten verschwanden für eine Stunde. Überhaupt hatte es die geforderte Öffentlichkeit bei diesem Prozess schwer. Die Beweismittel, die sich auf einem elektronischen Medium befanden, konnten lediglich von den Prozessbeteiligten über den privaten PC der Verteidigerin betrachtet werden. Die Zuschauer sahen für eine Viertelstunde lediglich deren Rücken. Durch die permanente Übersetzung der Vorträge ins Georgische war der Geräuschpegel im Saal so hoch, dass die Ausführungen von Richter und Zeugen kaum verständlich waren.
Roter Betroffener berichtet
Nach Abschluss des Verständigungsgesprächs fanden die Zeugenvernehmungen statt. Der Eigentümer des betroffenen Lebensmittelgeschäfts in Rot an der Rot hatte die Videoaufzeichnung der Tat zur Verfügung gestellt, auf der die Angeklagten bei den Diebstählen zu sehen waren. Er führte aus, dass Diebstähle dieses Umfangs zwischenzeitlich beinahe alltäglich wären. Die Vertreterin der Verteidigung monierte zahlreiche Versäumnisse. So habe sie die Videoaufnahmen nicht erhalten, ebenso fehle das Festnahmeprotokoll. Sie und ihr Kollege empfahlen ihren Klienten, die Taten zu gestehen, um damit das Prozessgeschehen abzukürzen. Rechtsanwalt Stefan Zinser untermauerte seine Forderung nach einer Bewährungsstrafe mit der Härte der viermonatigen U-Haft und dem relativ geringen wirtschaftlichen Schaden.
Nachdem das Verständigungsgespräch als Rahmen bereits eine Bewährungsstrafe von höchstens zwei Jahren vorgegeben hatte, entschied Richter Bürglen auf ein Jahr und elf Monaten für den einen Angeklagten und auf ein Jahr und neun Monate für den anderen.
Für die Angeklagten sprach ihre Bereitschaft, die Straftat zuzugeben. Weiterhin sah das Gericht eine positive Sozialprognose. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgelegt, der Schaden, den die beiden angerichtet haben, ist zu ersetzen. Der Haftbefehl wurde außer Kraft gesetzt, die Verurteilten verließen als freie Männer den Gerichtssaal.