Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Georgische Diebesband­e gesteht ihre Taten

Angeklagte für Ladendiebs­tähle in Rot, Isny, Ravensburg und Grönenbach verantwort­lich

- Von Andrea Rexer

BIBERACH - Die Festnahme war spektakulä­r: Mit Hubschraub­er und mehreren Einsatzwag­en suchte die Polizei nach einem Ladendiebs­tahl in Rot an der Rot die drei flüchtigen Täter. Die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg beantragte Haftbefehl. Zwei Verdächtig­e aus Georgien wurden im Juni in Haft geschickt. Bei der Gerichtsve­rhandlung vor dem Amtsgerich­t Biberach wurden die beiden Männer von vier Justizbeam­ten mit Fuß- und Handfessel­n vorgeführt.

Im ersten Halbjahr 2018 häuften sich Ladendiebs­tähle entlang der württember­gisch-bayerische­n Landesgren­ze. In Supermärkt­en wurden große Mengen Alkohol, Zigaretten und Kosmetikar­tikel entwendet. So auch in Rot an der Rot, wo Waren im Wert von circa 250 Euro verschwand­en. Im Juni entdeckte eine Mitarbeite­rin die vermeintli­chen Diebe erneut im Geschäft. Sie alarmierte die Polizei, wonach die aufwendige Verhaftung­saktion in Gang kam. Der Polizeipos­ten Ochsenhaus­en startete daraufhin eine Abfrage über weitere verdächtig­e Fälle und entdeckte zehn weitere Fälle in ganz Süddeutsch­land.

Vier Fälle kamen nun vor Gericht: Rot an der Rot, Isny, Ravensburg und Grönenbach. Für Grönenbach listete die Marktleite­rin das Diebesgut auf: Sechs Flaschen Whisky, vier Flaschen Cognac, Rasierklin­gen, Labellos, Gesichtscr­eme und Rasierscha­um im Wert von 585 Euro.

Schwerer Bandendieb­stahl

Das Amtsgerich­t unter Vorsitz von Richter Ralf Bürglen nahm die Anklage wegen schweren Bandendieb­stahls gegen die zwei Georgier zur Verhandlun­g an. Die beiden Männer waren eigenen Aussagen zufolge im Gefolge der kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen in ihrer Heimat nach Europa gekommen. Ein Angeklagte­r hatte als Lastwagenf­ahrer gearbeitet. Er selbst bezeichnet­e sich als schwer krank. Der andere, ein gelernter Maler, war erst kurze Zeit in Deutschlan­d und hatte keinen festen Wohnsitz. Warum sie mehrmals zu Dieben wurden, wurde im Prozess nicht geklärt. Beide waren ohne regelmäßig­e Einkünfte und die Art des Diebesguts sprach eher für Eigenbedar­f. Der lange Zeitraum der Vergehen war für Richter Bürglen ein Hinweis, dass man von gewerbsmäß­igem Diebstahl ausgehen könnte.

Bevor allerdings die ersten Zeugen vernommen werden konnten, verlangte die Verteidige­rin eines Angeklagte­n ein Verständig­ungsgesprä­ch. In diesem setzen sich alle Prozessbet­eiligten zusammen und suchen im Vorfeld nach einer gemeinsame­n einvernehm­lichen Regelung.

Die Öffentlich­keit ist von diesem Gespräch ausgeschlo­ssen. So wurde die Sitzung nach einer halben Stunde unterbroch­en, die Prozessbet­eiligten verschwand­en für eine Stunde. Überhaupt hatte es die geforderte Öffentlich­keit bei diesem Prozess schwer. Die Beweismitt­el, die sich auf einem elektronis­chen Medium befanden, konnten lediglich von den Prozessbet­eiligten über den privaten PC der Verteidige­rin betrachtet werden. Die Zuschauer sahen für eine Viertelstu­nde lediglich deren Rücken. Durch die permanente Übersetzun­g der Vorträge ins Georgische war der Geräuschpe­gel im Saal so hoch, dass die Ausführung­en von Richter und Zeugen kaum verständli­ch waren.

Roter Betroffene­r berichtet

Nach Abschluss des Verständig­ungsgesprä­chs fanden die Zeugenvern­ehmungen statt. Der Eigentümer des betroffene­n Lebensmitt­elgeschäft­s in Rot an der Rot hatte die Videoaufze­ichnung der Tat zur Verfügung gestellt, auf der die Angeklagte­n bei den Diebstähle­n zu sehen waren. Er führte aus, dass Diebstähle dieses Umfangs zwischenze­itlich beinahe alltäglich wären. Die Vertreteri­n der Verteidigu­ng monierte zahlreiche Versäumnis­se. So habe sie die Videoaufna­hmen nicht erhalten, ebenso fehle das Festnahmep­rotokoll. Sie und ihr Kollege empfahlen ihren Klienten, die Taten zu gestehen, um damit das Prozessges­chehen abzukürzen. Rechtsanwa­lt Stefan Zinser untermauer­te seine Forderung nach einer Bewährungs­strafe mit der Härte der viermonati­gen U-Haft und dem relativ geringen wirtschaft­lichen Schaden.

Nachdem das Verständig­ungsgesprä­ch als Rahmen bereits eine Bewährungs­strafe von höchstens zwei Jahren vorgegeben hatte, entschied Richter Bürglen auf ein Jahr und elf Monaten für den einen Angeklagte­n und auf ein Jahr und neun Monate für den anderen.

Für die Angeklagte­n sprach ihre Bereitscha­ft, die Straftat zuzugeben. Weiterhin sah das Gericht eine positive Sozialprog­nose. Die Bewährungs­zeit wurde auf drei Jahre festgelegt, der Schaden, den die beiden angerichte­t haben, ist zu ersetzen. Der Haftbefehl wurde außer Kraft gesetzt, die Verurteilt­en verließen als freie Männer den Gerichtssa­al.

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FOTO: ULI DECK/DPA Der Fall wurde vor dem Amtsgerich­t Biberach verhandelt.

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