Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Blick in die Welt des Felix Fabri
Ein neuer Band beschäftigt sich mit Werk und Wirken des Ulmer Dominikaners
ULM - Im September 2016 befassten sich Wissenschaftler aus dem Inund Ausland in Ulm zwei Tage lang mit einer herausragenden Persönlichkeit des Ulmer Lebens kurz vor der Reformation: Der Dominikanermönch Felix Fabri, geboren in Zürich, gestorben im März 1502 in Ulm, war ein kommunikativer Mensch, der trotz der Beschwerlichkeiten im 15. Jahrhundert das Reisen wohl so sehr liebte wie seine Wahlheimat. Bekannt ist er hier vor allem für die erste bekannte Beschreibung der Stadt, den „Tractatus de civitate Ulmensi“. In einem jetzt erschienenen, 286 Seiten starken Band „Die Welt des Frater Felix Fabri“, einer Veröffentlichung der Stadtbibliothek Ulm, sind die Vorträge jener Tagung in ausgearbeiteter Form nachzulesen. Herausgekommen ist ein hochwertig illustriertes und spannendes Buch, das nicht nur den aktuellen Kenntnisstand über den Dominkanermönch beschreibt, sondern sogar unterhaltsam zu lesen ist.
Die Ulmer Historikerin Gudrun Litz setzt sich intensiv mit der Authentizität der Stadtbeschreibungen
Fabris auseinander und kommt zu dem Schluss, dass die Erklärungen des Mönches für die Ulmer Frühzeit (Jahrhunderte ehe Fabri in die Stadt kam) problematisch sind. Bisweilen ließ er – beispielsweise in der Schilderung eines Ulmenhains, bewohnt von Amazonen – seiner Fantasie freien Lauf. Konkreter werden Fabris
Beschreibungen im Bezug auf Ulms Entwicklung ab dem 9. Jahrhundert. Und im dritten Hauptstück seines Ulm-Traktats bescheinigt die Historikerin Fabri, dass seine Schilderungen ab der Zeit der staufisch-welfischen Auseinandersetzungen im zwölften Jahrhundert von größerem Interesse und historischer Authentizität sind. Die Liebe zu Ulm führte beim Dominkanermönch mitunter zu schwärmerischen Formulierungen; klar zum Vorschein kommt aber seine Einstellung zu Entwicklungen in der Stadt und seine feste Verankerung im Denken seiner Zeit.
Ingrid Baumgärtner, Professorin für Mittelaltergeschichte an der Uni Kassel, schildert Fabri in ihrem Aufsatz über die Räume, in denen sich der gebildete und belesene Dominikaner bewegte, als Menschen, der es genoss, unterwegs zu sein, und es wohl fast noch mehr liebte, über seine Reisen – unter anderem nach Venedig, Jerusalem, Kairo und Alexandria – und seine Erlebnisse zu berichten. Die Historikerin ordnet Fabris Welterfassung und seine Begrifflichkeiten zum Aufbau der Welt nach damaligen Karten und Texten ein. Für das Zentrum der Welt bietet Fabri zwei Versionen: die Insel Kreta und Jerusalem.
Bernd Breitenbruch, bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1996 Leiter der Ulmer Stadtbibliothek, legt den Einfluss Fabris und des Ulmer Dominikanerklosters insgesamt für den Buchdruck im 15. Jahrhundert dar. Der französische Historiker Jean Meyers analysiert das Latein Fabris, das kein klassisches Latein ist; Fabri schrieb im Latein der mittelalterichen Welt, das sprachliche Neuschöpfungen seiner Zeit enthielt und in dem er variantenreich, bildhaft und zum Teil satirisch erzählte. Kathryne Beebe, Mittelalter-Historikerin aus Texas, interpretiert Fabris Fähigkeit, mit Texten auch über guten Wein oder über Einhörner zu unterhalten und dabei gleichzeitig die Aufmerksamkeit seiner Leser auf geistige Dinge zu richten.
Weitere Kapitel des Buches beschäftigen sich unter anderem umfassend mit der Bewunderung Fabris für den 1366 in Ulm verstorbenen und selig gesprochenen Dominikaner und Mystiker Heinrich Seuse (auch bekannt als Heinrich Suso), mit Fabris „Witwenbuch“oder mit Fabris Umgang mit kultureller Fremdheit.
„Die Welt des Frater Felix Fabri“,
herausgegeben von Folker Reichert und Alexander Rosenstock, ist im Anton H. Konrad Verlag erschienen und im Handel für 39,80 Euro erhältlich.