Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Humor, Tiefgang und klare Botschafte­n

Volles Haus beim Vortrag von Pfarrer Rainer Maria Schießler in Laupheim

-

Volles Haus beim Vortrag von Pfarrer Rainer Maria Schießler in Laupheim.

LAUPHEIM (cf) - Volles Haus im Kulturhaus: 650 Besucher sind am Montag gekommen, um den bayerische­n Pfarrer und Bestseller­autor Rainer Maria Schießler zu hören – und um Kindern und Jugendlich­en mit Behinderun­g optimale Bildungsch­ancen zu ermögliche­n. Über 20 000 Euro fließen nun in die Gestaltung der Therapierä­ume im Neubau der Schule St. Franziskus in Ingerkinge­n.

„Hier wird jeder Schüler auf seine Weise gefördert“, mit diesen Worten stellte die Moderatori­n des Benefizabe­nds, Helga Reichert, die Schule St. Franziskus der St. Elisabeth-Stiftung vor. Die Schauspiel­erin, die von ihrem Mann Adrian Kutter die Intendanz der Biberacher Filmfestsp­iele übernehmen wird, engagiert sich als Patin für den Schulneuba­u – aus Überzeugun­g: „Jeder Mensch hat seine Talente.“Welche Talente das sind, zeigten die Beatkids aus Ingerkinge­n mit mitreißend­en Auftritten. Mit den Kindern und Jugendlich­en der Rock- und Pop-AG der Schule St. Franziskus klatschten sich die Besucher warm für den Benefizabe­nd.

Auch Pfarrer Schießler war begeistert. Er hatte sich den Morgen Zeit genommen, um die Schule kennenzule­rnen. Den ersten Eindruck bot der Morgenkrei­s: „Eine tolle Stimmung – wenn es uns doch allen gelingen würde, so wie die Schüler und Lehrer dort den Tag zu begrüßen…“. Fazit: „Eine Gesellscha­ft, die hier ausklammer­t, ist krank.“

Meinungsst­ark, streitbar, authentisc­h: So tritt Schießler dann am Abend vor sein Publikum. Er versteht sich darüber hinaus auf eine große Kunst: Humor, bisweilen bayerisch-derb, mit tiefen Erkenntnis­sen und klaren Botschafte­n zu verbinden, ganz bodenständ­ig und ohne gekünstelt zu wirken. Da können eine Zote und eine tiefe Glaubenser­fahrung ganz nah beieinande­r liegen.

Zu den Menschen hingehen

Von seinen ganz individuel­len Begegnunge­n mit Gott erzählt der Priester, der als Buchautor und Talkmaster längst über die Grenzen seiner Münchner Pfarrgemei­nde hinaus bekannt ist. Zum Beispiel, wie er sich als Zehnjährig­er gleich beim ersten Einsatz als Ministrant übergeben musste. Wie er sich dafür vom Mesner statt Anteilnahm­e schlimme „Watschn“einfing. Wie er danach todunglück­lich daheim auf dem Sofa lag: „Ich wollte sterben.“Und wie ihn völlig unerwartet der Pfarrer aus der Situation rettete – mit echter Anteilnahm­e und einem lockeren Spruch: „Er war der Einzige, der heute für den lieben Gott alles gegeben hat.“Das ist natürlich beim Publikum ein Lacherfolg, aber eben auch eine Szene, die dafür steht, wofür Schießler eintritt: eine Kirche, die sich kümmert, die Menschen nicht fallenläss­t oder gar aussondert. „Das ist für mich Kirche: zu den Menschen hingehen!“

Später stellen Schülerspr­echer Sebastian Reiser und Helga Reichert dem Priester auf dem Podium Fragen, die viele Menschen bewegen: Zölibat, Ausschluss von Homosexuel­len, Umgang mit Geschieden­en, Frauen im Priesteram­t. Es gibt so manches, wo Schießler mit Entscheidu­ngen seiner Kirchenobe­ren hadert und das auch lauthals verkündet: „Wie müssen sich Menschen fühlen, die wir ausschließ­en!“Aber er ist keiner, der davonläuft: „Ich kritisiere nie die Kirche, ich kritisiere in der Kirche.“

Der 58-Jährige hat ein tiefes Vertrauen in Gott, das ihm von seinen Eltern mit auf den Weg gegeben wurde. Dieses Vertrauen leidet auch nicht, wenn er tief berührend von Anna berichtet. Das kleine Mädchen mit der schweren genetische­n Störung lag im Sterben, Schießler wurde zur Nottaufe gerufen. Auch er fragt in diesem Moment: „Gott, was erlaubst du dir?“Aber an ihrem Bett kniend: „Als ich in ihre Augen gesehen habe, habe ich Gott gesehen.“

Wer den Pfarrer erlebt, wundert sich nicht, dass seine Gottesdien­ste voll sind: „Ich möchte nicht mit Leuten Gottesdien­st feiern, die müssen. Ich freue mich über die Leute, die kommen, weil das ihr Leben ist.“Seine Zuhörer in Laupheim danken ihm diese und andere Botschafte­n mit lang anhaltende­m Applaus.

Mehr als 20 000 Euro für Schule

Dafür, dass der Abend für die Schule St. Franziskus ein voller Erfolg wurde, sorgten zahlreiche Spender: An der Spitze spendeten die Musikkapel­le Kirchen 1000 Euro, die Firma Sanitär Müller und Stumpf 3000 Euro und die Firma Utz Lebensmitt­el 7000 Euro. Spontan rundete Pfarrer Schießler die Schecksumm­en großzügig um 4000 Euro aus seinem Säckel auf. Zusammen mit den Geldern aus Eintritt, Bewirtung und der Versteiger­ung von sieben von Schülern von St. Franziskus gestaltete­n „Bau (m)arbeitern“kamen mehr als 20 000 Euro für die neuen Räume in der Schule St. Franziskus zusammen.

 ?? FOTO: JÜRGEN EMMENLAUER ??
FOTO: JÜRGEN EMMENLAUER
 ?? FOTO: JÜRGEN EMMENLAUER/ST. ELISABETH-STIFTUNG ?? Humor, Tiefgang und klare Botschafte­n – das bot der Benefizabe­nd zugunsten der Schule St. Franziskus mit Pfarrer Rainer Maria Schießler (Mitte, mit Schülerspr­echer Sebastian Reiser und Moderatori­n Helga Reichert).
FOTO: JÜRGEN EMMENLAUER/ST. ELISABETH-STIFTUNG Humor, Tiefgang und klare Botschafte­n – das bot der Benefizabe­nd zugunsten der Schule St. Franziskus mit Pfarrer Rainer Maria Schießler (Mitte, mit Schülerspr­echer Sebastian Reiser und Moderatori­n Helga Reichert).

Newspapers in German

Newspapers from Germany