Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Aufbau des neuen Nato-Hauptquartiers läuft nach Plan
Kommando soll 2021 voll einsatzfähig sein Hauptaufgabe: Schutz im rückwärtigen Raum - 160 neue Dienstposten in Ulm
ULM - Das neue Nato-Hauptquartier für schnelle Truppen- und Materialtransporte (JSEC) soll am 1. April 2019 offiziell in Dienst gestellt werden und seinen Sitz in der Ulmer Wilhelmsburg-Kaserne haben. Nach intensiver Stabs- und Vorbereitungsarbeit soll die erste Übung im Jahr 2020 folgen. Ab Herbst 2021 soll das JSEC voll einsatzfähig sein, die Zertifizierung durch die Nato ist ebenfalls für 2021 vorgesehen: Diesen Zeitplan haben am Mittwoch Generalleutnant Jürgen Knappe, der Befehlshaber des Multinationalen Kommandos Operative Führung, und Oberst Christian Brandes, der Leiter des JSEC-Aufbaustabes vorgestellt.
160 Soldaten, je zur Hälfte aus Deutschland und aus den Nato-Partnerstaaten, sollen im JSEC Dienst tun. Im Krisenfall soll das Kommando in kurzer Zeit auf mindestens 450 Stabsstellen erweitert werden können.
Antwort auf aggressive Politik Russlands
Der Aufbau des JSEC erfolgt im Zuge der Stärkung der Kommando- und Streitkräftestruktur der Nato. Die Allianz reagiert damit auf die als aggressiv wahrgenommene Politik Russlands, darunter die Unterstützung pro-russischer Separatisten in der Ukraine und die Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim. Im Zuge der Entspannungspolitik war die Kommando- und Streitkräftestruktur der Nato stark reduziert worden. Von den zeitweise mehreren Dutzend Hauptquartieren sind nach Nato-Angaben heute nur noch sieben übrig. Die Personalstärke sank von deutlich mehr als 20000 Soldaten auf rund 6800.
„Das neue Kommando soll im Krisenfall im rückwärtigen Raum, wo auch immer dieser sein wird, Truppen des Bündnisses als Reserve ausbilden, zusammenführen, ausrüsten und schützen“, erläuterte Knappe die Aufgaben des JSEC. Für diese Aufgabe werde sich der JSEC-Stab mit und in den Partnernationen vernetzen: „Wir müssen ja wissen, wer wo unser Ansprechpartner ist.“
Für den Standort Ulm hatten sich die Nato-Verteidigungsminister Anfang Juni entschieden, kurz darauf hatte ein Team mit mittlerweile 14 Soldaten unter der Leitung von Oberst Brandes die Arbeit aufgenommen. Brandes hatte zuvor im Kommando Streitkräftebasis gearbeitet und sich bereits in dieser Verwendung mit der Konzeption des Kommandos für schnelle Truppenund Materialtransporte beschäftigt. Derzeit ist der Aufstellungsstab noch Teil des Ulmer Kommandos, ab 1. April wird das JSEC als eigene Dienststelle geführt.
Interesse der Nato-Partner ist hoch
Danach sollen die Soldaten aus den Partnernationen ihren Dienst aufnehmen, so dass die volle Operationsstärke bis September 2021 erreicht wird. Knappe rechnet damit, dass alle internationalen Dienstposten zügig besetzt werden können: „Denn Nationen wie Polen oder die baltischen Staaten haben ein starkes Interesse und wollen beteiligt sein, wenn es um Fragen der nachfolgenden Kräfte im Krisenfall geht.“
Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erwartet, dass das JSEC die Attraktivität des Standorts Ulm „deutlich erhöhen“werde, da es zusätzliche Expertise des Atlantikbündnisses nach Ulm bringe. Dies hatte von der Leyen bei einem Besuch in Ulm im Sommer gesagt.
Im Multinationalen Kommando Operative Führung das Nato-, UNund EU-Operationen mit bis zu 60 000 Streitkräften koordinieren kann, sind derzeit nur 33 von 165 vorgesehenen Plätzen mit ausländischen Soldaten besetzt. Das liege vor allem daran, dass auch die Streitkräfte verbündeter Nationen Schwierigkeiten hätten, genug Fachpersonal zu finden, erklärte von der Leyen seinerzeit. Außerdem sei die Besetzung der Plätze in Ulm freiwillig. Die Abordnung ins JSEC dagegen sei eine vom Oberbefehlshaber der Nato überwachte Maßnahme, sagte General Knappe am Mittwoch.
Am Vortag hatten Vertreter fast aller 29 Nato-Staaten sich in Ulm über den Stand der Vorbereitungen informiert. „Es gibt ein hohes Interesse der Mitgliedstaaten an der Besetzung von Posten im JSEC“, sagte Oberst Brandes. Bei Gesprächen mit Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) und weiteren Vertretern der Stadt sei es auch bereits um Themen wie die Wohnungssuche und Kindergartenplätze für Familien der NatoOffiziere gegangen, die in die Donaustadt umziehen werden.