Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Neue Fußgängerzone: Ulm bremst Neu-Ulmer aus
Autofahrer sollen den Marktplatz beim Rathaus nicht mehr als Schleichweg nutzen - Doch überzeugt ist fast niemand
ULM (mase) - Die Schuldigen waren aus Ulmer Sicht schnell ausgemacht: Autofahrer, die nach Neu-Ulm wollen und nach Neu-Ulm kommen sind verantwortlich für den Lärm, dem die Anwohner in der Herdbruckerstraße und rund ums Ulmer Rathaus ausgesetzt sind.
Die Lösung: Eine Fußgängerzone, die diese Fahrer zwingt, andere Strecken zu wählen. Im Frühjahr 2019 soll der Versuch starten. Wirklich überzeugt sind aber nicht einmal diejenigen, die den Vorschlag im Ulmer Bauausschuss selbst vorgeschlagen haben.
Die Freien Wähler reichten die Beschwerde der Anwohner an die Stadt weiter: Der Schleichverkehr auf der gepflasterten Straße verursache unnötigen Lärm. Verantwortlich seien Fahrer, die die Ampel an der Kreuzung Neue Straße/Donaustraße meiden wollen. Die Aufenthaltsqualität und die Sicherheit der Fußgänger sinke. Das sei auch für die Geschäfte und Lokale ein Problem.
Die Stadt ließ an einem Mittwoch im Oktober 24 Stunden lang die Autos zählen und ihre Fahrtrichtung notieren. Das Ergebnis bestätigte die Kritik der Anwohner: Rund 800 Fahrer nahmen den Weg von der Neuen Mitte über Marktplatz und Herdbruckerstraße Richtung Neu-Ulm beziehungsweise von Neu-Ulm über Schelergasse und Marktplatz zur Neuen Mitte.
Dem will die Stadt vorerst einen Riegel vorschieben. Der Bauausschuss entschied am Dienstag einstimmig, dass ab Frühjahr 2019 eine Fußgängerzone am Marktplatz eingeführt wird – am Rathaus zwischen Neuer Straße und der Abzweigung Herdbruckerstraße/Schelergasse. Der Versuch, den Schleichverkehr abzuhalten, soll zunächst für ein halbes Jahr getestet werden.
An den Eingängen zur nur knapp 100 Meter langen Fußgängerzone werden Hinweisschilder aufgestellt, Pflanzkübel sollen die Durchfahrt erschweren. Platz für Einsatzfahrzeuge, Taxen und die Autos von Behinderten soll aber bleiben. Sie dürfen weiterhin über den Marktplatz fahren, genauso wie Radler.
Autofahrer dagegen, die Geschäfte, Lokale oder die Musikschule am Marktplatz ansteuern, müssen die Route über die Schelergasse und die Herdbruckerstraße wählen. Beide sind Einbahnstraßen.
Brigitte Dahlbender (SPD) fürchtete, die geöffnete Schranke könne die Raser wieder anlocken. Sabine Schuler (CDU) gab zu bedenken, dass die Musikschule und die Hotels durch die neue Regelung schwieriger und umständlicher zu erreichen sind. Und nicht einmal die Freien Wähler waren wirklich überzeugt: „Ich habe Bauschmerzen und weiß nicht, ob das was bringt“, gestand Stadtrat Gerhard Bühler. Nur der Grüne Michael Joukov-Schwelling fand die Entscheidung „mutig, aber sinnvoll“. Trotz aller Zweifel stimmten alle Räte für den Versuch.