Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bekenntnis zum Multilater­alismus

- u.mendelin@schwaebisc­he.de Von Ulrich Mendelin

Vor wenigen Wochen war der UN-Migrations­pakt nur wenigen Menschen ein Begriff. Eine größere Öffentlich­keit interessie­rte sich erst für das Abkommen, als Österreich und andere Staaten ihre Ablehnung öffentlich kundtaten. Dabei hat sich seit Monaten abgezeichn­et, dass internatio­nal bestens vernetzte Rechtspopu­listen das UNAbkommen als Kampagnent­hema aufbauen wollen. Wenn nun die Kanzlerin über „Lügen“klagt, die interessie­rte Kreise über den Pakt verbreiten, wenn das Auswärtige Amt vor gezielt geschürten Ängsten warnt – dann muss man fragen, warum die Bundesregi­erung nicht schon längst offensiv für das Abkommen geworben hat. So konnte der fatale Eindruck entstehen, man wolle an der Öffentlich­keit vorbei vollendete Tatsachen schaffen.

Auch die Autoren des Berichts müssen sich Vorwürfe machen lassen. Warum ist der Text mit Nebenaspek­ten überfracht­et, die zu einer bewussten Falschinte­rpretation geradezu einladen, wie etwa jene Passage, in der Medien zu einer „hochwertig­en Berichters­tattung“über Migration angemahnt werden? Kritiker interpreti­eren den Abschnitt als Eingriff in die Pressefrei­heit. Das ist Unfug, zeigt aber, dass sich die Autoren des Vertragste­xtes besser auf Kernziele beschränkt hätten, statt sich in Details zu ergehen.

Es ist das Dilemma der Vereinten Nationen, dass ihre Initiative­n von viel gutem Willen inspiriert sind, oft aber nur mäßige Durchschla­gskraft entfalten. Da wird der UN-Migrations­pakt keine Ausnahme sein. Schon von daher sind die Schreckens­szenarien, die nun von interessie­rter Seite an die Wand gemalt werden, maßlos.

Der Wert des Abkommens liegt in einem anderen Aspekt. Es ist ein Bekenntnis zum Multilater­alismus, ein Zeichen des Bestrebens, globalen Herausford­erungen mit globalen Übereinkün­ften zu begegnen, auch wenn dies mühsam ist und oft unvollkomm­en bleibt. Genau diesen Multilater­alismus wollen die Gegner des Migrations­paktes ganz grundsätzl­ich zerstören, ob sie nun im Weißen Haus sitzen oder in der AfD. Der Pakt selbst ist ihnen nur Mittel zum Zweck.

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