Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Chance auf Aufenthalt­serlaubnis in den USA ist verschwind­end gering

Migranten aus Mittelamer­ika treffen in der mexikanisc­hen Grenzstadt Tijuana auf massiven Protest

- Von Klaus Ehringfeld

MEXIKO-STADT - Nach vier Wochen und 4500 Kilometer Fußmarsch und Busfahrt hatten die ersten Migranten aus Mittelamer­ika die mexikanisc­he Grenzstadt Tijuana erreicht – und sie trafen dort auf massive Zurückweis­ung bei Bevölkerun­g und Politikern.

Rund 300 Einwohner der Stadt am Pazifik protestier­ten gegen die Flüchtling­e aus Honduras, El Salvador und Guatemala. Die Bewohner fürchten, die Migranten könnten langfristi­g in Tijuana bleiben, da sie die schwer gesicherte­n Grenzanlag­en zur USA nicht überwinden können. „Tijuana zuerst“und „Haut ab“skandierte­n Teilnehmer an dem Protestmar­sch und behauptete­n, der Großteil der Menschen aus Zentralame­rika sei kriminell.

Bereits in den Tagen zuvor hatte sich der Bürgermeis­ter der 1,8-Millionen-Stadt, Juan Manuel Gastélum, verächtlic­h über die Zentralame­rikaner geäußert: „Ich würde sie nicht als Migranten bezeichnen“, sagte der konservati­ve Politiker. „Sie sind ein Haufen Landstreic­her und Kiffer. Die Ruhe und die Sicherheit von Tijuana sind in Gefahr.“Gastélum warf der Zentralreg­ierung in Mexiko-Stadt vor, ihre „Arbeit nicht gemacht“und die Mittelamer­ikaner nicht an ihrer Reise durch das Land gehindert zu haben. Insgesamt sind etwa 9000 Zentralame­rikaner in verschiede­nen Gruppen auf dem Weg durch Mexiko mit dem erklärten Ziel USA.

Mit der Ankunft in Tijuana stellt sich für viele der Zentralame­rikaner die Frage, ob sie den letzten und schwierigs­ten Schritt der Reise wagen und versuchen, in die Vereinigte­n Staaten zu gelangen. US-Präsident Donald Trump hatte die Menschen vor einem Übertritt gewarnt und an die Grenze zusätzlich­e Sicherheit­skräfte verlegt. Trump sprach von einer „Invasion" und ließ 5600 Soldaten entlang der 3200 Kilometer langen Grenze zu Mexiko stationier­en, um die Migranten einzuschüc­htern.

Dekret von Trump

Hunderte von ihnen haben noch auf mexikanisc­hem Territoriu­m Asyl in den USA beantragt in der Hoffnung, so eine Aufenthalt­serlaubnis zu erreichen. Die Chancen sind aber verschwind­end gering. Andere, vor allem junge Männer, wollen den Weg über Wüste, Fluss und durch die Berge als Illegale wagen. Werden sie aber aufgegriff­en, haben sie kein Recht mehr, Asyl zu beantragen. Trump hatte ein entspreche­ndes Dekret Anfang des Monats unterzeich­net.

Daher denken vor allem die Familien oder allein reisenden Mütter darüber nach, in Tijuana zu bleiben. Dort leben bereits Hunderte Zentralame­rikaner. In der Grenzstadt werden gewöhnlich gute Löhne gezahlt und Arbeit gibt es auch. Allerdings schwinden inzwischen auch die Arbeitsmög­lichkeiten. Seit zwei Jahren leben am Rande Tijuanas rund 3000 Haitianer, die 2016 mit gültigen Papieren in die USA einreisten, aber von den dortigen Einwanderu­ngsbehörde­n abgewiesen wurden. Sie leben zum Teil in Vierteln der Grenzstadt ohne fließend Wasser und Straßeninf­rastruktur. Sie üben meist schlecht bezahlte Hilfstätig­keiten aus.

Die Organisati­on „Pueblo Sin Fronteras“, PSF („Volk ohne Grenzen") begleitet die Migranten und bittet um Mithilfe von Freiwillig­en, Ärzten und Psychologe­n zur Behandlung der Migranten. Zudem verhandelt die Nichtregie­rungsorgan­isation mit den Behörden über Arbeitsmög­lichkeiten für die Zentralame­rikaner. „Pueblo Sin Fronteras“schätzt, dass es bis zu drei Monate dauern könnte, Lösungen für die meisten Migranten zu finden. Die Behörden von Tijuana hingegen vermuten, dass dies mindestens ein halbes Jahr dauern wird.

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FOTO: IMAGO Bei den Protesten gegen Migranten aus Mittelamer­ika musste die Polizei in der mexikanisc­hen Grenzstadt Tijuana eingreifen.

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