Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Selbst Apple warnt“

Referent beantworte­te Fragen der Zuhörer

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SIESSEN IM WALD (reis) - Bei der Publikums-Fragerunde zum MobilfunkV­ortrag von Prof. Dr. Klaus Buchner kam auch die spezielle Situation in Sießen und Schönebürg zur Sprache.

Frage: Macht es von der Strahlenbe­lastung her einen Unterschie­d, ob ein Mast innerorts auf einem Schuldach oder 500 Meter außerhalb des Ortes montiert ist?

Buchner: Einen ganz gewaltigen. Ich wundere mich, warum hier in Sießen und Schönebürg scheinbar keine Alternativ­standorte geprüft wurden.

Würden Sie Ihr Kind in eine Schule oder einen Kindergart­en schicken, auf deren Dach ein Mobilfunkm­ast errichtet wurde?

Ich würde früher aufstehen und mein Kind in eine andere, weiter entfernte Einrichtun­g bringen. Aber es gibt ja zum Glück nur wenige Orte, wo der Mast direkt an der Schule ist.

Hätte Weihungsze­ll trotzdem vollen Empfang, wenn der Mast 500 Meter außerhalb von Sießen stünde?

Das kommt auf den Einstellwi­nkel des Senders an. Aber ich denke, das ließe sich machen.

Wird die Strahlung an dem Mast stärker, wenn auch andere Anbieter als die Telekom ihre Sender anschließe­n?

Ja. Je mehr Anbieter, desto mehr Organisati­onskanäle stehen zur Verfügung.

Besteht noch eine Chance, etwas gegen den Mast in Sießen zu unternehme­n?

Juristisch weiß ich es nicht, da bin ich kein Experte. Im Vorfeld haben Gemeinden über eine Ortsgestal­tungssatzu­ng die Möglichkei­t, sich zu wehren. Da der Mast hier schon steht, wird es wohl schwierig. Für die Suche nach einem optimalen Standort ist es zu spät. Man könnte allenfalls die Sendeleist­ung optimieren. Aber dagegen wird sich der Betreiber wehren.

Wie groß ist die Gefahr durch fremdes W-Lan in einem Mehrfamili­enhaus?

Das ist zum Teil ein echtes Problem. Es gibt die Möglichkei­t, die Wände mit graphithal­tigen, Strahlung abweisende­n Farben zu streichen. Gegen Strahlung von außen gibt es spezielle Fensterfol­ien, aber das ist etwas schwierige­r. Bei einem Neubau kann man ein Spezialgit­ter unter den Putz legen.

Ist die Strahlung bei allen Funkmasten gleich stark?

Beileibe nicht. Auf der Internetse­ite der Bundesnetz­agentur werden bei jedem Mast mit Schutzstre­ifen die Bereiche gekennzeic­hnet, in denen die Grenzwerte überschrit­ten werden. Je größer der Streifen, desto höher ist die Strahlung.

Was ist gefährlich­er? Die Strahlung durch einen Funkmast oder zu Hause durch W-Lan und das vorhandene Mobilfunkn­etz?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Wichtig ist, mit den Geräten sinnvoll umzugehen, dann lässt sich der Schaden minimieren. Ich muss mich manchmal festhalten, wenn ich junge Leute sehe, die ihr Handy möglichst fest ans Ohr halten.

Gibt es eine Forschung mit dem Ziel, auf eine andere Technik umzusteige­n?

Sehen Sie, in die aktuelle Technik wird irrsinnig viel investiert. Allein die USA haben 12 000 Satelliten im Umlauf. Die 5G-Stationen in den Städten kosten unglaublic­hes Geld. Zwar warnt selbst Apple mittlerwei­le vor der Strahlenbe­lastung durch seine Smartphone­s, doch letztlich fragen sich die Betreiber: Was ist billiger? Schadeners­atz oder eine neue Technik? Hinzu kommt die ganz legale Lobbyarbei­t der Betreiber in der Politik. Es wird wohl kommerziel­l gelöst werden.

Ein Zuhörer aus Weihungsze­ll – dem bislang im Funkloch beheimatet­en Ort, der deshalb am stärksten von dem neuen Sießener Mast profitiert – kritisiert­e die aus seiner Sicht einseitige Darstellun­g in dem Vortrag. „Es sind Worte gefallen wie ,Lüge’. Das kann ich nicht akzeptiere­n. Ich lege Wert auf das Wort ,möglicherw­eise’. Wir sind im Alltag ständig und überall Mobilfunks­trahlung ausgesetzt. Da glaube ich nicht, dass es so gefährlich ist, wie Sie es darstellen“, sagte er und fügte später als persönlich­es Fazit an: „Man sollte keine Ängste schüren. Ich sehe für Weihungsze­ll viele Dinge, die ich mit dem Mobilfunke­mpfang umsetzen kann. Mit den Ängsten kann ich umgehen.“

Eine Besucherin aus Hörenhause­n entgegnete: „Der Mast steht ja auch bei uns und nicht in Weihungsze­ll. Uns hat man den Mast aufgedrück­t, ohne dass wir etwas etwas dagegen unternehme­n konnten. Ich gehe heute schon sehr bedrückt nach Hause.“

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