Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Anregungen und Vernetzung für die Energiewende
2. Energiewirtschaftsforum des Landkreises – Rund 100 Unternehmer und Kommunalpolitiker zu Gast
RIEDLINGEN - Die Energiewende ist in Deutschland in vollem Gange. Und im Landkreis Biberach sogar noch ein bisschen dynamischer als in anderen Teilen der Republik. Dies betonte Landrat Heiko Schmid bei der Eröffnung des 2. Energiewirtschaftsforums des Kreises beim Riedlinger Unternehmen Feinguss Blank. Knapp 100 Vertreter der Industrie und der Kommunalpolitik waren der Einladung gefolgt. In Kurzvorträgen erhielten sie Anregungen aus der Praxis für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten. Aber der Abend war auch dazu gedacht, dass Verantwortliche miteinander ins Gespräch kommen.
„Wir müssen von einer reinen Stromwende hin zu einer ganzheitlichen Wärme- und Energiewende gelangen“, sagte Landrat Schmid. Das erfordere eine Transformation in allen Bereichen. „Die entscheidenden Schritte zur Umsetzung dieser Ziele im Bereich der Energieeinsparung und der Energieeffizienz geschehen an der Basis, beim Endverbraucher, in unseren Handwerks- und Wirtschaftsbetrieben vor Ort, in unseren Kommunen“, so Schmid.
Dass die Unternehmen, Kommunen und der Kreis bei diesem Thema gut unterwegs sind, verdeutlichte der Landrat ebenfalls. „Rund 50 Prozent des Gesamtstrombedarfs werden heute schon regenerativ aus dem Landkreis abgedeckt“, sagte er. Es gebe zahlreiche Leuchtturmprojekte wie Bioenergiedörfer, Nahwärmenetze, Bürgerenergiegenossenschaften. Auch beim European Energy Award (EEA) ist der Landkreis aus seiner Sicht gut aufgestellt: 14 Kommunen haben sich diesem Prozess gestellt. „Das ist auf Bundesebene die zweitgrößte Dichte an EEA-Kommunen auf Landkreisebene.“Und auch der Landkreis wurde bereits zertifiziert und „spielt bundesweit in der Champions League“.
Dazu hat aus Sicht des Landrats maßgeblich die 2003 gegründete Energieagentur Ravensburg-Biberach beigetragen. Neben vielen Energieberatungen und der Begleitung beim EEA wurde 2013 das Dienstleistungsangebot der Energieagentur um das „Qualitätsnetz Bau Oberschwaben“ausgeweitet, dem inzwischen 280 Handwerker und Planer angehören. Und 2017 wurde die Einrichtung einer Kompetenzstelle Energieeffizienz Region Donau-Iller (KEFF) angegangen.
„Wir brauchen ein Netzwerk Energie, damit wir die Energiezukunft noch zielorientierter und aktiver gestalten können“, so Schmid. Chancen sieht er auch in der Digitalisierung, die neue Möglichkeiten der Steuerung eröffne. Und Chancen sieht er im Austausch zwischen Praktikern. Dazu sollte das zweite Energieforum seinen Beitrag leisten, so Schmid.
Konkrete Praxisbeispiele vermittelten danach Thomas Wiedemann, Bereichsleiter Technik und Infrastruktur beim Riedlinger Unternehmen Feinguss Blank, und Andreas Linzmeier, Geschäftsführer der Linzmeier-Gruppe. Bei Feinguss Blank erfolgen das Heizen und Kühlen durch Wärmepumpen und Grundwasser. CO2-Einsparung: 67 Tonnen im Jahr. Bei den Schmelzöfen wurde eine weitere Wärmegewinnung in den Abluftstrang eingebracht – Einsparung rund 200 Tonnen CO2 im Jahr. Auch die Anlagentechnik wurde mit Erfolg optimiert – Einsparung 78 Tonnen CO2 im Jahr. Mit smartem Know-how könne man Geld und Energie sparen, betonte Wiedemann. Zwar sind trotz der Maßnahmen der Strom- und Gasverbrauch (jeweils rund 25 Prozent) und auch die Energiekosten des Unternehmens um 96 Prozent gestiegen – allerdings bei einer deutlich ausgeweiteten Produktion, mit einer höheren Wertschöpfungstiefe und energieintensiveren Verfahren. Umgerechnet auf den Energieverbrauch pro Schmelzkilo wurde der Verbrauch dagegen um zehn Prozent reduziert. „Dämmen Sie!“, lautete der Rat von Andreas Linzmeier. Dies habe aus seiner Sicht konkrete Effekte beim Energieund Wärmeverbrauch. Linzmeier verdeutlichte dies am Beispiel des eigenen Verwaltungsgebäudes. Vor der Sanierung wurden rund 23 000 Liter Heizöl pro Jahr gebraucht. Nun reichen 2500 Kilowattstunden Strom für die Grundwasser-WärmepumpenHeizung im Jahr – bei einer verdoppelten Nutzfläche. Weitere Maßnahmen des Unternehmens: Umstellung auf LED-Leuchten und Erneuerung der Druckluftanlage (Amortisation jeweils unter fünf Jahre), eine Photovoltaikanlage mit einer hohen Eigenstromnutzung und eine Wärmerückgewinnung.
Fünf Milliarden Kilowattstunden
Zum Abschluss des Abends präsentierte der Leiter der Energieagentur, Walter Göppel, noch Zahlen und Projekte aus der Region. So liegt der Gesamtenergieverbrauch im Kreis Biberach bei fünf Milliarden Kilowattstunden im Jahr, davon entfallen 1,1 Milliarden auf den Stromverbrauch und 2,5 Milliarden auf den Wärmeverbrauch. Auch er betonte die Bedeutung der Wärmeenergiewende und die Bedeutung von Haussanierungen. Deren Tempo sei bei einer Sanierungsrate von ein bis zwei Prozent im Kreis zu gering, um die Klimaziele zu erreichen. Er ging aber auch auf den Energieverbrauch durch Mobilität ein, der angegangen werden müsse.