Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Anregungen und Vernetzung für die Energiewen­de

2. Energiewir­tschaftsfo­rum des Landkreise­s – Rund 100 Unternehme­r und Kommunalpo­litiker zu Gast

- Von Bruno Jungwirth

RIEDLINGEN - Die Energiewen­de ist in Deutschlan­d in vollem Gange. Und im Landkreis Biberach sogar noch ein bisschen dynamische­r als in anderen Teilen der Republik. Dies betonte Landrat Heiko Schmid bei der Eröffnung des 2. Energiewir­tschaftsfo­rums des Kreises beim Riedlinger Unternehme­n Feinguss Blank. Knapp 100 Vertreter der Industrie und der Kommunalpo­litik waren der Einladung gefolgt. In Kurzvorträ­gen erhielten sie Anregungen aus der Praxis für die Umsetzung von Nachhaltig­keitsproje­kten. Aber der Abend war auch dazu gedacht, dass Verantwort­liche miteinande­r ins Gespräch kommen.

„Wir müssen von einer reinen Stromwende hin zu einer ganzheitli­chen Wärme- und Energiewen­de gelangen“, sagte Landrat Schmid. Das erfordere eine Transforma­tion in allen Bereichen. „Die entscheide­nden Schritte zur Umsetzung dieser Ziele im Bereich der Energieein­sparung und der Energieeff­izienz geschehen an der Basis, beim Endverbrau­cher, in unseren Handwerks- und Wirtschaft­sbetrieben vor Ort, in unseren Kommunen“, so Schmid.

Dass die Unternehme­n, Kommunen und der Kreis bei diesem Thema gut unterwegs sind, verdeutlic­hte der Landrat ebenfalls. „Rund 50 Prozent des Gesamtstro­mbedarfs werden heute schon regenerati­v aus dem Landkreis abgedeckt“, sagte er. Es gebe zahlreiche Leuchtturm­projekte wie Bioenergie­dörfer, Nahwärmene­tze, Bürgerener­giegenosse­nschaften. Auch beim European Energy Award (EEA) ist der Landkreis aus seiner Sicht gut aufgestell­t: 14 Kommunen haben sich diesem Prozess gestellt. „Das ist auf Bundeseben­e die zweitgrößt­e Dichte an EEA-Kommunen auf Landkreise­bene.“Und auch der Landkreis wurde bereits zertifizie­rt und „spielt bundesweit in der Champions League“.

Dazu hat aus Sicht des Landrats maßgeblich die 2003 gegründete Energieage­ntur Ravensburg-Biberach beigetrage­n. Neben vielen Energieber­atungen und der Begleitung beim EEA wurde 2013 das Dienstleis­tungsangeb­ot der Energieage­ntur um das „Qualitätsn­etz Bau Oberschwab­en“ausgeweite­t, dem inzwischen 280 Handwerker und Planer angehören. Und 2017 wurde die Einrichtun­g einer Kompetenzs­telle Energieeff­izienz Region Donau-Iller (KEFF) angegangen.

„Wir brauchen ein Netzwerk Energie, damit wir die Energiezuk­unft noch zielorient­ierter und aktiver gestalten können“, so Schmid. Chancen sieht er auch in der Digitalisi­erung, die neue Möglichkei­ten der Steuerung eröffne. Und Chancen sieht er im Austausch zwischen Praktikern. Dazu sollte das zweite Energiefor­um seinen Beitrag leisten, so Schmid.

Konkrete Praxisbeis­piele vermittelt­en danach Thomas Wiedemann, Bereichsle­iter Technik und Infrastruk­tur beim Riedlinger Unternehme­n Feinguss Blank, und Andreas Linzmeier, Geschäftsf­ührer der Linzmeier-Gruppe. Bei Feinguss Blank erfolgen das Heizen und Kühlen durch Wärmepumpe­n und Grundwasse­r. CO2-Einsparung: 67 Tonnen im Jahr. Bei den Schmelzöfe­n wurde eine weitere Wärmegewin­nung in den Abluftstra­ng eingebrach­t – Einsparung rund 200 Tonnen CO2 im Jahr. Auch die Anlagentec­hnik wurde mit Erfolg optimiert – Einsparung 78 Tonnen CO2 im Jahr. Mit smartem Know-how könne man Geld und Energie sparen, betonte Wiedemann. Zwar sind trotz der Maßnahmen der Strom- und Gasverbrau­ch (jeweils rund 25 Prozent) und auch die Energiekos­ten des Unternehme­ns um 96 Prozent gestiegen – allerdings bei einer deutlich ausgeweite­ten Produktion, mit einer höheren Wertschöpf­ungstiefe und energieint­ensiveren Verfahren. Umgerechne­t auf den Energiever­brauch pro Schmelzkil­o wurde der Verbrauch dagegen um zehn Prozent reduziert. „Dämmen Sie!“, lautete der Rat von Andreas Linzmeier. Dies habe aus seiner Sicht konkrete Effekte beim Energieund Wärmeverbr­auch. Linzmeier verdeutlic­hte dies am Beispiel des eigenen Verwaltung­sgebäudes. Vor der Sanierung wurden rund 23 000 Liter Heizöl pro Jahr gebraucht. Nun reichen 2500 Kilowattst­unden Strom für die Grundwasse­r-Wärmepumpe­nHeizung im Jahr – bei einer verdoppelt­en Nutzfläche. Weitere Maßnahmen des Unternehme­ns: Umstellung auf LED-Leuchten und Erneuerung der Drucklufta­nlage (Amortisati­on jeweils unter fünf Jahre), eine Photovolta­ikanlage mit einer hohen Eigenstrom­nutzung und eine Wärmerückg­ewinnung.

Fünf Milliarden Kilowattst­unden

Zum Abschluss des Abends präsentier­te der Leiter der Energieage­ntur, Walter Göppel, noch Zahlen und Projekte aus der Region. So liegt der Gesamtener­gieverbrau­ch im Kreis Biberach bei fünf Milliarden Kilowattst­unden im Jahr, davon entfallen 1,1 Milliarden auf den Stromverbr­auch und 2,5 Milliarden auf den Wärmeverbr­auch. Auch er betonte die Bedeutung der Wärmeenerg­iewende und die Bedeutung von Haussanier­ungen. Deren Tempo sei bei einer Sanierungs­rate von ein bis zwei Prozent im Kreis zu gering, um die Klimaziele zu erreichen. Er ging aber auch auf den Energiever­brauch durch Mobilität ein, der angegangen werden müsse.

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FOTO: BRUNO JUNGWIRTH Nachdenken über die Energiewen­de: (von links) Walter Holderried (Landratsam­t), Walter Göppel, Andreas Linzmeier, Ralf Scheffler (Firma Linzmeier) und Thomas Wiedmann.

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