Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kurios: E-Mail-Programm sortiert „Biberach“aus
Durch Zufall kommt eine örtliche Firma einem Problem auf die Spur, das Fachleute rätseln lässt
BIBERACH - E-Mails, die in Betreff, Text oder Signatur das Wort „Biberach“enthalten, werden vom Mailprogramm Outlook des US-Softwarekonzerns Microsoft offenbar als unerwünschte Werbung (Spam) aussortiert. Das Problem: Der Absender bekommt davon gar nichts mit, denn aussortiert wird die Mail vom Spamfilter des Empfängers. Festgestellt hat das Problem durch Zufall die Biberacher Firma Cellofoam. Sie versucht sich nun, auf unkonventionelle Art zu behelfen.
Die Geschichte, die jetzt kommt, klingt nach verspätetem Aprilscherz. Und vielleicht könnte man sogar darüber lachen, wüsste man nicht, dass dadurch unter Umständen auch immenser Schaden entstehen kann. Mitarbeiter der Biberacher Firma Cellofoam stellten in den vergangenen Wochen vermehrt fest, dass die von ihnen an andere Unternehmen versandten Mails nicht bearbeitet wurden. Diese Mails wurden auf Nachfrage dann von den jeweiligen Empfängern in deren Spamordnern gefunden. Recherchen der IT-Abteilung der Firma Cellofoam konnten dafür zunächst keine Ursache finden, weil die Mithilfe der Empfänger-Unternehmen sich schwierig gestaltete. „Es liegt in der Natur von Schutzprogrammen gegen Spam, dass man nicht einfach feststellen kann, warum diese oder jene Mail als Spam eingestuft wurde“, sagt Torsten Thoma, IT-Leiter bei Cellofoam. „Dadurch würden böswillige Spamversender die Möglichkeit bekommen, diesen Schutz zu umgehen.“
Vorige Woche erhielt Thoma einen Anruf vom externen IT-Unternehmen Aruba aus Fellbach, mit dem Cellofoam seit Jahren zusammenarbeitet. Der Anrufer entschuldigte sich für den verspäteten Rückruf mit dem Hinweis darauf, dass Thomas Mail im Spamordner gelandet sei. Daraufhin begann Thoma mit dem Verantwortlichen des externen Unternehmens, die Ursache zu ermitteln.
Ungefähr 50 Testmails
„Wir haben dieselbe Mail in ungefähr 50 verschiedenen Versionen hin- und hergeschickt und immer wieder andere Teile des Texts weggelassen. Dank der Aufmerksamkeit des Empfängers wurde der Spamfilter des Microsoft-Mailprogramms Outlook auf dem PC des Empfängers als Ursache festgestellt. Schon in der niedrigsten Stufe des Spamfilters wurde die Mail aussortiert, nur das komplette Abschalten des Filters ließ die Mail passieren. Ursachen wie Formatierung oder Sonderzeichen konnten die beiden IT-Fachleute aufgrund ihrer vielen Tests ausschließen. Am Ende stand für sie fest: Die Ursache ist das Wort „Biberach“. „Immer wenn ,Biberach‘ in der Mail enthalten war, wurde sie vom Outlook-Spamfilter des Empfängers aussortiert“, sagt Thoma.
Mehr als einmal habe er sich gefragt, ob er jetzt spinne, so Thoma. „Es wäre ja schön, wenn ich mit meiner Vermutung komplett auf dem Holzweg wäre, aber dem ist ja wohl nicht so. Und das Problem besteht ja mindestens schon einige Wochen.“Auch bei weiteren Tests mit vollkommen anderen Personen in Biberach, die Outlook als Mailprogramm nutzen, erhärtete sich übers Wochenende der Verdacht. „In deren Spamordnern fanden sich Mails einer örtlichen Bank und der Stadtverwaltung, in denen ebenfalls das Wort ,Biberach‘ stand“, so Thoma. Es seien aus seiner Sicht also potenziell alle Mails aus Biberach betroffen. Die problematischen Mailprogramme der Empfänger seien die Produkte von Microsoft Outlook, wobei sich das Problem nicht nur auf eine Programmversion beschränke, wie Thoma durch Tests herausfand. „Ich habe auch am Freitag noch den Oberbürgermeister über den Sachverhalt informiert“, so Thoma.
„Bíberach“statt „Biberach“
Die „Schwäbische Zeitung“hat sich am Montag mit dem Thema an Microsoft Deutschland gewandt, bislang aber noch keine Antwort erhalten. Was aber tun in der Zwischenzeit? Weil die meisten Mails in der sogenannten Signatur die Adresse und juristische Informationen enthalten, ist dort das Wort „Biberach“zwangsläufig mehrfach enthalten. Weil der Absender keinen Einfluss auf das Mailprogramm des Empfängers hat, hat sich Thoma für die Firma Cellofoam eine unkonventionelle Lösung überlegt. Die Schreibweise von „Biberach“musste geändert werden. Das „i“in Biberach wurde durch das französische „í“ersetzt. „Das ist zwar nicht perfekt, löst aber das Problem fürs Erste“, sagt Thoma. Diese Schreibweise müsse man aber auch im Rest der Mail verwenden.
Warum gerade „Biberach“von Outlook aussortiert werde, habe er auch im Gespräch mit US-Amerikanern und Briten bisher nicht herausfinden können. „Ich war mir nicht sicher, ob die Buchstabenfolge im Englischen vielleicht etwas Gefährliches oder Unanständiges beinhaltet, aber niemand konnte mir darauf bisher eine Antwort geben“, sagt Thoma.
Firmen, Institutionen, aber auch Privatpersonen aus Biberach, die auf eine Reaktion auf eine von ihnen verschickte E-Mail warten, sollten also mal auf anderem Weg Kontakt mit dem Empfänger ihrer Mail aufnehmen. Möglicherweise wurden ja auch diese aussortiert, nur weil sie aus Biberach kamen.
Während man im Rest der Republik über die ganze Geschichte schmunzeln kann, ist Torsten Thoma nicht zum Lachen. „Hier geht es ja auch um geschäftliche Interessen von Biberacher Firmen. Wird eine Mail heutzutage nicht schnell genug vom Empfänger gelesen, kann das unter Umständen auch geschäftliche Nachteile haben.“Seiner Meinung nach sollte sich die Stadt Biberach an Microsoft wenden und verlangen, dass das Problem behoben wird. „Eine einzelne Firma kann da vermutlich wenig ausrichten.“