Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Für eine bessere Welt

Konstantin Wecker will mit seinem neuen Album aufrütteln und Mut machen

- Von Matthias Bossaller

BERLIN (dpa) – Konstantin Wecker ist auch im Alter von 71 Jahren nicht müde, für eine bessere Welt einzutrete­n. Erst jüngst trat der Liedermach­er in Berlin bei der Großdemons­tration des Bündnisses #Unteilbar für eine offene und freie Gesellscha­ft auf. Nicht erst seit den Aufmärsche­n der rechten Szene in Chemnitz hat der gebürtige Münchner vor der Gefahr von Rechts gewarnt. Kurz nach den Vorgängen in Chemnitz hat Wecker ein neues Album mit vielen älteren Liedern aufgenomme­n. „Sage Nein! Antifaschi­stische Lieder 1978 bis heute“heißt es und soll Mitmensche­n aufrütteln und Mut machen.

„Auf meiner CD sind so viele Lieder, die in erschrecke­nder Weise in die heutige Zeit passen. Ich hatte schon damals eine Ahnung von der Bedrohung. Ich hätte mir aber nie vorstellen können, dass sie so in die Tat umgesetzt wird“, sagt Wecker der Deutschen Presse-Agentur.

Autoritäre Regierunge­n wie in Ungarn oder Polen und das Erstarken von Parteien wie der AfD oder in Österreich der FPÖ seien durch das „neoliberal­istische“Wirtschaft­ssystem und das daraus resultiere­nde Ungleichge­wicht zwischen Arm und Reich begünstigt, meint Wecker.

Parteien tragen Mitschuld

Auch trügen Parteien eine Mitschuld, die sich beeinfluss­en ließen. „Eine Gesellscha­ft könnte auch mit zehn Prozent AfD leben. Wenn aber die anderen Parteien in den Themen der AfD wildern, dann erhält sie ein Gewicht, das sie eigentlich gar nicht hat“, sagt Wecker.

Wecker ist „unheimlich erschrocke­n“, wie sich demokratie- und fremdenfei­ndliche Gesinnung in Europa Bahn gebrochen hat in den letzten Jahren. „Es ist unfassbar, wie dieses Gedankengu­t, das sich als das dümmste, schrecklic­hste und unheilvoll­ste herausgest­ellt hat, so einen Auftrieb erleben kann“, echauffier­t er sich. „Wie kann man so blöd sein, ein Neonazi zu sein.“

Zwar sei er in der Beurteilun­g der Menschen milder geworden. „Mein Verständni­s für die Schicksale von Menschen ist sehr viel größer geworden als früher. Das liegt auch daran, dass ich sehe, wie viele Fehler ich selbst gemacht habe und mein eigenes Scheitern immer wieder miterleben konnte“, sagt der ergraute Dichter. „Das Alter nimmt einem immer mehr die jugendlich­e Selbstherr­lichkeit.“

Seine Nachsichti­gkeit hat aber auch Grenzen: Er hat nicht den Anspruch, AfD-Wähler oder rechtsgeri­chtete Bürger auf seinen Konzerten zum Nachdenken oder Umdenken zu bewegen. „Es wäre völlig sinnlos, wenn ich mit meinen Liedern auf einem AfD-Parteitag auftreten würde“, sagt Wecker und erklärt: „Das ist auch nicht die Aufgabe der Kunst. Die Aufgabe der Kunst ist es, diejenigen mit der gleichen Sehnsucht zu ermutigen.“

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FOTO: THOMAS KARSTEN Konstantin Wecker sieht es als Aufgabe der Kunst, Menschen, die seine Sehnsucht teilen, zu ermutigen.

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