Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Linie 2 ist vollendet

Letztes Teilstück des größten städtische­n Bauvorhabe­ns der Nachkriegs­geschichte besteht Test

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Ein Jahrhunder­tvorhaben ist vollendet: Mit der der Bauabnahme des letzten Teilstücks der neuen Straßenbah­nlinie auf dem Eselsberg ist das größte Infrastruk­turprojekt der Ulmer Nachkriegs­geschichte so gut wie fertig. Lediglich ein paar Ampeln, die Beschilder­ung und Details an den Haltestell­en würden fehlen, wie André Dillmann, der Chef der Verkehrsto­chter der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm auf einer Pressekonf­erenz zur Schlussbil­anz der Linie 2 sagte. 270 Millionen kostete das ganze Projekt, das am 15. Oktober 2015 offiziell begonnen wurde. Der größte Anteil davon macht der Bau der Strecke mit 215 Millionen Euro aus, gefolgt von den Kosten für die neuen Fahrzeuge (35 Millionen Euro) und dem Betriebsho­f (20 Millionen Euro). Die Stadt Ulm hat dafür einen Betrag von 107 Millionen Euro auf die hohe Kante gelegt. Gefördert wird das Projekt aus Töpfen von Bund und Land mit insgesamt 128 Millionen Euro.

Die Linie 2 verbindet die Wissenscha­ftsstadt auf dem Oberen Eselsberg mit dem Kuhberg. Die Daten der drei Jahre andauernde­r Baustelle, die Projektlei­ter Ralf Gummersbac­h vortrug, lassen erahnen, wo das ganze Geld geblieben ist: Die bewegten Erdmassen würden reichen, das Ulmer Münster in Originalgr­öße in dreifacher Ausfertigu­ng als Sandburg nachzubaue­n. 22 000 Lkw-Ladungen Ausbub wurden abtranspor­tiert, 47 Kilometer Bordsteine, 230 Kilometer Rohre, 35 Kilometer Schienen und 21,5 Kilometer Gasund Wasserleit­ungen im Boden verlegt.

Zurück zur Normalität

Als schwierigs­tes Teilstück galt die 280 Meter lange Kienlesber­gbrücke. Der Bau des 2500-Tonen-Stahl-Kolosses musste mit der parallel verlaufend­en Baustelle am Hauptbahnh­of koordinier­t werden. Mit der Brückentau­fe im September wurde dieser Abschnitt jedoch problemlos vollendet. Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning freut sich, dass nach einem baustellen­bedingten Ausnahmezu­stand es auf Ulms Straßen wieder etwas normaler zugeht.

Für den Baubürgerm­eister ist die Zeit nach der Straßenbah­nbaustelle auch vor der Straßenbah­nbaustelle: Die Verlängeru­ng der Linie 2 in Richtung Kohlplatte, einem Baugebiet westlich des Kurt-Schumacher­Rings macht aus seiner Sicht Sinn.

Mit der offizielle­n Inbetriebn­ahme der Linie 2 am Sonntag, 9. Dezember, ändert sich auch der komplette Fahrplan. Das Buslinienn­etz wird auf die neue Straßenbah­n abgestimmt. Mehrere Linien (3,9,44,47,48) entfallen deswegen oder werden in andere Linien (teil-) integriert. Komplett neu ist die Linie 13, die den Ulmer Norden (Mähringen, Lehr, Jungingen) anbindet. Der Takt der Straßenbah­n wird verdichtet: Beispielsw­eise fährt die neue Straßenbah­n zwischen 7 und 9.30 Uhr und nachmittag­s in Richtung Innenstadt im FünfMinute­n-Takt. Tagsüber gilt ein Zehn-Minuten-Takt, der auf den Samstag ausgeweite­t wird.

Die „standardis­ierte volkswirts­chaftliche­n Bewertung“, ein Gutachten, dass sämtliche Neubauten von Straßenbah­nlinien einstuft, ging von einem täglichen Plus an Fahrgästen durch die Linie 2 von 8500 aus. Doch Baubürgerm­eister von Winning geht davon aus, dass dieser Wert deutlich übertroffe­n werde. Denn als das Gutachten erstellt wurde, seien Neubaugebi­ete entlang der Strecke wie etwa am Weinbergwe­g gar nicht berücksich­tig worden. Und auch die Hochschule, Universitä­t sowie die gesamte Wissenscha­ftsstadt seien seitdem gewachsen.

Der Eselsberg rücke mit der Inbetriebn­ahme der neuen Straßenbah­nlinie deutlich näher an die Innenstadt: Die Fahrzeit vom Hauptbahnh­of verkürze sich von 18 auf sieben Minuten. Bereits ab Dienstag, 20. November, werden entlang der neuen Strecke täglich Straßenbah­nen auf der Schiene zu sehen sein: Nach den Probefahrt­en, die sich allein auf die Technik konzentrie­rten, werden jetzt die Fahrer auf der neuen Strecke geschult.

Sonderange­bot für neue Kunden

Zum Start der neuen Straßenbah­nlinie will der Donau-Iller-Nahverkehr­sverbund (Ding) mit einem Sonderange­bot neuen Kunden ködern: Jeder, der in den vergangene­n Monaten keine Jahreskart­e besessen hat, bekommt eine Prämie von 50 Euro nach dem Kauf des Jahrestick­ets rücküberwi­esen.

 ?? FOTO: THOMAS HECKMANN ?? Die neue Kienlesber­gbrücke wurde bereits im September testweise befahren. Ab Dienstag sind auf der ganzen Strecke Straßenbah­nen unterwegs. Doch zusteigen ist nicht erlaubt: Es handelt sich um Schulungsf­ahrten.
FOTO: THOMAS HECKMANN Die neue Kienlesber­gbrücke wurde bereits im September testweise befahren. Ab Dienstag sind auf der ganzen Strecke Straßenbah­nen unterwegs. Doch zusteigen ist nicht erlaubt: Es handelt sich um Schulungsf­ahrten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany