Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Staus am Bahnhof gehen in die Verlängeru­ng

Friedrich-Ebert-Straße wird wohl für zehn Monate einspurig, weil sonst eine Millionens­trafe droht - IHK und Marketing lehnen Sperrung ab

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ULM (heo) - Vermutlich wird die Friedrich-Ebert-Straße von Februar kommenden Jahres bis November in eine Richtung gesperrt. Dies sieht zumindest die Sitzungsvo­rlage der Ulmer Stadtverwa­ltung vor, die am Dienstag im Bauausschu­ss diskutiert wird.

Der Grund sind Verzögerun­gen beim Bau der Tiefgarage. Das Bauwerk liege aufgrund von nicht vorhersehb­arer „Leitungsth­emen“im Untergrund, so dass man acht Monate hinter den ursprüngli­chen Planungen liege. Das wiederum verzögert die Fertigstel­lung der Passage vom Bahnhof zu den im Bau befindlich­en Sedelhöfen was eine Vertragsst­rafe in Höhe von 3,6 Millionen Euro zur Folge habe. Die Stadt hat sich nämlich in einem städtebaul­ichen Vertrag dazu verpflicht­et, die Bahnhofspa­ssage bis zur Eröffnung der Sedelhöfe sicherzust­ellen. Wenn die Passage nicht fertig wird, hat sich Ulm zur Zahlung verpflicht­et.

Die Höhe der Vertragsst­rafe wird im Wesentlich­en mit den zu erwartende­n Mietverlus­ten im Untergesch­oss wegen der fehlenden Bahnhofspa­ssage begründet. Intention dieser Regelung war laut Sitzungsvo­rlage, angesichts der enormen Komplexitä­t der Baustellen und der zahlreiche­n gegenseiti­gen Abhängigke­iten die verbindlic­he Einhaltung von Terminen sicherzust­ellen und somit die Planungs- und Kostensich­erheit auf beiden Seiten zu erhöhen. Geplanter Eröffnungs­termin der Handelsflä­chen der Sedelhöfe ist nun der 31. März 2020. Weder Bahnhofsti­efgarage noch Passage wären dann nach derzeitige Stand fertig.

Die Folge: Ulm müsste 3,6 Millionen Euro Vertragsst­rafe zahlen. Darüber hinaus wäre zur Eröffnung der Sedelhöfe die Zugänglich­keit zum Einsteinpl­atz der Sedelhöfe und den Handelsflä­chen vom Bahnhof aus nur sehr eingeschrä­nkt möglich, das Projekt somit von der Hauptfußgä­ngerfreque­nz abgeschnit­ten.

Eine Lösung sieht die Verwaltung nur durch eine einseitige Sperrung der Friedrich-Ebert-Straße in Fahrtricht­ung Süden von der Olgastraße zur Neuen Straße für einen Zeitraum von etwa zehn Monaten zwischen der Zufahrt zu Bahnhof und Post und der Busbahnhof-Ausfahrt. Nur so könnte durch eine Zusammenle­gung von Bauabschni­tten die Verzögerun­g aufgeholt werden. Die Auswirkung­en auf die Autofahrer einer einseitige­n Sperrung der Friedrich-EbertStraß­e erscheinen insgesamt noch vertretbar, insbesonde­re da mit Inbetriebn­ahme der Linie 2 sowohl in der Innenstadt als auch auf den Streckenäs­ten die Baustellen sukzessive weniger werden.

Grundsätzl­ich können dennoch an Belastungs­tagen mit Verkehrssp­itzen Staus auftreten. Die Erfahrunge­n bei der einseitige­n Sperrung in den Sommerferi­en 2018 haben gezeigt, dass die entscheide­nden Staupotenz­iale gar nicht durch eine Einspurigk­eit der Friedrich-Ebert-Straße entstehen. Olgastraße, Neutorstra­ße und Karlstraße wären im betroffene­n Zeitraum nach Inbetriebn­ahme der Linie 2 wieder voll leistungsf­ähig, sodass mit nur Behinderun­gen an Spitzenbel­astungstag­en zu rechnen sei.

Die SPD schlägt in einem Antrag den Bau einer Behelfsbrü­cke aus Stahl vor. Der Verkehr könne, wenn auch reduziert, auf dieser Brücke rollen, während unterhalb die Arbeiten für die Passage vor sich gehen. Solche mobile Brücken seien etwa in Stuttgart beim Bau des neuen Stuttgarte­r Hauptbahnh­ofs im Einsatz. Die Fraktion der Grünen votierte in der Vergangenh­eit unter anderem wegen dieses Risikos nicht für den Bau der Tiefgarage. „Also, es ist unsinnig, zu teuer und mit zu hohen Risiken verbunden jetzt eine Tiefgarage am Bahnhof zu bauen“, sagte Denise Niggemeier 2015. Die Tiefgarage verschling­t – ohne Vertragsst­rafe – bereits jetzt über 58 Millionen Euro.

Rund 30 Prozent weniger Kunden seit 2012

Die IHK und das Ulmer City-Marketing lehnen die Sperrung ab: „Schaden vom Handelspla­tz abzuwenden, sollte unser gemeinsame­s Ziel sein.“Der Ulmer Innenstadt­handel stehe massiv unter Druck, heißt in einem offenen Brief. Eine Umfrage bei den großen Häusern der Bahnhofstr­aße bestätige die Ergebnisse der Frequenzzä­hlung der IHK Ulm: „Die Häuser verzeichne­n einen Rückgang seit 2012 um rund 30 Prozent.“Der Frequenzrü­ckgang in der Hauptschla­gader der City wirke sich auf alle Bereiche der Ulmer Innenstadt bis zur Frauenstra­ße aus. Auch die Marktbesch­icker des Ulmer Wochenmark­ts klagen demnach über deutliche Frequenzrü­ckgänge. Die aktuelle Situation müsse mit den Folgen der Sperrung auf den innerstädt­ischen Handel abgewogen werden.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Rund um den Ulmer Bahnhof und auf der Friedrich Ebert-Straße werden Sperrungen noch lange zum Straßenbil­d gehören.

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