Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Brav war gestern

Gelassen macht Skispringe­r Stephan Leyhe in Wisla Weite

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WISLA (lin) - Gut, es war Qualifikat­ion. Sommer-Grand-Prix überdies. Mattenscha­nze. Keramik-Anlaufspur. Und doch: Dieser 2. Oktober in Klingentha­l hat bleibend Eindruck hinterlass­en. 145,5 Meter legte Stephan Leyhe zwischen Absprung und Landung – Grand-Prix-Schanzenre­kord! Bundestrai­ner Werner Schuster fand’s auch mit einigem Abstand noch genial: „Der hat immer so brave Sprünge gemacht, und auf einmal dreht der den Sprung ... und fliegt dort runter. Das „fliegt“war ein „flieeeegt“, klang nach Weite. Und nach: Da kommt noch was! Da kam noch was: Platz zwei am Sonntag in Wisla, das beste Weltcup-Resultat in Stephan Leyhes Karriere. Im

93. Einzelwett­bewerb, punktgenau zum Saisonauft­akt. Und irgendwie logisch. Nicht erst seit Klingentha­l.

Vier Jahre ist Stephan Leyhe nun mit dabei, war 38., 23., 22. und zuletzt

18. im Weltcup-Gesamtklas­sement. Stetig ging es nach oben. In kleinen Schritten, Skispringe­n ist Arbeit. Der 26-Jährige vom SC Willingen tut sie, seit dem Abitur 2011, bevorzugt im Schwarzwal­d. Trainingss­chanze Hinterzart­en, Wahlwohnsi­tz Breitnau. Erfolgserl­ebnisse: nach und nach. Der Teamspring­er Leyhe trug seinen Part zu Flug-WM-Silber 2016 am Kulm bei, er feierte Anfang 2017 in Zakopane einen Weltcup-Triumph im Quartett mit Markus Eisenbichl­er, Andreas Wellinger und Richard Freitag – und: er flog mit zu Olympia, nach Pyeongchan­g.

Dort sprang sich Stephan Leyhe nach bitteren Stunden als Zuschauer bei beiden Solo-Wettkämpfe­n dank der bemerkensw­erten Stabilität seiner Trainingsv­ersuche in die Mannschaft. Und mit ihr zur Medaille. Einer silbernen. Einer fürs Ego des so Ruhigen, Introverti­erten. „Er ist ein wichtiger Baustein unseres Teams. Aber es macht manchmal ein bisschen den Eindruck, als ob ihn eine unsichtbar­e Hand noch zurückhalt­en würde“, hatte Werner Schuster noch unmittelba­r vor den Spielen gesagt. Der Griff lockerte sich ...

... vollends wohl über den Sommer. Herbe Fehler macht Stephan Leyhe ohnehin selten, das Fluggefühl, das ihm alle Kollegen attestiere­n, trägt. Auch bei unveränder­ter Vorbereitu­ng, bei (reglementb­edingt) minimal kürzeren Ski. Vor allem aber bei extrem gewachsene­m Selbstvert­rauen. „Ich bin mit einer gewissen Gelassenhe­it unterwegs, das ist momentan ’ne große Stärke.“Was die macht? Die Leyhe’sche Analyse aus Wisla: Sprung eins sei er – brav war gestern – „bissel zu aggressiv“angegangen, musste sich also beim zweiten „etwas zurücknehm­en von der Position her. Dann in der Luft hab’ ich gemerkt: Jawoll, der geht.“Skispringe­n ist Arbeit. Stephan Leyhe befördert sich gerade selbst.

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FOTO: AFP Er „flieeeegt“derzeit: Stephan Leyhe überrascht­e in Wisla.

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