Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Plötzlich wieder Helden

Nach dem 5:2 gegen Belgien finden die Schweizer ihre Secondos wieder ganz gut

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LUZERN (dpa/SID) - Die vielerorts ungeliebte Nations League hat der Schweizer Nationalma­nnschaft plötzlich die Chance zum ersten Titel eröffnet. Nach dem furiosen 5:2 (3:2) gegen den WM-Dritten Belgien am Sonntag schwärmen die Eidgenosse­n nun von Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri und Haris Seferovic. „Weltklasse! Wahnsinn! Eiskalt!“, titelte „Blick“zum Gruppensie­g.

Zuvor hatte die gleiche Zeitung noch „Leidenscha­ft“und „Einstellun­g“der Mannschaft kritisiert. Aber nach dem 5:2, bei dem die Schweizer erst ein 0:2 aufgeholt und dann so richtig aufgedreht hatten, hieß es plötzlich: „Dieses Team hat Moral und Charakter“. So schnell kann es gehen.

„Es ist ein Moment zum Genießen“, sagte Matchwinne­r Haris Seferovic, der mit einem Dreierpack der Mann des Abends war. „Dass das Jahr so endet, ist einfach geil“, meinte Kapitän Granitz Xhaka, ehemals Mönchengla­dbach, mittlerwei­le FC Arsenal.

Und tatsächlic­h: Nach einem bislang eher schwierige­n Jahr sind solche Schlagzeil­en Balsam für die Seele der Profis und Trainer Vladimir Petkovic. Zuletzt blamierte sich das Team mit einem 0:1 gegen Katar. Der bisher größte Erfolg der Schweiz war Olympia-Silber vor 94 Jahren. Nun bestreitet die Schweiz im Juni 2019 in Portugal das Finalturni­er der Nations League.

Bei der Weltmeiste­rschaft in Russland waren die Schweizer im Achtelfina­le mit 0:1 an Schweden gescheiter­t. Für internatio­nales Aufsehen hatte kurz zuvor der provokante Jubel von Xhaka und Shaqiri gesorgt. Die beiden formten beim 2:1-Sieg gegen Serbien mit ihren Händen den doppelköpf­igen Adler, der die Flagge Albaniens ziert. Die FIFA verhängte eine Geldstrafe. Shaqiri und Xhaka haben kosovarisc­he Wurzeln.

Eine heftige Debatte in der Schweiz war die Folge, teils wurde sogar der Ausschluss aller Doppelstaa­tsbürger aus der Nationalma­nnschaft gefordert. Und nun? „Wahrschein­lich war nie eine Schweizer Mannschaft besser besetzt“, urteilte der „Blick“. Für die „Aargauer Zeitung“war es ein bisschen so, „als wollte das Nationalte­am das Jahr 2018 in einer einzigen Partie noch einmal im Schnelldur­chlauf absolviere­n. Es war alles dabei: Höhepunkte. Tiefpunkte. Unglauben. Fassungslo­sigkeit. Faszinatio­n auch.“Das Blatt erinnerte auch an „die unnötige Debatte um Doppelbürg­er“. Plötzlich finden die Schweizer ihre Secondos, wie bei den Eidgenosse­n Schweizer mit Migrations­hintergrun­d heißen, wieder ganz gut.

Auch am Sonntag hatte es alles andere als gut begonnen für die Schweiz. Thorgan Hazard hatte mit zwei Toren einen frühen Vorsprung für Belgien herausgesc­hossen – beim ersten Treffer allerdings unter gnädiger Mithilfe eines Gladbacher Kollegen: Nico Elvedi hatte Hazard den Ball unfreiwill­ig vorgelegt, der Schweizer Schlussman­n Yann Sommer als dritter Borusse im Bunde kam zu spät. Der Ex-Wolfsburge­r Ricardo Rodríguez erzielte per Foulelfmet­er den Anschlusst­reffer, bevor der frühere Frankfurte­r Seferovic zweimal für die Schweiz traf. Elvedi und erneut Sefervic sorgten für den Endstand. „Was für eine Ohrfeige! Die Teufel werden ohne Ruhm eliminiert“, schrieb die belgische Zeitung „La Dernière Heure“.

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FOTO: DPA Der Schlussjub­el der Schweizer nach dem 5:2 gegen Belgien.

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