Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die SPD demontiert sich
Wer die SPD beobachtet, mag sich fühlen wie ein Gaffer, der auf einen schweren Unfall blickt. Es ist schwer auszuhalten, aber wegschauen geht auch nicht. Die ehedem so stolze Volkspartei demontiert sich zunehmend selbst – und zwar auf allen Ebenen. Statt um Inhalte geht es um Köpfe, statt über Reformen sprechen die Genossen über Posten. Neueste Folge in dieser Serie: Nun schmeißt Leni Breymaier den Vorsitz der SPD Baden-Württemberg hin, obwohl sie den Mitgliederentscheid gewonnen hat. Und der Verlierer Lars Castellucci kandidiert trotz Niederlage weiter um den Spitzenposten.
Es muss ja nicht sein, dass Parteichefs wie die CDU-Vorsitzende Angela Merkel 18 Jahre lang das Sagen haben. Noch bedenklicher ist aber, dass die Bundes-SPD in dieser Zeit zehn Chefs verschlissen hat. Am Stuhl, auf dem die amtierende Chefin Andrea Nahles sitzt, wird auch schon leidenschaftlich gesägt.
Einer solchen Demontage greift die Landesparteichefin Breymaier nun vor – nach nur zwei Jahren im Amt. Viele empfinden den Rückzug als ehrenwert. Schließlich argumentiert sie mit dem Mangel an Rückhalt an der Basis, den sie aus dem Votum liest – ihr Rückzug sei die Konsequenz daraus. Doch es ist auch eine Flucht vor Verantwortung in schwieriger Zeit. Vor zwei Jahren ist sie als Gegenentwurf ihres Vorgänger Nils Schmid angetreten, um mehr Emotion und vor allem wieder linkere Inhalte in die Partei zu tragen. Dass sie dieses Ziel nun einfach aufgibt, ist ebenso fragwürdig wie die Entscheidung ihres Kontrahenten, trotz der Niederlage weiter zu kandidieren.
Das ist schon für viele Genossen nicht nachzuvollziehen. Für diejenigen Bürger, die nicht Parteimitglieder sind, stellt sich einmal mehr die Frage, warum man der SPD noch die Stimme geben sollte. Das Gezanke erhöht den Verdruss über Parteien allgemein. Die Zeit des Gegeneinanders hat die Partei an den Rand der Bedeutungslosigkeit gebracht. Was gebraucht wird in diesen sich rasant verändernden Zeiten, sind neue Ideen – und Stabilität. Immer nur neue Köpfe genügen nicht.