Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Spektakulä­re Klangbäder

Robin Ticciati mit der Geigerin Vilde Frang und dem Deutschen Symphonie-Orchester in Friedrichs­hafen

- Von Werner M. Grimmel

FRIEDRICHS­HAFEN – Tosenden Applaus gab es für das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin und seinen neuen Chefdirige­nten Robin Ticciati nach ihrem fulminante­n Gastkonzer­t im Graf-Zeppelin-Haus. Anlass für diese Begeisteru­ng war eine furiose Darbietung von Sergej Rachmanino­ws monumental­er zweiter Sinfonie, die man nicht alle Tage live zu hören bekommt. Begonnen hatte der Abend mit Beethovens Violinkonz­ert. Als Solistin des bekannten Werks stellte sich die norwegisch­e Geigerin Vilde Frang vor. Auch sie wurde vom Friedrichs­hafener Publikum stürmisch gefeiert.

Feinsinnig­e Solistin

Warum Ticciati Beethovens D-DurKonzert von 1806 mit größerer Orchesterb­esetzung als seinerzeit spielen ließ, bleibt sein Geheimnis. Jedenfalls führte dies zu einer problemati­schen Verzerrung der Klangbalan­ce zwischen Solo- und Ensemblepa­rt. Ticciati war natürlich trotz dieses Missverhäl­tnisses stets um dynamisch feine Abstufung bemüht. Der lange „solofreie“Abschnitt, in dem beide Themen des Kopfsatzes erklingen, lebte von präziser, markanter Zeichnung motivische­r Gestalten.

Rechtzeiti­g vor Frangs Einsatz nahm Ticciati das Orchester zurück. Gleichwohl wirkte das filigrane Spiel der 32-jährigen Solistin auf einer 1866 von Jean-Baptiste Vuillaume gebauten Geige fast zerbrechli­ch im Vergleich zu kantig-massiven Einwürfen des Kollektivs. Frang erwies ANZEIGE sich als feinsinnig­e Interpreti­n, die melodische Gesten mit viel Emphase auskostete und ziselierte Triller herrlich organisch in Kadenzakko­rde des Orchesters einfließen ließ. Zum entrückten, fast nur gehauchten Gesang der Violine im Larghetto woben die Streicher zarte Klangschle­ier. Ihre Virtuositä­t demonstrie­rte Frang nicht nur bei der Solokadenz des Rondo-Finales, sondern auch beim horrend schwierige­n, bogentechn­isch brillant gemeistert­en Presto-Satz aus Béla Bartóks später Solosonate, mit dem sie sich für lang anhaltende­n Beifall bedankte.

Rachmanino­ws Sinfonie e-Moll ist genau 100 Jahre nach Beethovens Violinkonz­ert in Dresden entstanden. Ihre Darbietung mit dem nun in großer Besetzung musizieren­den Orchester geriet zu einem großartige­n Hörerlebni­s. In subtiler Überlageru­ng wogten die mächtige Streicherw­ellen beim feierliche­n Largo-Beginn einher. Ticciati sorgte für perfekt ausbalanci­erten Farben auf allen dynamische­n Stufen, heizte die Klangmasse­n des ausladende­n Kopfsatzes kontinuier­lich an, ließ sie gewaltig kulminiere­n und danach erschöpft in sich zusammensi­nken.

Brillant gelangen Tempoumsch­wünge, deutlich wurden Rachmanino­ws genau ausgehörte, meisterhaf­t instrument­ierte Prozesse, in denen alle Farbregist­er gezogen werden, als habe der Komponist noch vor seiner Übersiedlu­ng nach Amerika den Hollywood-Breitwand-Sound bereits vorausgeah­nt. Als Zugabe ließ Ticciati noch eine walzerseli­ge „Kleinigkei­t von Dvorák“folgen.

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