Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Streit mit Italien eskaliert
EU-Kommission plant Defizit-Verfahren – Salvini reagiert mit Spott
BRÜSSEL - Die Eurozone steht mustergültig da. Zum ersten Mal in der Geschichte der Einheitswährung nimmt keines der 19 Mitglieder mehr als drei Prozent seines BIP an neuen Schulden auf. Doch bei der Gesamtverschuldung liegen zwei Staaten weiter besonders deutlich über dem Limit, das der Maastricht-Vertrag von 1992 festlegt: Griechenland und Italien. Doch während sich Griechenland nach Einschätzung der EUKommission aus einer tiefen Krise schrittweise herausarbeitet, reitet sich Italien nach Überzeugung der Haushaltsexperten ins Verderben.
„Die steigenden Kreditzinsen zeigen Wirkung“, warnt der verantwortliche EU-Kommissar Valdis Dombrovskis. „Das wirkt sich nach unserer Überzeugung negativ auf das Wachstum aus. Damit wird der Fortschritt, den Italien in den vergangenen Jahren machte, infrage gestellt.“Allein der Schuldendienst belaufe sich pro Einwohner auf eintausend Euro pro Jahr. „Wir können nicht erkennen, inwiefern das die Souveränität des Landes stärkt“, erklärte Dombrovskis als Seitenhieb auf die italienische Regierung, die ihren Wählern den Schuldenkurs als Zeichen der Unabhängigkeit von Brüsseler Vorschriften verkauft.
Rom hofft weiter
Nach Berechnungen der Brüsseler Experten werden die Haushaltspläne das italienische Defizit um ein weiteres Prozent des BIP erhöhen. Deshalb sei die Eröffnung eines Verfahrens wegen des Risikos eines übermäßigen Defizits unvermeidlich. Die Finanzminister müssen der Prozedur nun innerhalb von zwei Wochen zustimmen. Währungskommissar Pierre Moscovici hält das für einen „logischen Schritt“.
Die italienische Regierung scheint indes die Hoffnung nicht aufgegeben zu haben, ihre Argumente in Brüssel zu Gehör zu bringen. Am Samstag ist Regierungschef Giuseppe Conte mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Essen verabredet. Innenminister Matteo Salvini zeigte unterdessen ein weiteres Mal, dass ihn die europäischen Spielregeln nicht interessieren. Ob er einen Brief aus Brüssel erwarte, wurde er von Journalisten gefragt. „Ein Brief aus Brüssel? Ich warte auch auf den vom Weihnachtsmann“, antwortete er.