Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Liebe in Zeiten des Kalten Krieges
Pawel Pawlikowskis „Cold War“: Weltendrama oder osteuropäische Miesepetrigkeit?
Liebe und Melancholie über die Grenzen hinweg, in Schwarz und Weiß: „Cold War“erzählt von einem Komponisten und einer Sängerin, die sich in einem Propagandamusikchor kennenlernen. Die Liebesgeschichte erstreckt sich über zwei Jahrzehnte, parallel zum Kalten Krieg. Vor drei Jahren gewann Regisseur Pawel Pawlikowski für „Ida“den Auslands-„Oscar“, und auch für „Cold War“ist er fünfmal für den Europäischen Filmpreis nominiert.
Wiktor (Tomasz Kot) hat Musik studiert, möchte Komponist werden. Auf einer Reise durch das frühkommunistische Polen lernt er die Sängerin Zula (Joanna Kulig) kennen. Von Anfang an ist klar, dass beide ein Paar werden. Aber weil beide einander auch nicht alles verraten, schleicht sich früh ein verlogener und melancholischer Zug in dieses Verhältnis.
„Cold War“erzählt die Geschichte einer Amour fou, die sich über 20 Jahre erstreckt. Einerseits handelt der an das Leben von Pawlikowskis Eltern angelehnte Film damit wortwörtlich vom Kalten Krieg, andererseits aber von Viktor, der irgendwann in den Westen flieht, um seinem Traum nachzugehen, Komponist zu werden – und der doch nicht von Zula loskommt.
Stilistisch packt der Regisseur das Ganze in das klassische 4:3 Bildformat und in stilisierte Schwarz-WeißBilder. Der Film ist durch und durch humorloser, nimmt sich selbst sehr ernst. Die Liebesgeschichte allerdings bleibt trocken, die sehr distanzierte Amour fou behauptet.
Alles in allem fügt sich „Cold War“den Konventionen einer osteuropäischen Political Correctness. Nach der gibt es kein schönes Leben im falschen. Weil der Kommunismus einfach ohne jede Schattierung grundböse ist, muss jede Liebe dort zugrunde gehen. Weil aber auch der westliche Lebensstil als ein Verrat an den Werten der europäischen Hochkultur behauptet wird, denunziert dieser Film auch das Paris der 50er Jahre.
Ist es nun eine gefühlvolle Elegie, eine subtile Metapher auf das Leiden der Individuen im großen Weltendrama? Oder vielleicht doch die übliche Miesepetrigkeit des osteuropäischen Kinos, wo immer noch sehr viele Filme nachträglich gedreht werden, die man vor 1989 nicht drehen durfte? Verbunden mit jenem Selbstmitleid, wie es vor allem für mit mittlere Generation des polnischen Kinos typisch ist. Auch in Ungarn und in Rußland werden gern solche schwerblütigen, bedeutungsschwere Dramen gedreht, während Filme aus den ex-jugowslawischen Ländern und aus Rumänien viel moderner wirken.
Dennoch: „Cold War“ist ohne Frage ein gekonnt inszenierter Film. Das erklärt am besten die Begeisterung der Filmwelt für diese doch recht eitle Konzeptkunst. Bei den Europäischen Filmpreisen wurde „Cold War“mehrfach nominiert und dürfte in drei Wochen kaum leer ausgehen.