Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kraus für Kühn?
50 Tage vor WM-Start gibt es Debatten im Handball
MÜNCHEN (dpa) - Der Traum von einer Wiederholung des Handball-Wintermärchens von 2007 rückt näher: 50 Tage sind es noch, bis die Nationalmannschaft am 10. Januar in der Berliner Mercedes-Benz Arena die WM 2019 eröffnet, die bis 27. Januar in Deutschland und Dänemark stattfindet. Bundestrainer Christian Prokop gibt sein 28-Spieler-Aufgebot am 10. Dezember bekannt. Dann kommt die DHB-Auswahl in Rostock zur ersten Phase der WM-Vorbereitung zusammen, am 12. Dezember findet dort auch das erste Testspiel gegen Polen statt. Prokop muss den Kader vor der WM noch auf 16 Spieler reduzieren.
Im Rückraum hat die Mannschaft spätestens seit dem Kreuzbandriss von Julius Kühn Sorgen. „Das tut uns extrem weh“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning. „In einer Situation, in der nichts geht, geht Kühn.“Der 25Jährige steht für Wucht und Torgefahr aus der Distanz und damit für eine Qualität, die Prokops Team nun fehlt. Mit einer Rückkehr des Göppinger Routiniers und Ex-Weltmeisters Michael Kraus, der zuletzt in der Bundesliga mit einer überragenden Treffer-Quote beim TVB Stuttgart auffiel, plant Prokop dennoch nicht.
Fritz: Eine Frage des Drucks
Weltmeister-Trainer Heiner Brand hält sich aus der Debatte heraus. „Ich werde mich nicht dazu äußern, weil ich denke, dass das keine seriöse Vorgehensweise wäre“, sagte Brand. Er hält es für „nicht angebracht, dass ich als ehemaliger Trainer eine Aussage dazu mache, wie eine Mannschaft zusammengesetzt sein soll.“Ein Kommentar gehöre sich auch im Sinne der Kollegialität nicht.
Kraus war Teil der legendären Mannschaft, die 2007 unter Brand Weltmeister wurde. Der 35-jährige Rückraumspieler und Spielmacher lief letztmals Anfang 2015 für die Nationalmannschaft auf.
Prokop hatte jüngst Pläne für eine Rückkehr der Routiniers Kraus und Holger Glandorf verneint, Kühns Ausfall solle über die mannschaftliche Geschlossenheit kompensiert werden. Laut Weltmeister-Torwart Henning Fritz wird der Erfolg der DHB-Auswahl vom Umgang mit dem Druck abhängen. „Ich sehe die Mannschaft in der Breite als unglaublich gut aufgestellt, aber die Frage ist, wie es ihr gelingen wird, diesen Druck, der auf jeden Fall von außen kommt, den sie sich aber auch selber machen wird, in Leistung umzusetzen“, sagte Fritz. „Wenn ihnen das gelingt, diese Lockerheit im Kopf zu haben, dann bin ich überzeugt, dass sie sich von dieser Welle, dieser Atmosphäre, die in den Hallen sein wird, tragen lassen. Dann ist sehr viel möglich.“Brand hält sich mit Prognosen zurück. Prokops Team habe aber mit „Sicherheit die Möglichkeit, ins Halbfinale zu kommen. Es gibt aus meiner Sicht keine absolute Topmannschaft.“
Die Deutschen werden ihre Vorrundenspiele in Berlin gegen eine Auswahl Koreas, Titelverteidiger Frankreich, Russland, Serbien und Brasilien bestreiten. Die drei besten Teams jeder Gruppe qualifizieren sich für die Hauptrunde, die die DHBAuswahl in Köln bestreiten würde. Dort wurden bereits 75 Prozent der Tickets verkauft.
ARD und ZDF werden alle deutschen Spiele live übertragen. Damit wird eine Handball-WM erstmals seit 2013 in Deutschland wieder live im Free-TV zu sehen sein.