Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Unterschriften für bessere Busanbindung
Als einziger Teilort ist Baltringen nach 18 Uhr von Laupheim abgeschnitten – Nachbesserung ist möglich
Baltringen ist nach 18 Uhr von Laupheim abgeschnitten. Nachbesserung möglich.
LAUPHEIM/BALTRINGEN - Von Laupheim aus ist Baltringen ab 18 Uhr nicht mehr erreichbar, zumindest nicht mit dem Bus. Für Judith Heider ist das ein Ärgernis: Ihre 16jährige Tochter macht seit August in Laupheim eine Ausbildung und muss unter der Woche bis 18 Uhr arbeiten. Um nach Hause zu kommen, hat sie den Rollerführerschein gemacht. Doch in den Wintermonaten ist sie darauf angewiesen, dass ihre Mutter fährt – die sammelt jetzt Unterschriften für eine bessere Anbindung.
Nachmittags an der Haltestelle Rabenstraße, Laupheim: Judith Heider schaut auf den Fahrplan und schüttelt den Kopf. Von hier fährt um 17.48 Uhr der letzte Bus nach Baltringen, wo sie mit ihrer Familie wohnt. Ihre Tochter kann den Bus nicht nutzen, weil sie dann noch keinen Feierabend hat. „Die Situation ist wirklich sehr belastend“, sagt Judith Heider. Im Winter holt sie ihre Tochter jeden Abend mit dem Auto ab.
Warten in der Kälte
Auch an Samstagen muss Heider ihre Tochter zur Arbeit bringen, weil der erste Bus von Baltringen nach Laupheim erst um 8.15 Uhr fährt. Arbeitsbeginn ist jedoch um 7.30 Uhr. Zurück fährt ein Bus um 14.06 Uhr, Feierabend ist bereits um 13 Uhr. „Meine Tochter müsste über eine Stunde in der Kälte stehen“, erzählt Judith Heider. In der Ferienzeit sei die Lage noch aussichtsloser: Dann fahren die Busse der Linie 229 auch unter der Woche unregelmäßiger. Die 16-Jährige müsste um 6.24 Uhr den ersten Bus nach Laupheim nehmen und knapp eineinhalb Stunden vor dem Geschäft warten. Eine andere Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln pünktlich auf der Arbeit zu sein, gibt es nicht.
„Ich würde mir wünschen, dass zumindest unter der Woche nach 18 Uhr ein Bus von Laupheim nach Baltringen fährt“, sagt Heider. Das wäre bereits eine große Hilfe. Es könne nicht sein, dass Baltringen abgeschnitten ist. Tatsächlich ist Baltringen der einzige Teilort im Umkreis von Laupheim, der nach 18 Uhr von keinem Bus mehr angesteuert wird (siehe Grafik).
„Es ist tatsächlich so, dass es in der Gemeinde Mietingen einen gewissen Bedarf gibt, der nicht gedeckt ist“, sagt Bürgermeister Robert Hochdorfer. „Da möchte ich schon noch einmal auf den Landkreis zugehen.“
Bislang ist lediglich Judith Heider wegen der Linie 229 an das zuständige Busunternehmen und den Landkreis herangetreten. Sonst habe sich niemand gemeldet, sagt Peter Hirsch, Leiter des Verkehrsamts in Biberach. Er ist für die Erstellung des Nahverkehrsplans verantwortlich, der in der Regel alle fünf Jahre aktualisiert wird und der Planung des öffentlichen Nahverkehrs dient. „Der Plan definiert Mindestbedienungsstandards, die Busunternehmer erfüllen müssen“, erklärt Hirsch. Sprich: zu welcher Tageszeit von wo ein Bus wohin fahren muss. Dabei wird im Nahverkehrsplan unter anderem zwischen Haupt- und Nebenverbindungen unterschieden. Der Mindestbedienungsstandard ergebe sich aus dem Bedarf, sagt Hirsch. Kriterien hierfür seien unter anderem Schüler- und Einwohnerzahlen. „Wenn beispielsweise in Baltringen ein Neubaugebiet ausgewiesen wird, hätte dies Auswirkungen auf den zu erfüllenden Mindeststandard“, so der Amtsleiter.
Den aktuellen Nahverkehrsplan hat der Kreistag im Oktober 2017 verabschiedet. Er definiert die Linie 229 als Nebenverbindung – und für Nebenverbindungen ist für den Zeitraum zwischen 18 und 21 Uhr eine Fahrt vorgesehen. Das bedeutet: Eigentlich müsste laut aktuellem Nahverkehrsplan nach 18 Uhr unter der Woche zumindest ein Bus von Laupheim nach Baltringen fahren. Doch das ausführende Busunternehmen Reinalter sei nicht an diese Vorgabe gebunden, erklärt Hirsch. Dafür gebe es zwei Gründe: Zum einen dürften die Busunternehmen vom Mindestbedienungsstandard abweichen, wenn der Bedarf nachweislich geringer ist. Das sei hier der Fall.
Zum anderen habe der Kreis die Genehmigung für Reinalter bereits im Jahr 2015 erteilt, und im damaligen Nahverkehrsplan sei eine Fahrt nach 18 Uhr nicht vorgesehen gewesen. „Verbindlich ist immer der Nahverkehrsplan, der zum Zeitpunkt der Genehmigung gültig ist“, sagt Hirsch. Ziel dieser Regelung sei es, den Busunternehmern Planungssicherheit zu geben. Diese müssten ihre Mitarbeiter bezahlen und Busse anschaffen. Letztere seien üblicherweise nach zehn Jahren abgeschrieben.
Entsprechend läuft die Genehmigung für die Linie 229 erst im Jahr 2025 aus. Damit müsste Reinalter lediglich den Mindeststandard des alten Nahverkehrsplans erfüllen, und zwar bis zur Vergabe der nächsten Genehmigung. Doch seit dem Inkrafttreten der ÖPNV-Finanzreform Anfang 2018 sei der öffentliche Nahverkehr gemeinwirtschaftlich organisiert, fügt Hirsch hinzu. Das bedeute: Der Landkreis könne eingreifen und bewirken, dass der im aktuellen Nahverkehrsplan festgelegte Mindestbedienungsstandard umgesetzt wird – vorausgesetzt, es gebe einen dauerhaften Bedarf von mindestens fünf Personen. „Dies würde der Landkreis mitfinanzieren“, sagt Hirsch. „Denn mit Fahrgastzahlen in dieser Größenordnung kann kein Busunternehmen wirtschaftlich arbeiten.“
Bereit für Nachbesserungen
Reinalter zeigt sich grundsätzlich offen für Nachbesserungen. „Sollte sich ein weiterer Bedarf herausstellen, sind wir gegebenfalls gerne bereit, Fahrplanänderungen vorzunehmen“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Dann würden – abhängig vom dauerhaften Bedarf – entweder Fahrten mit Rufbussen oder Festkursen eingeplant. Außerdem verweist das Unternehmen darauf, dass die Linie 229 aus der Historie heraus eine Linie sei, „die hauptsächlich für Fahrgäste Richtung Biberach und Ulm mit Umstieg in Schemmerberg auf den Zug eingerichtet wurde“.
Grundsätzlich finden im Jahr zwei Fahrplanwechsel statt, in die mögliche Änderungen einfließen können. „Nach den Sommerferien erfolgt der kleine Fahrplanwechsel“, erklärt Hirsch. „Die Schulen übermitteln die neuen Schülerzahlen und auf dieser Grundlage werden dann Änderungen am Fahrplan vorgenommen.“Der große Fahrplanwechsel steht im Dezember an. Hier gehe es vor allem darum, den Bus- auf den Eisenbahnverkehr abzustimmen.
Heider sammelt Unterschriften
Judith Heider will sich weiter dafür einsetzen, dass in Zukunft auch unter der Woche nach 18 Uhr ein Bus von Laupheim nach Baltringen fährt. „Ich freue mich, dass es eine Möglichkeit gibt, etwas zu ändern“, sagt sie. Damit Taten folgen können, sammelt sie Unterschriften: Wer dauerhaft auf die besagte Busverbindung angewiesen ist, kann sich bei der Bäckerei Vorhauer in Baltringen in eine Liste eintragen. Judith Heider hat bereits unterschrieben. Vier Unterschriften fehlen noch, um den erforderlichen Mindestbedarf von fünf Personen nachzuweisen.