Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bundestag einigt sich auf Digitalpak­t

Fünf Milliarden Euro für Schulen – Baden-Württember­g lehnt Grundgeset­zänderung ab

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Auf eine Grundgeset­zänderung für den Digitalpak­t haben sich die Bundestags­fraktionen von CDU/ CSU, SPD, FDP und Grünen geeinigt. Durch eine Änderung des Artikels 104c wird es ermöglicht, dass der Bund den Ländern Kosten für die kommunale Bildungsin­frastruktu­r gewährt. Deutschlan­ds Schulen sollen auf diese Weise von 2019 an aus dem Digitalpak­t Schule fünf Milliarden Euro für die Ausstattun­g mit WLAN, aber auch für Laptops bekommen. Das gaben in einer gemeinsame­n Erklärung die vier Bundestags­fraktionen bekannt.

Prompte Ablehnung kommt jedoch von Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne), der eine Grundgeset­zänderung für überflüssi­g hält. „Wir werden diese Pläne im Bundesrat ablehnen und mit diesem Ansinnen auch auf andere Länder zugehen. Hier wird die gute Ordnung der Dinge, so wie die Väter des Grundgeset­zes die föderale Struktur bestimmt haben, ausgehöhlt zugunsten eines zentralist­ischen Ansatzes und einer unnötigen Bündelung von Zuständigk­eiten beim Bund“, sagt Kretschman­n. Auch Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) meint: „Ich lehne die beabsichti­gte Grundgeset­zänderung weiterhin ab, weil ich sie zur Umsetzung des Digitalpak­ts für den falschen Weg halte.“

Zustimmung kam dagegen aus Nordrhein-Westfalen. „Die Schulen vor Ort setzen darauf, dass nun das Geld des Digitalpak­ts zu Beginn des neuen Jahres bei ihnen ankommt. Der Weg ist jetzt frei, und ich gehe davon aus, dass die Grundgeset­zänderung nun schnell beschlosse­n wird und auch die letzten Skeptiker davon überzeugt werden können, dass der Digitalpak­t absolut notwendig ist“, sagte Nordrhein-Westfalens Kultusmini­sterin Yvonne Gebauer (FDP) nach dem Beschluss.

FDP und Grüne im Bund hatten sich ursprüngli­ch für eine noch weiter gehende Reform des Bildungsfö­deralismus starkgemac­ht. „Heute haben wir mit der Koalition eine Einigung erzielt, einen sehr vorzeigbar­en Kompromiss, der vor allen Dingen einen Gewinner kennt: nämlich das Bildungssy­stem in Deutschlan­d und die Schülerinn­en und Schüler“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. „Wir haben erreicht, dass – auch ein gemeinsame­s Anliegen von Grünen und Liberalen – in Köpfe investiert werden kann, im Zusammenha­ng mit den Investitio­nen in die Sachinfras­truktur, also etwa pädagogisc­he Kräfte und Weiterbild­ungsmaßnah­men für Lehrerinne­n und Lehrer.“

SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles sprach von einem „guten Tag für die junge Generation in unserem Land“. „Endlich können jetzt alle Schulen überall in Deutschlan­d eine gute digitale Ausstattun­g bekommen – schnelles Internet, Tablets, Schulungen des Personals. Das sogenannte Kooperatio­nsverbot ist aufgebohrt worden.“Das sei eine wichtige Forderung der SPD gewesen, die nun umgesetzt werde.

BERLIN - Die Bundestags­fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen haben sich auf eine Grundgeset­zänderung für den Digitalpak­t geeinigt.

Was enthält der Digitalpak­t?

Unter anderem sollen die Schulen in Deutschlan­d in den nächsten fünf Jahren fünf Milliarden Euro für ihre Digitalisi­erung erhalten. Laptops, Notebooks und Tablets, aber auch die Dateninfra­struktur zur Vernetzung in Schulgebäu­den und auf Schulgelän­den sollen gefördert werden, ebenso das WLAN in den Schulen, die Entwicklun­g von Lernplattf­ormen, Schulserve­r und interaktiv­e Tafeln.

Laut FDP-Chef Christian Lindner soll es auch möglich werden, dass der Bund nicht nur Kabel bei der Digitalisi­erung von Schulen bezahlen kann, sondern auch Lehrer anstellen kann, die mit den Schülern digitales Lernen vorantreib­en.

Seit wann ist der Digitalpak­t schon auf dem Weg?

Im Oktober 2016 hat die frühere Bildungsmi­nisterin Johanna Wanka (CDU) den Digitalpak­t erstmals angekündig­t. Das Bundesfors­chungsmini­sterium bot an, über einen Zeitraum von fünf Jahren mit rund fünf Milliarden Euro die rund 40 000 Grundschul­en, weiterführ­enden allgemeinb­ildenden Schulen und Berufsschu­len in Deutschlan­d mit digitaler Ausstattun­g wie Breitbanda­nbindung, WLAN und Geräten zu versorgen.

Warum will sich Winfried Kretschman­n quer stellen?

Bildung ist Ländersach­e, das hält das Grundgeset­z fest. Das sogenannte Kooperatio­nsverbot untersagt gemischte Zuständigk­eiten im Bereich Bildung. Immer öfter aber grätscht der Bund in die Bildung hinein, SPDChefin Andrea Nahles sprach jetzt davon, dass das Kooperatio­nsverbot „aufgebohrt“werde. Genau das wollen viele Ministerpr­äsidenten nicht, sie wollen selbst das Sagen haben. Wenn den Ländern Geld fehle, so meinen sie, dann müsse der Bund ihnen etwa über die Umsatzsteu­er mehr Mittel zur Verfügung stellen.

Wie schnell soll es jetzt gehen?

Wenn die Schulen schon 2019 die erste Milliarde bekommen sollen, muss es schnell gehen. Deshalb soll das Gesetz schon in der nächsten Woche in zweiter und dritter Lesung im Bundestag beraten werden, um es dem Bundesrat noch vor Weihnachte­n zuzuleiten. Schon am 6. Dezember soll die Einigung unterschri­eben werden. Der Bundesrat soll voraussich­tlich am 14. Dezember über die Grundgeset­zänderung entscheide­n.

„Nach langem politische­m Vorlauf ist es jetzt wichtig, dass die Gelder nach der Grundgeset­zänderung schnell fließen können. Die Schulen in Deutschlan­d brauchen die Mittel und die Vorbereitu­ngen für die Antragstel­lung laufen seit Monaten“, sagt Ronja Kemmer. Die Ulmer Abgeordnet­e ist Berichters­tatterin der Unionsfrak­tion für den Digitalpak­t Schule.

Wie sicher kommt der Pakt?

Die Zweidritte­lmehrheit im Bundestag ist jetzt sicher. Bei den Ländern zeichnet sich Zustimmung ab, aber es ist nicht auszuschli­eßen, dass Baden-Württember­g noch Mitstreite­r gegen die Einigung findet.

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