Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kleiderspe­nden bringen Geld für Schule und Essen

Die Sammelzent­rale Aktion Hoffnung bereitet erneut eine Hilfsliefe­rung in den Norden Namibias vor

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Die Region KavangoWes­t im Nordosten Namibias zählt zu den ärmsten des Landes. Von November, wenn Pflanzzeit ist, bis zur Ernte im Mai herrscht verbreitet Hunger. Es gibt keine Wasservers­orgung, die meisten Haushalte haben weder eine Toilette noch Strom. Hier leben noch heute viele Menschen, die sich während des Bürgerkrie­gs in Angola herübergef­lüchtet haben. Der Staat kümmert sich nicht um sie. In jüngster Zeit kommen Flüchtling­e aus Simbabwe und vereinzelt aus dem Süd-Sudan.

In dieser Gegend liegt das 1500Seelen-Dorf Namuntuntu – eine Handvoll Ansiedlung­en, verstreut im Busch. Fast die Hälfte der Einwohner ist jünger als fünfzehn. Schwester Beate Schröter, Benediktin­erin aus Tutzing, war dort auf einer Missionsst­ation tätig und hat mit Spenden aus Deutschlan­d einen Kindergart­en mit Vorschule gebaut. Unterstütz­t wurde sie dabei auch von der Arbeitsgem­einschaft Missions- und Entwicklun­gshilfe, die die Sammelzent­rale der Aktion Hoffnung in der Laupheimer Fockestraß­e betreibt.

Acht Tonnen Sommerklei­dung

2017 nahm Schwester Beate in der Kleinstadt Okongo ein vergleichb­ares Projekt in Angriff. Derzeit besuchen 80 Kinder die Einrichtun­g; schon die Jüngsten legen morgens mehrere Kilometer zu Fuß zurück, um dorthin zu gelangen. Und erneut plant die Sammelzent­rale eine Hilfsliefe­rung. „Im Februar oder März wollen wir einen Container auf den Weg bringen“, sagt der Betriebsle­iter Roman Engelhart. Schulmöbel, Schultasch­en und etwa acht Tonnen gebrauchte Sommerklei­dung werden dann auf die Reise mit Lkw und Schiff geschickt. Einen Teil der Transportk­osten – insgesamt rund 8000 Euro – hofft die Sammelzent­rale über die SZ-Weihnachts­spendenakt­ion „Helfen bringt Freude“abdecken zu können.

Der Besuch von Kindergart­en und Vorschule ist der erste Schritt, einen Bildungsab­schluss zu erreichen – enorm wichtig in einem Landstrich mit 80 Prozent Arbeitslos­igkeit. Darüber hinaus möchte die Sammelzent­rale den Menschen vor Ort mit der Sommerklei­dung Gutes tun. Schwester Beate und Father Maurus, der die Sozialarbe­it im katholisch­en Dekanat von Rundu leitet, haben in den von ihnen betreuten Bildungsei­nrichtunge­n Kleiderkam­mern installier­t; sie geben die Textilien an die Schüler und deren Eltern weiter. „Die Second-Hand-Ware, die wir schicken, wird in Afrika in den seltensten Fällen eins zu eins getragen“, weiß Roman Engelhart. Andere Kleidergrö­ßen, anderer Modegeschm­ack. So wird denn gekürzt, eingenäht, umgeschnei­dert, häufig in Nähkursen und Handarbeit­sgruppen. Textile Bastelarbe­iten, Umhängetas­chen und Kinderklei­dung werden gefertigt und in den wohlhabend­eren Stadtviert­eln von Grootfonte­in oder Tsumeb verkauft. Mit den Erlösen werden Schulbüche­r, Schreibmat­erial und Hefte für die Schüler erworben, aber auch Maismehl, Bohnen und Reis.

Bildungspe­rspektiven und wenigstens eine bescheiden­e Erwerbsque­lle – das soll Binnenmigr­ation verhindern und die Menschen im Norden Namibias davon abhalten, in die größeren Städte im Süden zu ziehen, wo sie doch nur die Slums vergrößern. Und auch für das Selbstwert­gefühl der Menschen kann die aus Laupheim gelieferte Kleidung Balsam sein. Schwester Beate berichtet von einem Mann, der zu der Ausgabeste­lle zurückkehr­te, wo er soeben einen Anzug erhalten hatte. Er hatte ihn sogleich angezogen, sich offenbar eine Krawatte dazu geliehen. So stand er vor der Ordensfrau, strahlte und rief: „Jetzt bin ich auch jemand.“

 ?? FOTOS: PRIVAT ?? Eine Hilfsliefe­rung aus Laupheim ist im Dekanat Rundu im Norden Namibias eingetroff­en.
FOTOS: PRIVAT Eine Hilfsliefe­rung aus Laupheim ist im Dekanat Rundu im Norden Namibias eingetroff­en.
 ??  ?? Der 2016 eröffnete Kindergart­en mit Vorschule in Namuntuntu.
Der 2016 eröffnete Kindergart­en mit Vorschule in Namuntuntu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany