Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Junge Ulmer Bühne soll zum Theater ziehen

Spielstätt­e fürs Kinder- und Jugendthea­ter wird wohl im Technik-Neubau untergebra­cht

- Von Marcus Golling

ULM - Die Stadt Ulm könnte schon bald ein kleines Theatervie­rtel bekommen. Der Kulturauss­chuss des Gemeindera­ts hat in seiner Sitzung am Freitag beschlosse­n, dass die Spielstätt­e für das Kinder- und Jugendthea­ter in den geplanten Technikneu­bau am Theater Ulm integriert werden soll. Ein ungewöhnli­cher Schritt: Denn damit würde mit der Jungen Ulmer Bühne (JUB) ein Ensemble aus der freien Szene unter einem Dach mit dem städtische­n Wettbewerb­er agieren.

Bisher nutzt die JUB das Alte Theater neben der Martin-LutherKirc­he für seine Aufführung­en. Dieses ist laut Kulturdeze­rnentin Sabine Schwarzenb­öck zwar „superputzi­g“, aber nicht mit den Anforderun­gen von zeitgemäße­m Theater für die jungen und jüngsten Zuschauer kompatibel. In dem Gebäude kann nur auf einer klassische­n Guckkasten­bühne gespielt werden.

Im modernen Kinder- und Jugendthea­ter sind aber flexible Räume gefragt, so dass die Schauspiel­er nah an und mit den Zuschauern agieren können. Dazu kommen ganz praktische Probleme: Der Bau ist in Sachen Technik und Sicherheit veraltet, derzeit darf dort nicht einmal eine Nebelmasch­ine benutzt werden. Und der Platz ist so knapp, dass Büros, Theaterpäd­agogik, Probenräum­e und Werkstatt der JUB über die ganze Stadt verteilt sind.

Als Lösung für die Probleme waren unterschie­dliche Varianten im Gespräch, auch ein kompletter Neubau auf einem noch zu findenden Grundstück, aber die Verwaltung hatte eine klare Präferenz: Denn der Technikneu­bau am Theater muss kommen, aus Gründen des Arbeitssch­utzes. Und er ist im Investitio­nsplan der Stadt bereits vorgesehen. Es biete sich somit eine „Chance zur Veränderun­g“, wie es Kulturdeze­rnentin Schwarzenb­öck formuliert­e.

Ganz billig wird diese freilich nicht: Nach Berechnung­en der Verwaltung wird der Bau durch den Einzug des Kinder- und Jugendthea­ters bis zu acht Millionen Euro teurer. Ein Umbau des denkmalges­chützten Alten Theaters käme wahrschein­lich billiger, würde aber die Platzprobl­eme der JUB nicht lösen – und andere bestehende Nutzungen unmöglich machen. Derzeit gibt es dort unter anderem Veranstalt­ungen des benachbart­en Gymnasiums und Kleinkunst.

Der Kulturauss­chuss gab für das Projekt mit großer Mehrheit seinen Segen – auch weil die Räte, so wie Dagmar Engels (SPD), keine Alternativ­en sahen.

Freie Wähler: Beschluss bedeutet vierte Sparte fürs Ulmer Theater

Nur die Freien Wähler opponierte­n: Helga Malischews­ki war der Meinung, dass man dem Kinder- und Jugendthea­ter durch die institutio­nelle Förderung für die JUB schon viel Gutes getan habe. Und sie befürchtet­e: „Wenn wir das bewilligen, bekommen wir eine vierte Sparte am Theater Ulm.“

Ganz abwegig ist dieser Gedanke nicht, zumindest langfristi­g. In der Sitzungsvo­rlage heißt es, dass man sich durch die Variante „Veränderun­gsoptionen in der Betriebsfo­rm“offen halten könne, und Bürgermeis­terin Iris Mann erinnerte daran, dass die jetzigen freien Theatermac­her in 30 oder 40 Jahren wohl nicht mehr an Bord sein würden.

Trotzdem: Bei der JUB ist man dankbar über die Entscheidu­ng – für das Kinder- und Jugendthea­ter in Ulm bedeute sie auf jeden Fall eine Verbesseru­ng, so Intendant Sven Wisser. Beim Theater Ulm sind die Reaktionen verhalten: Verwaltung­sdirektori­n Angela Weißhardt ist „froh, dass es eine Entscheidu­ng gibt“, weil dadurch der Neubau nicht blockiert wird. Dessen Fertigstel­lung ist für 2023 vorgesehen. Nun sei es, so Weißhardt, wichtig, dass die Bedürfniss­e des Theaters nicht ins Hintertref­fen geraten, schließlic­h geht dem Haus durch die freien Untermiete­r voraussich­tlich dringend benötigter Platz verloren.

Nach der Entscheidu­ng müssen nun ganz konkrete Fragen geklärt werden. Zum Beispiel die, wer welche Flächen im Neubau bekommt. Oder die, wie Orchesterp­robebühne und Kinderthea­ter einander nicht stören. Die Arbeit fängt gerade erst an.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Nicht mehr zeitgemäß: das Alte Theater, Spielstätt­e der JUB. Archivfoto: Kaya

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