Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Drei neue Vereine bewahren das technische Erbe der Region

Ehrenamtli­che halten die Erinnerung an regionale Erfindunge­n wach - Kampf gegen das Vergessen

- Von Dagmar Hub

ULM - Drei neue Ulmer Vereine präsentier­ten sich im voll besetzten Stadthaus beim 14. Abend der Technikges­chichte: Neben dem in der Öffentlich­keit bereits bekannten Verein „Albert Einstein Discovery Center“traten der ganz junge „STEP“(Schwaben Technologi­e Park) und der erst vor kurzem eingetrage­ne Verein „Regionale Technik Geschichte“, der aus dem 2003 vom Stadtarchi­v Ulm gegründete­n „Arbeitskre­is Technikges­chichte“hervorging, vors Publikum. Die „kritische Masse“, die es für die Realisieru­ng eines Technikmus­eums in Ulm brauche, sei wohl erreicht, vermutet Felix Wiederspah­n, einer der Gründer von „STEP“. Allerdings seien vermutlich nicht mehrere MuseumsIde­en realisierb­ar. „Wir machen das gemeinsam.“

„STEP“will das reiche technischk­ulturelle Erbe Schwabens erhalten, dokumentie­ren und es aufbereite­t einer breiten Öffentlich­keit zugänglich machen. Zunächst kümmert sich der Schwaben Technologi­e Park, zu dessen Gründern auch Fritz Arends und Rolf Meissner vom früheren Telefunken-Museum „Radar und Funk“

gehören, um die geretteten Exponate jenes einstigen Museums, das sich in der Ulmer Wörthstraß­e 85 befunden hatte und das Ende 2016 geschlosse­n wurde.

Die Firma Hensoldt habe kein Interesse an der Sammlung und gibt sie ab, sagt Wiederspah­n; Hensoldt-Manager Peter Schlote habe versproche­n, keine weiteren Exponate der Sammlung zu entsorgen, aus der inzwischen 65 Exponate als Kulturgut eingestuft sind und unter Denkmalsch­utz

stehen. Prachstück­e sind darunter wie Notradios und ein Volksempfä­nger von 1935, aber auch das in Ulm entwickelt­e und 1984 serienreif gewordene erste Hand-Funksprech­gerät mit Mikroproze­ssorsteuer­ung oder der 1973 serienreif gewordene Allwellene­mpfänger E 1501. Zunächst soll ein virtuelles Museum entstehen. Lagerfläch­en für die Exponate habe STEP bereits an der Hand.

STEP sucht darüberhin­aus den Kontakt mit Technologi­efirmen in der Region, um ein Netzwerk entstehen zu lassen zur Förderung von Nachwuchs und von Sammlungen. Er will sich auch mit Bildungstr­ägern vernetzen und Events organisier­en, über die vor allem Jugendlich­e für Technik begeistert werden sollen.

Der Verein „Regionale Technik Geschichte“(RTG) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wissen über die teschnisch­e und wirtschaft­liche Entwicklun­g zwischen der Alb, Iller, Donau und Riss zu sammeln und zu dokumentie­ren, wobei der Wirtschaft­sstandort Ulm/Neu-Ulm im Fokus steht.

Aus der Region seien Weltmarktf­ührer hervorgega­ngen, sagt Günter Merkle, Zweiter Vorsitzend­er von RTG. Langfristi­g sei es ein großer Vorteil, die Geschichte technische­r Entwicklun­gen zu kennen. RTG will Kommunikat­ionsplattf­orm sein, in Zukunft aber auch am Aufbau einer Sammlung „Regionale Industriek­ultur“beteiligt sein - möglicherw­eise über eine Stiftung.

Wie reich das technikges­chichtlich­e Erbe der Region ist, zeigten Beiträge im Stadthaus: Ein Film von Friedrich Schuon schilderte unterhalts­am die technische­n Entwicklun­gen in der Landwirtsc­haft seit dem Beginn der Industrial­isierung, an der mehrere Firmen aus Schwaben entscheide­nd beteiligt waren, darunter Deutz, Hummel, Dechentrei­ter, Lanz, Mengele und Eberhardt, einst die weltgrößte Pflugfabri­k.

Patent aus Ulm: Milch fürs Baby nachts warm halten

Eberhardt stellte daneben beispielsw­eise 1878 auch den eisernen Dachstuhl des Ulmer Münsters her. Otto Künzel, früherer Leiter des Instituts für Technikges­chichte an der Fachhochsc­hule Ulm und Erster Vorsitzend­er von RTG, ließ dem Publikum mit einer detaillier­ten Beschreibu­ng eines multifunkt­ionalen PetroleumN­achtlichts ein Licht aufgehen: Der Ulmer Uhrmacher August Friedrich Spann ließ sich 1877 eine geruch- und rauchlose Doppeldoch­tlampe patentiere­n, zu deren Lieferumfa­ng eine Kasserolle gehörte. Mittels derer konnte man nachts beispielsw­eise Milch fürs Baby warm halten. Spann besaß auch Patente für einen von ihm entwickelt­en Wäschestän­der und für spezielle Taschenuhr­engehäuse, die den Einbau der Mechanik erleichter­ten.

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FOTO: DAGMAR HUB FOTO: HUB Fritz Arends mit Exponaten aus dem ehemaligen Telefunken-Museum rund um die Themen Radar und Funk.

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