Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Den Alltag singend begleiten“
Klaus Brecht spricht über das neue Grundschulchorbuch „Chorissimo green“
OCHSENHAUSEN - Das neue Chorbuch „Chorissimo green“ist vor zwei Wochen an der Landesakademie Ochsenhausen präsentiert worden. Es widmet sich dem Singen mit Grundschulkindern und ist der dritte Band in der „Chorissimo“-Reihe. Herausgeber sind Akademiedirektor Klaus K. Weigele und Klaus Brecht. Tobias Rehm hat sich mit Brecht über die Besonderheiten und den Entstehungsprozess des Buchs unterhalten. Der Herausgeber erklärt, wie lange es dauert, bis „Chorissimo green“an den Grundschulen etabliert sein könnte.
SZ: Herr Brecht, im April sind Sie nach 29 Jahren als Dozent an der Landesakademie in den Ruhestand verabschiedet worden. So ganz zur Ruhe gesetzt haben Sie sich aber noch nicht, richtig?
Brecht: Das stimmt. Ich bin an der Akademie noch bei den Zertifizierungskursen für Grundschullehrer dabei, leite den Internationalen Chor, den Kammerchor Tritonus sowie Voicelab, den Jugendchor der Landesakademie.
In diesen Chören sind praktisch alle Altersgruppen vertreten. Mit welchen speziellen Herausforderungen warten die Jugendlichen auf einen Chorleiter?
Die größte Herausforderung ist mit Sicherheit der Unterschied zwischen Jungs und Mädchen in der Hauptphase der Entwicklung der Stimme im Jugendalter. Bei den Jungs gibt es eine massive Veränderung von der Kinder- hin zur Erwachsenenstimme. Deshalb proben wir mit Jungs und Mädchen getrennt und haben dadurch mehr Spielraum, die Proben mit den Jungs anders zu gestalten.
Das Chorbuch „Chorissimo green“, das sie gemeinsam mit Klaus K. Weigele herausgegeben haben, widmet sich hingegen dem Singen mit Grundschulkindern. Wie viel Arbeit steckt in einem solchen Buch, das speziell für den Unterricht mit Sechs- bis Zwölfjährigen konzipiert wurde?
In diesem Fall haben wir gute zwei Jahre bis zur Veröffentlichung gebraucht, aber letztendlich befassen wir uns natürlich schon viel länger mit dem Singen in der Grundschule.
Mit „Chorissimo blue“und „Chorissimo orange“gibt es bereits Chorbücher für die Unter- und die Mittelstufe des Gymnasiums. Weshalb ist der Grundschulbereich nun als Letztes an die Reihe gekommen?
Der Elementarbereich ist der schwierigste. Und an den Grundlagen kann man nur arbeiten, wenn man das Ziel kennt. Deshalb haben wir uns für diese Reihenfolge entschieden – und ich finde nachträglich, es war die richtige Vorgehensweise.
Was ist das Besondere an „Chorissimo green“?
Dass die „Chorissimo“-Reihe nun abgerundet ist und die Bücher miteinander verzahnt sind. Die einzelnen Bände sind so aufgebaut, dass sie sich ergänzen. Das ist der Vorteil, wenn alle drei Werke von den gleichen Herausgebern konzipiert werden.
War der „Chorissimo green“-Band der bislang schwierigste bei der Konzeption?
Das würde ich nicht sagen, weil wir durch die vorherigen Bände schon viel gelernt und viel Erfahrung hatten. In der Vergangenheit haben wir auch mal fünf Jahre an einem Chorbuch gearbeitet. Aber natürlich mussten wir jetzt bei der elementaren Musikpädagogik einige Besonderheiten beachten. So war es zum Beispiel auch extrem wichtig, eine Illustratorin zu haben, die ganz viel Verständnis für Musik hat. Kinder erschließen sich Lieder oft über Bilder.
Wie wählt man die Lieder für ein solches Chorbuch aus?
Natürlich gibt es Millionen von Liedern, die man hätte berücksichtigen können. Aber wir müssen uns auf eine gewisse Anzahl begrenzen, knapp 80 Lieder sind in dem Buch. Für die Auswahl spielen viele Kriterien eine Rolle. So sind in der Grundschule die Jahreszeiten ein wichtiges Thema, entsprechend finden sich unter anderem Lieder zur Advents- und Weihnachtszeit wieder. Aber auch Lieder für bestimmte Unterrichtsfächer sind enthalten. Uns ist wichtig, dass der Alltag singend begleitet wird, nicht nur eine halbe Stunde in der Woche. Außerdem haben wir auch internationale Lieder ausgewählt, damit die Kinder über Lieder in verschiedenen Sprachen ihr Weltbild entwickeln. Über Lieder kann auch der Spracherwerb (Englisch, Französisch, etc.) gefördert werden.
Wer bringt sich bei der Erstellung eines neuen Chorbuchs alles ein?
An einem solchen Projekt sind neben uns Herausgebern eine Menge fachkundiger Menschen beteiligt. Externe Hilfe kam unter anderem von Experten aus Potsdam, Mannheim oder Frankfurt, die pädagogische Erfahrung mit Kindern aus Ballungszentren haben oder beispielsweise Liedrepertoire aus anderen deutschen Regionen einbringen.
Haben Sie bereits Reaktionen zum neuen Chorbuch bekommen?
Der Start war gut. Wir haben positive Rückmeldungen direkt aus den Schulen, die uns sagen, dass sie ein solches Buch gut gebrauchen können. An der Akademie setzen wir das Buch als Grundarbeitsmaterial bei den Zertifizierungskursen ein, außerdem sind wir bundesweit bei allen möglichen Kongressen präsent. Unser Ziel ist es schon, mit „Chorissimo green“eine hohe Präsenz im gesamten Bundesgebiet zu erreichen, darüber hinaus auch im deutschsprachigen Ausland. Ob wir das erreichen, wissen wir aber erst in fünf bis zehn Jahren. Denn die Erfahrung zeigt, dass die Schulen nicht so schnell reagieren und es oft eine Weile dauert, bis die Bücher im Unterricht eingesetzt werden.