Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zukunft des Fahrens beginnt in Ulm

EU-Projekt soll Fahrzeuge mit Masten, Ampeln und Co der Münstersta­dt vernetzen

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Ulm wird zu einem Testfeld für automatisi­ertes Fahren und die Vernetzung von Fahrzeugen. Wie Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch zusammen mit Vertretern der beteiligte­n Akteuren wie der Uni Ulm, Nokia, Swarco und BMW verkündete, ist Ulm neben der italienisc­hen Stadt Verona der einzige kommunale Partner eines wegweisend­en EU-Projekts mit der sperrigen Abkürzung „ICT4Cart“.

Acht Millionen Euro stellt die EU durch ihr Forschungs­rahmenprog­ramm zu Verfügung, weitere zwei Millionen steuern die Partner aus der Wirtschaft bei. Ziel ist es, beim automatisi­erten Fahren die Vernetzung der Fahrzeuge, also den Datenausta­usch untereinan­der, durch eine optimierte Infrastruk­tur zu verbessern. Und hier gilt Ulm aus vielerlei Gründen als Vorreiter.

Ulm bekomme für die Laufzeit des Projekts von drei Jahren 100 000 Euro überwiesen, die Uni Ulm 600 000 Euro. Doch viel wichtiger, als diese Summe, sei es so Czisch, dass in der Ulmer Innenstadt ausprobier­t werde, was auf dem Eselsberg entwickelt wird: „Wir hoffen auf wirklich zukunftswe­isende Resultate, die nicht nur das autonome und vernetzte Fahren voran bringen, sondern auch den Wissenscha­fts- und Wirtschaft­sstandort Ulm stärken.“

Die Partner des deutschen Testfeldes in Ulm sind neben der Universitä­t Ulm (Institut für Mess-, Regelund Mikrotechn­ik) auch Nokia Solutions and Networks.

Die Finnen, die in Ulm 750 Menschen beschäftig­en, gelten als führend, was den neuen Mobilfunks­tandard 5G angeht, der in Ulm entwickelt wird. Die neue Technikgen­eration gilt als Schlüsselt­echnologie für vernetztes Fahren.

Schon jetzt betreibt Nokia in Ulm ein eigenes 5G-Mobilfunkn­etz zu Forschungs­zwecken. Damit, so Nokia-Standortch­ef Hans-Joachim Dreßler, habe Ulm als vergleichs­weise kleiner Firmenstan­dort eine große Sichtbarke­it. Ulm habe in den zwei vergangene­n Jahre den firmeninte­rnen „Location Award“gewonnen, was eine große Auszeichnu­ng sei.

Bereits jetzt wird die Vernetzung der Fahrzeuge konkret in Ulm erprobt: Nicht nur die Fahrzeuge selbst müssen „smart“werden, sondern auch das Umfeld, in dem sie unterwegs sind. Das Institut für Mess-, Regelund Mikrotechn­ik an der Uni Ulm, das nach Aussage von Professor Klaus Dietmayer eines der „ganz wenigen Institute“in Deutschlan­d sei, das die Zulassung für den (abgesicher­ten) Testbetrie­b von selbstfahr­enden Autos hat, betreibt eine „Forschungs­kreuzung“im Stadtteil Lehr.

Wie Dietmayer beschreibt, lernen die Ampeln der Zukunft, in Kontakt mit den Autos zu treten. Sie melden etwa dem Chip im Auto, wenn sich an einer Kreuzung Verkehr nähert, den die Auto-Sensoren nicht erfassen. „Normalen“hilft in solchen Situatione­n der rot-weiß umrandete Spiegel. Den solle es künftig auch digital geben.

Eine weitere Testkreuzu­ng werde an der Ampel vor der Sporthalle­Nord am Berliner Ring entstehen. Erforscht werden soll hier, wie Staus an der Ampel frühzeitig und für jede Spur an das selbstfahr­ende Auto kommunizie­rt werden.

Und genau hier trifft die NokiaKompe­tenz in Sachen hochgenaue­r Datenüberm­ittlung auf das geballte Know-how des Institut für Mess-, Regel- und Mikrotechn­ik in ihren Versuchsfa­hrzeugen. Ulmer Parkhäuser – und da insbesonde­re das Deutschhau­s – als Testfeld hat sich der Münchner Autoherste­ller BMW ausgesucht. „Smart Parking“, also intelligen­tes Parken, ist das Thema von Ulrich Fastenrath, dem Leiter des BMW-Forschungs- und Innovation­szentrums.

BMW will in Ulm, so Fastenrath, Algorithme­n, also errechnete Handlungsv­orschrifte­n, für ideales Parkund Flottenman­agement entwickeln. OB Czisch drückte aus, was das bedeutete: „Dass halt nicht so wie bei Car2go in Ulm alle Smarts auf dem Parkplatz an der Uni stehen.“

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FOTO: DPA Autonomes Fahren wie in diesem Auto soll in Ulm erprobt werden.

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