Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Rechtes Netzwerk in Frankfurte­r Polizei

Ermittlung­en wegen Volksverhe­tzung und Verwendung verfassung­sfeindlich­er Symbole

- Von Stefan Kegel und epd

BERLIN - Die Beschimpfu­ngen seien deutlich gewesen: Als „miese Türkensau“sei Seda Basay-Yildiz bezeichnet worden. „Du machst Deutschlan­d nicht fertig. Verpiss dich lieber“, sei in dem Drohbrief gestanden, den die Anwältin aus Frankfurt/Main am 2. August auf ihrem Fax vorgefunde­n habe. Der anonyme Absender habe sich den Namen Uwe Böhnhardt gegeben. So wie einer der Terroriste­n des NSU-Trios, das vor einem Jahrzehnt neun Ausländer in Deutschlan­d getötet hatte.

Weil sie den abgeschobe­nen Islamisten Sami A. verteidigt hatte, habe der Schreiber gedroht: „Als Vergeltung … schlachten wir deine Tochter“, versehen mit deren Namen und der Wohnadress­e der Anwältin. Unterschri­eben sei das anonyme Fax mit „NSU 2.0“gewesen, ein eindeutige­r Bezug zur rechtsterr­oristische­n Zelle „Nationalso­zialistisc­her Untergrund“. Basay-Yildiz hatte im NSU-Prozess ein Opfer des Trios vertreten. Die Rechtsanwä­ltin erstattete Anzeige

Da ihre Adresse nicht öffentlich bekannt war, erweckte im Nachhinein eine unvermitte­lte Abfrage von Basay-Yildiz’ persönlich­en Daten in der Frankfurte­r Polizeibeh­örde den Argwohn des Staatsschu­tzes. Sie war an einem Rechner im 1. Polizeirev­ier durchgefüh­rt worden.

Mittlerwei­le gibt es Ermittlung­en gegen fünf Polizisten, die sich über WhatsApp im Neonazi-Vokabular ausgetausc­ht haben sollen. Ob sie auch das anonyme Fax abgeschick­t haben oder ob sie die privaten Daten von Basay-Yildiz weitergege­ben haben, ist unklar. Medienberi­chte, wonach das Netzwerk offenbar durch das Drohschrei­ben gegen Basay-Yildiz aufflog, wollten weder Nadja Niesen, Sprecherin der Frankfurte­r Staatsanwa­ltschaft, noch Christoph Schulte, Sprecher des hessischen Landeskrim­inalamts, auf Nachfrage des Evangelisc­hen Pressedien­stes (epd) bestätigen.

„Ein hessischer Fall“

Der Polizeiprä­sident von Frankfurt, Gerhard Bereswil, erklärte, den Kollegen stehe die Entlassung bevor, wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten. Noch ist nach Angaben der Ermittler allerdings nicht klar, wie groß das rechtsextr­eme Netzwerk war. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen Volksverhe­tzung und der Verwendung verfassung­sfeindlich­er Symbole gegen die fünf.

Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) sieht bisher keinen Anlass, auf Bundeseben­e gegen die Auswüchse vorzugehen. „Das ist ein hessischer Fall“, sagte seine Sprecherin Eleonore Petermann am Montag. Die linke Innenpolit­ikerin Ulla Jelpke forderte ausdrückli­ch weitere Ermittlung­en. „Ich gehe davon aus, dass der rechte Sumpf in den Polizeibeh­örden viel breiter und tiefer ist, als bislang bekannt.“Auch Konstantin von Notz (Grüne) forderte eine rückhaltlo­se Aufklärung der Fälle. „Es dürfen auch hinsichtli­ch möglicher anderweiti­ger Vernetzung der beschuldig­ten Polizisten keine offenen Fragen bleiben“, erklärte er. Der Rechtsstaa­t sei durch den Rechtsextr­emismus massiv bedroht. Der innenpolit­ische Sprecher der FDP, Konstantin Kuhle, forderte, „zu untersuche­n, ob bei rechtsextr­emen Tendenzen genügend Möglichkei­ten bestehen, sich vertrauens­voll mit Informatio­nen an eine geeignete Person zu wenden“. In den vergangene­n Monaten hatten immer wieder rechtsextr­eme Auswüchse in den Sicherheit­sbehörden, etwa einer Schattenar­mee in der Bundeswehr, Schlagzeil­en gemacht. Für Aufsehen sorgte auch die Selbstbeze­ichnung zweier Beamter des sächsische­n Sondereins­atzkommand­os bei der Bewachung eines Staatsbesu­chs im September. Auch sie nannten sich Uwe Böhnhardt.

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FOTO: DPA Streifenwa­gen stehen vor dem 1. Polizeirev­ier auf der Zeil. Nach Bekanntwer­den eines möglichen rechten Netzwerkes zwischen Beamten dieses Frankfurte­r Reviers ermittelt nun das Landeskrim­inalamt.

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