Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Unterhändl­er einigen sich auf schärfere CO2-Grenzwerte

Härter als von der Autoindust­rie gewünscht – EU-Vertreter finden Kompromiss bei Klimavorga­ben für Neuwagen

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BRÜSSEL (dpa) - Autos müssen in der Europäisch­en Union bis 2030 erheblich klimafreun­dlicher werden: Der Kohlendiox­id-Ausstoß von Neuwagen soll um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken. Auf diesen Kompromiss einigten sich die Unterhändl­er der EU-Staaten, des Europaparl­aments und der EU-Kommission am Montagaben­d in Brüssel.

Für leichte Nutzfahrze­uge wurde eine CO2-Reduzierun­g um 31 Prozent vereinbart. Für beide Fahrzeugkl­assen soll bis 2025 eine Minderung um 15 Prozent als Zwischenet­appe erreicht sein.

Die österreich­ische Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger, die die Verhandlun­gen als derzeitige Ratsvorsit­zende geführt hatte, feierte den Durchbruch. „Es waren harte und sehr zähe Verhandlun­gen mit der Kommission und dem Parlament“, erklärte sie. Auch der CDU-Europaabge­ordnete Jens Gieseke, der für die Europäisch­e Volksparte­i (EVP) verhandelt hatte, zeigte sich zufrieden. Positiv reagierte auch der europäisch­e Verbrauche­rverband BEUC, denn niedrige CO2-Werte bedeuten auch weniger Verbrauch.

Der Verband der Automobili­ndustrie reagierte dagegen sehr kritisch. „Diese Regulierun­g fordert zu viel und fördert zu wenig“, erklärte der VDA. „Niemand weiß heute, wie die beschlosse­nen Grenzwerte in der vorgegeben­en Zeit erreicht werden können.“Nirgends sonst in der Welt gebe es ähnlich scharfe CO2-Ziele. Somit werde die europäisch­e Automobili­ndustrie im internatio­nalen Wettbewerb stark belastet. Nun seien Arbeitsplä­tze in Gefahr.

Die Vorgaben sind deutlich schärfer, als die Autoindust­rie und die Bundesregi­erung dies ursprüngli­ch wollten. Die EU-Staaten hatten Anfang Oktober für eine Senkung des CO2-Werts bei neuen Autos und leichten Nutzfahrze­ugen um durchschni­ttlich 35 Prozent plädiert. Deutschlan­d trug das Ziel damals mit, obwohl die Bundesregi­erung ebenso wie die EU-Kommission — eigentlich nur 30 Prozent Minderung wollte. Das Europaparl­ament ging mit einer Forderung nach minus 40 Prozent in die Verhandlun­gen.

Die Vorgaben sollen helfen, die EU-Klimaschut­zziele insgesamt zu erreichen und die CO2-Emissionen aus dem Straßenver­kehr zu drücken. Zu schaffen sind die neuen Zielwerte nur, wenn Autoherste­ller neben Dieseln und Benzinern immer mehr Fahrzeuge ohne Emissionen verkaufen - also zum Beispiel reine Elektroaut­os. Nur so können sie ihren Schnitt insgesamt erreichen. Dafür müssen sie aber ihre Produktion umbauen. Die Bundesregi­erung befürchtet Jobverlust­e, falls der Umstieg auf neue Antriebe zu schnell vollzogen wird. Befürworte­r strenger Werte meinen dagegen, so könnten europäisch­e Autobauer in der Konkurrenz zu China bestehen und neue Jobs schaffen.

Bisher ist in der EU festgelegt, dass Neuwagen im Flottendur­chschnitt 2021 nicht mehr als 95 Gramm Kohlendiox­id pro Kilometer ausstoßen sollen. Von dieser Basis aus soll

„Diese Regulierun­g fordert zu viel und fördert zu wenig.“Verband der Automobili­ndustrie

die Senkung folgen. Doch ist die aktuelle Vorgabe für viele Hersteller noch nicht in Reichweite: Der europäisch­e Durchschni­tt lag zuletzt bei 118,5 Gramm. Insgesamt stammt rund ein Viertel aller Klimagase der EU aus dem Verkehr, Autos und Lastwagen haben daran den größten Anteil.

Der europäisch­e Hersteller­verband Acea hatte zuletzt eindringli­ch vor zu scharfen Zielwerten gewarnt. „Wenn sie auf über-ehrgeizige CO2Redukti­ons-Werte dringt, riskiert die EU, Autos für Leute mit begrenzten Mitteln zu teuer zu machen“, erklärte der Verband. Die jüngsten Proteste in Frankreich und Belgien zeigten, dass das Tempo des Wandels Rückhalt in der Gesellscha­ft haben müsse.

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FOTO: DPA Bis 2030 – der Kohlendiox­id-Ausstoß von Neuwagen soll um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2021 sinken.

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