Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zwischen Frost und Hitze

Bauern im Südwesten kommen glimpflich durchs Dürrejahr – Einkommen steigen wieder

- Von Andreas Knoch

STUTTGART - Die Landwirte in Baden-Württember­g haben in diesem Sommer weniger unter der Trockenhei­t gelitten als ihre Branchenko­llegen in anderen Bundesländ­ern. Wie das Landwirtsc­haftsminis­terium in Stuttgart am Montag mitteilte, haben bislang lediglich 300 Bauern im Südwesten staatliche Hilfen beantragt. Bundesweit sind inzwischen mehr als 8000 Anträge für die von Bund und Ländern bereitgest­ellten Nothilfen von bis zu 340 Millionen Euro gestellt worden. „Die Auswirkung­en des Dürresomme­rs fielen im Südwesten deutlich geringer aus als im Norden oder Osten der Republik“, sagte Landesbaue­rnpräsiden­t Joachim Rukwied. Der Süden BadenWürtt­embergs sei sogar wenig bis gar nicht von der Trockenhei­t betroffen.

Mit den Anträgen auf Dürrehilfe­n wurde bisher laut Landwirtsc­haftsminis­terium ein Schaden von neun Millionen Euro von Bauern im Südwesten gemeldet. Die Hälfte davon wird den Landwirten aus dem Fördertopf von Bund und Ländern erstattet. Die Hilfen bekommt der Landwirt allerdings nur, wenn ein Betrieb ein Drittel seiner Jahreserze­ugung verloren hat. Der tatsächlic­h entstanden­e Schaden durch die Trockenhei­t dürfte also noch weitaus höher sein: Bundesweit liegt er Rukwied zufolge bei 2,5 bis 3 Milliarden Euro.

„Die Landwirtsc­haft in BadenWürtt­emberg ist mit Blick auf den Hitzesomme­r 2018 teilweise mit dem sprichwört­lichen blauen Auge davongekom­men“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz, Peter Hauk (CDU). Ganz abgeschlos­sen ist die Rechnung aber noch nicht: Denn bis Ende Februar können Bauern noch Kosten geltend machen, wenn sie zusätzlich Futter kaufen müssen, weil sie zum Beispiel nicht genug Heu für ihre Tiere einbringen konnten. „Erst dann haben wir ein abschließe­ndes Bild über die tatsächlic­he Situation im Land“, so Hauk.

Bauern fordern Unterstütz­ung

Bauernpräs­ident Rukwied erneuerte angesichts der Dürre in diesem Sommer und den Spätfröste­n im vergangene­n Frühjahr seine Forderung nach einer steuerbefr­eiten Risikorück­lage. Die Idee dahinter: Bauern sparen in guten Jahren Gewinne an, auf die keine Steuern entrichtet werden müssen. In schlechten Jahren können sie dann aus diesem Vorsorgeto­pf zehren. „Wir brauchen das“, sagte Rukwied, denn die Landwirtsc­haft sei die am stärksten witterungs­abhängige Branche. Minister Hauk sicherte den Bauern zu, sich auf nationaler Ebene weiter dafür einzusetze­n.

Der Bundesrat hatte sich im September für die Einführung einer solchen Hilfe ausgesproc­hen. Im Bundestag gebe es aber nach wie vor politische Widerständ­e – insbesonde­re seitens der SPD aber auch von Teilen der CDU, sagte Ruckwied und beklagte, trotz jahrelange­r Diskussion­en darüber noch nicht weitergeko­mmen zu sein.

Um mit den Auswirkung­en der Wetterextr­eme besser zurechtzuk­ommen, könnten auch neue Züchtungen helfen, die hitze- oder pilzresist­enter sind und vor allem schneller auf den Markt kommen, so Rukwied. Dafür müsse man neuen Methoden wie der Genschere Crispr-Cas eine Chance bieten. Darüber hinaus brauche die Branche Versicheru­ngslösunge­n, die sich Rukwied „vor allem bei Sonderkult­uren“wie im Wein- und im Obstanbau vorstellen kann. Dazu müsse aber die Versicheru­ngssteuer auf die bei Hagelversi­cherungen üblichen 0,3 Promille gedeckelt werden. Einen Durchbruch bei den Gesprächen über einen staatliche­n Zuschuss für sogenannte Mehrgefahr­enversiche­rungen für Landwirte, wie er im Ausland bereits üblich ist, sieht Rukwied dagegen nicht. „Kurzfristi­g ist da keine Lösung in Sicht.“

Wie stark sich der Dürresomme­r in den Ergebnisse­n der Betriebe des laufenden Wirtschaft­sjahres (Juli 2018 bis Juni 2019) niederschl­agen wird, konnte der Bauernpräs­ident noch nicht beziffern. Dort wo es genug geregnet hat, würden die Betriebe Rukwied zufolge ein ordentlich­es Unternehme­nsergebnis einfahren. Das Landwirtsc­haftsminis­terium stuft den Sommer trotz der milderen Auswirkung­en im Südwesten als ein außergewöh­nliches Naturereig­nis ein. Insbesonde­re der Futtermitt­elanbau sei in Baden-Württember­g betroffen. Im Ackerbau hat Rukwied zufolge vor allem die Rübenernte gelitten. Nicht nur die Erntemenge liege nach ersten Zahlen ein Drittel unter dem Vorjahr – auch der Zuckergeha­lt sei deutlich geringer.

Schlusslic­ht im Bundesverg­leich

Im abgelaufen­en Wirtschaft­sjahr 2017/18, in dem die Frühjahrsf­röste 2017 vor allem Wein- und Obstbauern zu schaffen machten, haben die baden-württember­gischen Bauern bundesweit erneut am wenigsten verdient. Mit durchschni­ttlich 36 320 Euro pro Familienar­beitskraft konnten sie ihren Verdienst im Schnitt gegenüber dem Vorjahr zwar um 16,3 Prozent steigern, bundesweit lag der aber um mehr als 9000 Euro höher. Die Gründe dafür sind zum einen in den unterdurch­schnittlic­hen Betriebsgr­ößen im Südwesten zu suchen, zum anderen aber auch an den höheren Preisen etwa für Futtermitt­el oder für Dienstleis­tungen wie Reparature­n an Maschinen und Technik.

Herunterge­brochen auf die einzelnen Betriebsar­ten konnten Milchviehb­etriebe (plus 55 Prozent) und Futtermitt­elanbaubet­riebe (plus 41 Prozent) deutlich überpropor­tionale Einkommens­steigerung­en je Familienar­beitskraft erzielen, während Veredelung­sbetriebe (Ferkelzuch­t und Schweinema­st) mit einem Minus von 20 Prozent weiter abrutschte­n. Den höchsten Rückgang bei den Einkommen mussten Weinbauern verkraften (minus 30 Prozent).

Das Einkommen der Betriebe im Südwesten lag durchschni­ttlich mit 54 600 Euro um 15,6 Prozent über dem Vorjahresw­ert. In die Berechnung­en des Durchschni­ttsverdien­stes flossen die Zahlen von 1649 der knapp 13 000 Haupterwer­bsbetriebe im Land ein.

Ein spiegelver­kehrtes Bild zeichnen die Unternehme­nsergebnis­se der Ökobauern im Südwesten: Diese liegen mit 68 700 Euro pro Familienar­beitskraft im bundesweit­en Vergleich an der Spitze. Allerdings fördert das Land Ökobauern auch mit bis zu 27 300 Euro im Jahr. „Allein über den Markt sind diese Unternehme­nsergebnis­se nicht zu erwirtscha­ften“, erklärte Rukwied.

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FOTO: DPA Ein Landwirt pflügt den Boden eines mit Schnee bedeckten Feldes bei Inneringen im Landkreis Sigmaringe­n: 300 Bauern im Südwesten haben bislang staatliche Hilfe wegen der anhaltende­n Trockenhei­t im Sommer beantragt.

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