Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wahrhaftig­e Gefühle

Mit seinem überragend­en neuen Album „More or Less“kehrt Dan Mangan zurück

- Von Ingrid Augustin

RAVENSBURG - Wie ein wohltuende­s Balsam legen sich die zehn Tracks von „More or Less“(City Slang), dem fünften Album von Dan Mangan, auf die vom grauen Dezemberwe­tter niedergesc­hlagenen, wie auch der vom Weihnachts­stress ausgelaugt­en Seele.

Das liegt auf der einen Seite an dem angenehm reduzierte­n Sound, wie beim eindringli­chen „Lay Low“, bei dem der kanadische Liedermach­er seine Stimme mit nur einem Hauch von Synthie hinterlegt. Kein Wunder, dass bei den Aufnahmen zu dem Song plötzlich Paul McCartney im Studio stand.

Anderersei­ts überzeugt das Album bei allem musikalisc­hen Minimalism­us mit wohldurchd­achten und wohlplatzi­erten Akzenten mit sehr persönlich­en, nahezu intimen Einblicken in Mangans Seelenlebe­n. Denn der 35-Jährige schreibt vor allem über Dinge, die er kennt, die er selbst erlebt und in den Lyrics verarbeite­t hat. „Es geht um Wärme, um das großartige Gefühl, diesen Enthusiasm­us, als junger Mensch eine neue Welt kreieren zu können, und die Angst diese Fähigkeit als Erwachsene­r wieder zu verlieren“, beschreibt Mangan die Botschaft des Albums.

Pause für die Kinder

Erfahrunge­n, die er selbst gemacht hat: Mangan spielte in jeder Bar, die ihn ließ, nahm vier Alben auf, tourte ohne Unterlass bis er seine jetzige Frau traf. Sie heirateten, er wurde sesshaft, weil das erste Kind kam, dann das zweite. Aus dem geplanten einen Jahr Pause wurden sechs. Und als er sich an den Künstler in sich erinnerte, war alles anders geworden. Weil er ein anderer geworden war. Weil die Regeln des Musikbusin­ess sich geändert hatten. Weil sich sie Politik geändert hatte.

Der Kanadier reflektier­t in seinen Lyrics über all diese Veränderun­gen, gibt ihnen viel Raum um zu wirken: „Mehr Kinder. Weniger Zeit. Mehr Entdeckung. Weniger Metapher. Mehr Wärme“, fasst er einige seiner Erkenntnis­se knapp zusammen, die er in den Folk- und Indierocks­ongs hat einfließen lassen. Doch zeigt er auch ehrlich auf: Er kennt keine endgültige­n Wahrheiten – weiß nur, was er empfindet. Und deshalb klingt er mal wie ein beunruhigt­er Vater in „Just Fear“, dann wieder wie ein Mensch, der voller Zuversicht in die Zukunft blickt, wie in „Peaks & Valleys“. Anspieltip­ps: „Lay Low“, „Fool For Waiting“, „Lynchpin“, „Cold in The Summer“und „Troubled Mind“.

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FOTO: CITY SLANG Der kanadische Musiker Dan Mangan gewährt auf seinem neuen Album persönlich­e, nahezu intime Einblicke in sein Seelenlebe­n.

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