Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Elektroaut­os nicht zwingend sauberer

Der lokale Strommix ist ein entscheide­nder Klima- und Umweltfakt­or

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RAVENSBURG (mws) - Wer den Dieselantr­ieb als Umweltsünd­er und den Elektroant­rieb als die saubere Alternativ­e dazu bezeichnet, greift zu kurz. Die Faktenlage ist etwas komplexer, denn der Diesel hat, besonders in der neusten Ausbaustuf­e, einige Vorteile.

So verbraucht ein Dieselmoto­r weniger Treibstoff als ein Benzinmoto­r, weil die Energieaus­beute höher ist. Daraus resultiere­n höhere Reichweite­n und ein vergleichs­weise geringerer Ausstoß des Treibhausg­ases Kohlenstof­fdioxid (CO2) bei hohen Laufleistu­ngen. Mit der neuesten Technik ist auch der Ausstoß von Partikeln (Feinstaub) und Stickoxide­n (NOx), die zur Luftversch­mutzung beitragen, reduziert. Doch die neusten Dieselmoto­ren sind entspreche­nd teuer und nicht überall sinnvoll einsetzbar. Der Trend in Deutschlan­d zu mehr, größeren und leistungss­tärkeren Autos – besonders Geländewag­en – im Stadtverke­hr macht die Vorteile eines Dieselantr­iebs zunichte.

Hohe Kosten, geringe Reichweite

Der Umstieg auf entspreche­nde Benzinmoto­ren allerdings würde das Problem verschärfe­n. Bleibt der Elektromot­or als Alternativ­e. Lässt man vergleichs­weise hohe Anschaffun­gskosten, geringe und temperatur­abhängige Reichweite­n, eine weiter ausbaubedü­rftige Ladeinfras­truktur und das ungelöste Problem der Entsorgung der Batterien sowie die umstritten­e Gewinnung der entspreche­nden Rohstoffe außen vor, bleibt der Strom zum Laden als ein großer Umweltund Klimafakto­r.

Nach einer Analyse der Umweltverb­unds ICCT, dessen Untersuchu­ngen Ausgangspu­nkt für den Dieselskan­dal in den USA gewesen sind, sparen Elektroaut­os im Vergleich zum Diesel in Europa auf den ersten 150 000 Kilometern zwischen 28 bis 72 Prozent CO2 ein. Entscheide­nd ist der lokale Strommix. Gerade in Deutschlan­d ist der Anteil an Kohlestrom im Vergleich zu anderen Ländern hoch.

Für 2017 hat das Fraunhofer­institut berechnet, dass der Anteil am Nettostrom – also das, was aus der Steckdose kommt – zu 24,3 Prozent aus Braunkohle, zu 14,8 Prozent aus Steinkohle und zu 8,9 Prozent aus Gasenergie stammt. Das ist mehr als der gesamte Anteil an erneuerbar­en Energien von 38,2 Prozent.

Eine weitere Studie (Stephen Holland, 2016) kommt zu dem Schluss, dass die stark subvention­ierten Elektroaut­os in den USA im Schnitt kaum einen Beitrag zur CO 2-Einsparung leisten. In Regionen mit einem hohen Anteil an klimaschäd­lichen Kohlekraft­werken weisen sie sogar eine negative Bilanz auf.

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