Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Umstrittene E-Zigarette Juul kommt nach Deutschland
In USA extrem erfolgreich – Nikotinhaltig und suchterregend – Minderjährige gefährdet
WASHINGTON/HAMBURG (dpa) Die unscheinbare E-Zigarette mit dem Namen Juul sieht aus wie ein zu langer USB-Stick und ist für Nathan Behr nicht mehr aus seinem Leben wegzudenken. Seit sein Mitbewohner ihm vor etwa einem Jahr ein Starter-Kit mit vier Geschmacksrichtungen schenkte, verzichtet der 20-Jährige, der gerade in Washington studiert, auf herkömmliche Tabak-Zigaretten. Heute „juult“er – so wie viele seiner Kommilitonen und Millionen anderer Amerikaner.
Die US-Gesundheitsbehörde FDA schlägt Alarm – insbesondere auch wegen der vielen Schüler, die an Juul ziehen. Und ab Mittwoch, wird die stark nikotinhaltige und daher sehr suchterregende E-Zigarette auch in Deutschland erhältlich sein.
„Juul“und „juulen“sind Ausdrücke, die an Universitäten und HighSchools in den USA mittlerweile fast jeder kennt. Die E-Zigarette, die seit etwa drei Jahren in Geschmacksrichtungen wie Mint, Mango oder Tabak auf dem amerikanischen Markt erhältlich ist, hat sich rasend schnell in den USA verbreitet.
Juul besteht wie andere E-Zigaretten aus einer Batterie, einem Erhitzer und einer kleinen Kapsel mit Flüssigkeit. Aufgeladen wird sie über einen USB-Anschluss. Manche bezeichnen sie als das iPhone unter den E-Zigaretten. Sie ist stylisch, stark – und umstritten.
In Deutschland soll Juul zunächst in 1000 Tabak- und Spezialshops verkauft werden. Die E-Zigarette soll hierzulande aber weniger Nikotin enthalten, als in den USA üblich. Der Geschäftsführer von Juul Labs Deutschland, Markus Kramer, teilte mit: „Juul sollte weder von Kindern oder Jugendlichen noch von (erwachsenen) Nicht-Rauchern genutzt werden.“Dennoch greifen in den USA nach einer neuen Studie der US-Gesundheitsbehörde auch zahlreiche Minderjährige zur E-Zigarette. Für viele dürfte es der erste Kontakt mit dem Suchtmittel Nikotin sein.
Selbst der Geschäftsführer des US-Unternehmens Juul Labs, Kevin Burns, räumt ein „unbeabsichtigtes und ernstes Problem“ein: „Die Nutzung von E-Zigaretten, inklusive Juul, bei Minderjährigen.“
Juul-Raucher Behr sagt: „Weil es einfach so lecker schmeckt, will man es die ganze Zeit.“Mango sei immer seine Lieblings-Geschmacksrichtung gewesen, inzwischen kaufe er aber andere Varianten, erzählt der Student. Er habe beinahe durchgehend an seiner Juul gezogen, das habe ihm nicht gutgetan. Wenn er Mango zu Hause gehabt habe, habe er eine ganze Kapsel am Tag geraucht.
Die verkaufsüblichen Juul-Kapseln in den USA enthalten 59 Milligramm Nikotin pro Milliliter. Das entspricht einer Nikotin-Konzentration von fünf Prozent und ist selbst für erfahrene Raucher extrem viel. Erst seit einigen Monaten sind in den USA auch Kapseln mit geringeren Dosierungen erhältlich. In EU-Mitgliedstaaten dürfen E-Liquids maximal 20 Milligramm Nikotin pro Milliliter (1,7 Prozent) enthalten. Das werde auch bei den Produkten, die auf den deutschen Markt kommen, der Fall sein, bestätigt Kramer. Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum hat in jedem Fall große Bedenken. „Auch wenn E-Zigaretten deutlich weniger Schadstoffe enthalten als herkömmliche Zigaretten, sind sie gesundheitlich bedenklich und besitzen ein Abhängigkeitspotenzial – letzteres gilt insbesondere für Juul, die selbst bei Einhalten der gesetzlichen Vorgaben mit 20 Milligramm pro Milliliter sehr viel Nikotin enthält.“Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), sagte: „Der Fall Juul zeigt, dass man den E-Zigarettenmarkt nicht sich selbst überlassen kann. Wir müssen uns genau anschauen, ob die aktuelle Obergrenze beim Nikotin so in Ordnung ist.“
Alarmierende Zahlen
Die US-Gesundheitsbehörde FDA veröffentlichte Alarmierendes zur Nutzung von E-Zigaretten unter Schülern in den USA. Die Zahl der US-Konsumenten in der Mittel- und Oberstufe sei innerhalb eines Jahres um 1,5 Millionen angestiegen, hieß es in einer Studie. Mehr als 3,6 Millionen Schüler hätten angegeben, in den vergangenen dreißig Tagen eine E-Zigarette geraucht zu haben. Die Studie macht dafür vor allem Anbieter verantwortlich, die besonders fruchtige oder süße Geschmacksrichtungen in Kombination mit hohem Nikotin-Gehalt anbieten.