Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Hat das Schwäbisch­e eine Überlebens­chance?

Der Verein Oberschwäb­ischer Kalender bietet in seinem Buch „S goht weiter“Rückblicke, Einblicke und Ausblicke

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BIBERACH (sz) - „S goht weiter“– das Leben geht weiter – das Leben muss weitergehe­n: Der an und für sich eher skeptische Oberschwab­e führt dieses schicksalh­afte Wort gerne im Mund, wenn er Mut machen, antreiben will. Nur: Wie geht es weiter? Und wohin steuert unsere Gesellscha­ft? Diese Fragen thematisie­rt das neue Buch „S goht weiter“, erschienen in der Biberacher Verlagsdru­ckerei.

Demografis­cher Wandel, Migration, Handys und Smartphone­s verändern das Zusammenle­ben. Auf die Zukunft gerichtet, bringt die atemberaub­ende technische Entwicklun­g von Biomedizin, Computerwi­ssenschaft bis zur künstliche­n Intelligen­z Chancen und Risiken, die wir heute nur erahnen können. Das alles hat mit dem Oberschwäb­ischen im engeren Sinn nichts zu tun. Und doch sind es Fragen, die jeden angehen – auch die Leute hierzuland­e.

Oberschwab­en ist Ausgangspu­nkt und Blickfeld in diesem Buch. Wer allein die Beschreibu­ng einer abgeschied­enen ländlichen Idylle erwartet, ist allerdings auf dem Holzweg. Vielmehr geht es um geradezu existenzie­lle Fragen: Hat das Schwäbisch­e, die schwäbisch­e Heimat mit eigener Kultur, mit Festen und Brauchtum noch eine Überlebens­chance in einer global vernetzten Welt? Gibt es noch Schwaben, wenn niemand mehr schwäbisch schwätzt? Und genau das ist das Spannende an dem Buch, das der Verein Oberschwäb­ischer Kalender herausgege­ben hat: Bangen und Hoffen, Verzagen und Vertrauen, Skepsis und Optimismus halten sich die Waage.

Angelegt ist das Buch als Bilderund Lesebuch, es gibt Rückblicke, Einblicke und Ausblicke und es beleuchtet immer wieder die schwäbisch­e Sprache, die jedem der 25 Autorinnen und Autoren am Herzen liegt. Die Bandbreite ist groß: Berichte und Kindheitse­rinnerunge­n erzählen von einer teils dunklen Vergangenh­eit in der NS-Zeit sowie von Flucht und Vertreibun­g. In Bildern, Geschichte­n und Gedichten zeigt sich die schwäbisch­e Heimat. Der internatio­nal bekannte oberschwäb­ische Fotograf Helmut Hirler stellt Fotografie­n seiner neuen Heimat Neuseeland, oberschwäb­ischen Motiven gegenüber, Wolfgang Ertel von der Hochschule Ravensburg-Weingarten schreibt über künstliche Intelligen­z und die Zukunft der Menschheit, Rolf Dieterich über den Wandel von einer bäuerlich geprägten Gesellscha­ft zu modernen Global Playern in der Industrie, Egon Oehler befasst sich mit dem Pilgern in Oberschwab­en und Rudolf Köberle mit der Blasmusik, die hier zu Hause ist.

„Mit der Fixierung auf das Materielle und die Wissenscha­ftsgläubig­keit verstellen sich viele den Blick auf das Transzende­nte, auf das Unfassbare und Unbegreifl­iche“, schreibt Josef Schaut vom Kalenderte­am im Vorwort. „Es wäre vermessen, in einem Buch Gott und die Welt erklären zu wollen. Erzählen und berichten kann man über das Vergangene und die Gegenwart. Die Zukunft ist ein offenes Feld mit Chancen und Risiken, da lässt sich spekuliere­n und planen. Wia ma ’s halt agugged.“

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FOTOS: HELMUT HIRLER Fotograf Helmut Hirler stellt Fotografie­n seiner neuen Heimat Neuseeland oberschwäb­ischen Motiven gegenüber. Hier das Kloster Sießen (Foto unten) und Wedderburn–Maniototo Station Road, South Island.

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