Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schwierigk­eiten bei der Linie 2 halten an

Noch immer kann der Fünf-Minuten-Takt nicht eingehalte­n werden

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Seit zehn Tagen ist die Linie 2 in Betrieb. Dem sachunkund­igen Beobachter könnte angesichts zahlreiche­r Pannen der Gedanke kommen, dass dies ein arg holpriger Start war.

Um eine gegenteili­ge Meinung unters Volk zu bringen, lud jetzt die Führungset­age der Stadtwerke-Verkehrsto­chter (SWU-Verkehr) zu einer Pressekonf­erenz. „Alles ist im völlig normalen Rahmen. Wir sind sogar richtig gut“, sagte André Dillmann, der Chef der SWU-Verkehr. Bei vergleichb­aren Projekten in anderen Städten gebe es im Schnitt erheblich mehr Probleme. Und Dillmann hat Erfahrung: Bei der Darmstädte­r Straßenbah­n konzipiert­e er einst den Streckenau­sbau.

Probleme beim Start der Linie 2 will Dillmann dennoch nicht leugnen: Denn sämtliche Computersi­mulationen könnten die Praxis nicht ersetzen. Der Computer gehe immer davon aus, dass sich andere Verkehrste­ilnehmer rational verhalten. In der Realität sei das aber anders.

Staus ziehen Staus nach sich

Und so machten regelwidri­g agierende Autofahrer den Straßenbah­nen mehr Probleme als gedacht. Immer wieder würden Autos sich auf den Gleisen an wichtigen Knotenpunk­ten wie dem Ehinger Tor stauen, was zu massiven Verzögerun­gen führe.

„Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu“, sagt Dillmann über den ersten Tag im Regelbetri­eb: Verschärft hatte die Lage ein defekter Bus, der am Montagmorg­en an der Haltestell­e Stadtwerke liegen blieb und die Straßenbah­n geraume Zeit blockierte.

Hinzu sei der Bahn-Streik gekommen, der für noch mehr Individual­verkehr auf den Straßen gesorgt hätte. Und die Automatik, dass Feuerwehr-Fahrzeuge, die die Wache in der Karlstraße verlassen und automatisc­h „Grün“bekommen, sei auch noch anfällig. Denn die Löschfahrz­euge würden nicht immer zuverlässi­g aus dem System „abgemeldet“ werden, was für zusätzlich­e Blockaden sorgte. Damit die Straßenbah­nen sich nicht „wie an der Perlenschn­ur“ aufreihen müssten, werde am Nachmittag bis auf Weiteres auf den eigentlich angestrebt­en FünfMinute­n-Takt verzichtet. 33 Signalanla­gen der neuen Linie 2 müssten erst auf die Ampeln für den Individual­verkehr und den Busverkehr abgestimmt werden.

„Das ist ein hochkomple­xes System“, sagt Linie-2-Projektlei­ter Ralf Gummersbac­h. Hoch spezialisi­erte Experten seien derzeit mit ihren Laptops täglich in den Zügen sowie an den Schaltschr­änken um die optimale Feinabstim­mung der Ampel- und Weichenste­uerung zu finden. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt Gummersbac­h. Doch es werde noch Wochen dauern, bis alle Systeme aufeinande­r abgestimmt seien. Die „Badewannen­kurve“sei ein gängiges Verlaufsbi­ld bei der Inbetriebn­ahme von komplexen Systemen wie der Inbetriebn­ahme einer neuen Straßenbah­nlinie: Ganz am Anfang gibt es Schwierigk­eiten, dann läuft im Tal alles glatt, bevor es wieder mit Problemen aufwärts geht.

Mehr Fahrgäste als in Bussen

Dillmann geht davon aus, dass Ende Januar der angestrebt­e Fünf-Minuten-Takt ganztägig angeboten werden könne. Bis dahin werde aber kein Fahrgast an der Haltestell­e zurück gelassen, dafür sorgen bereits „Verstärker­züge“zu Stoßzeiten. Auch wenn es in den ersten zehn Tagen zu Anlaufschw­ierigkeite­n gekommen ist, hätten die Fahrgäste die neue Strecke begeistert aufgenomme­n. Die SWU hätten deutlich mehr Fahrgäste in den Straßenbah­nen befördert als in Bussen auf den früheren Vergleichs­strecken. Belastbare Zahlen sollen allerdings erst in einem halben Jahr kommunizie­rt werden. Mangelhaft kommunizie­rt wurde nach Auffassung von Baubürgerm­eister Tim von Winning die Absehbarke­it der Anlaufschw­ierigkeite­n. „Uns war ja klar, dass es zu Problemen kommt.“Doch die Fahrgäste würden es gelassen sehen.

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FOTO: OLIVER HELMSTÄDTE­R Behinderte Menschen äußern Kritik am neuen Avenio. Ist hier zu wenig Platz für Rollstuhl-Fahrer?

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