Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schwierigkeiten bei der Linie 2 halten an
Noch immer kann der Fünf-Minuten-Takt nicht eingehalten werden
ULM - Seit zehn Tagen ist die Linie 2 in Betrieb. Dem sachunkundigen Beobachter könnte angesichts zahlreicher Pannen der Gedanke kommen, dass dies ein arg holpriger Start war.
Um eine gegenteilige Meinung unters Volk zu bringen, lud jetzt die Führungsetage der Stadtwerke-Verkehrstochter (SWU-Verkehr) zu einer Pressekonferenz. „Alles ist im völlig normalen Rahmen. Wir sind sogar richtig gut“, sagte André Dillmann, der Chef der SWU-Verkehr. Bei vergleichbaren Projekten in anderen Städten gebe es im Schnitt erheblich mehr Probleme. Und Dillmann hat Erfahrung: Bei der Darmstädter Straßenbahn konzipierte er einst den Streckenausbau.
Probleme beim Start der Linie 2 will Dillmann dennoch nicht leugnen: Denn sämtliche Computersimulationen könnten die Praxis nicht ersetzen. Der Computer gehe immer davon aus, dass sich andere Verkehrsteilnehmer rational verhalten. In der Realität sei das aber anders.
Staus ziehen Staus nach sich
Und so machten regelwidrig agierende Autofahrer den Straßenbahnen mehr Probleme als gedacht. Immer wieder würden Autos sich auf den Gleisen an wichtigen Knotenpunkten wie dem Ehinger Tor stauen, was zu massiven Verzögerungen führe.
„Erst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu“, sagt Dillmann über den ersten Tag im Regelbetrieb: Verschärft hatte die Lage ein defekter Bus, der am Montagmorgen an der Haltestelle Stadtwerke liegen blieb und die Straßenbahn geraume Zeit blockierte.
Hinzu sei der Bahn-Streik gekommen, der für noch mehr Individualverkehr auf den Straßen gesorgt hätte. Und die Automatik, dass Feuerwehr-Fahrzeuge, die die Wache in der Karlstraße verlassen und automatisch „Grün“bekommen, sei auch noch anfällig. Denn die Löschfahrzeuge würden nicht immer zuverlässig aus dem System „abgemeldet“ werden, was für zusätzliche Blockaden sorgte. Damit die Straßenbahnen sich nicht „wie an der Perlenschnur“ aufreihen müssten, werde am Nachmittag bis auf Weiteres auf den eigentlich angestrebten FünfMinuten-Takt verzichtet. 33 Signalanlagen der neuen Linie 2 müssten erst auf die Ampeln für den Individualverkehr und den Busverkehr abgestimmt werden.
„Das ist ein hochkomplexes System“, sagt Linie-2-Projektleiter Ralf Gummersbach. Hoch spezialisierte Experten seien derzeit mit ihren Laptops täglich in den Zügen sowie an den Schaltschränken um die optimale Feinabstimmung der Ampel- und Weichensteuerung zu finden. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt Gummersbach. Doch es werde noch Wochen dauern, bis alle Systeme aufeinander abgestimmt seien. Die „Badewannenkurve“sei ein gängiges Verlaufsbild bei der Inbetriebnahme von komplexen Systemen wie der Inbetriebnahme einer neuen Straßenbahnlinie: Ganz am Anfang gibt es Schwierigkeiten, dann läuft im Tal alles glatt, bevor es wieder mit Problemen aufwärts geht.
Mehr Fahrgäste als in Bussen
Dillmann geht davon aus, dass Ende Januar der angestrebte Fünf-Minuten-Takt ganztägig angeboten werden könne. Bis dahin werde aber kein Fahrgast an der Haltestelle zurück gelassen, dafür sorgen bereits „Verstärkerzüge“zu Stoßzeiten. Auch wenn es in den ersten zehn Tagen zu Anlaufschwierigkeiten gekommen ist, hätten die Fahrgäste die neue Strecke begeistert aufgenommen. Die SWU hätten deutlich mehr Fahrgäste in den Straßenbahnen befördert als in Bussen auf den früheren Vergleichsstrecken. Belastbare Zahlen sollen allerdings erst in einem halben Jahr kommuniziert werden. Mangelhaft kommuniziert wurde nach Auffassung von Baubürgermeister Tim von Winning die Absehbarkeit der Anlaufschwierigkeiten. „Uns war ja klar, dass es zu Problemen kommt.“Doch die Fahrgäste würden es gelassen sehen.