Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Oliver Pocher kennt keinen Respekt
Nach fünf Jahren Bühnen-Abstinenz ist der Komiker wieder auf Tour - Und beleidigt in Ulm sogar die Mutter seiner Kinder
ULM - Oliver Pocher tippt „Hotel Lago“in seinen Laptop ein. Auf dem Beamer kann das Publikum alles live mitverfolgen. Er hatte nach dem besten Hotel in Ulm gefragt. Jetzt will er beweisen, dass selbst die beliebtesten Unterkünfte im Internet schlechte Kritiken ernten. Auf einer Touristikwebsite lässt er die Zuschauer an den negativen Bewertungen, es sind nur drei Stück, teilhaben. Marcus S. bemängelt beim Osterbrunch die Liebe zum Detail. Pocher positioniert seine Arme, als halte er ein Kleinkind und sagt: „Ich liebe den Lachs so sehr, wo ist der Lachs, ja, wo ist denn der Lachs?“Das Publikum lacht.
Fünf Jahre war der mittlerweile 40-Jährige von der Bühne verschwunden. Pocher war vor allem für seine Stand-Up-Nummern bekannt. 2007 startete er einen zweijährigen Ausflug in die Gefilde des öffentlich rechtlichen Fernsehens. Gemeinsam mit Late-Night-Ikone Harald Schmidt präsentierte er die Show „Schmidt & Pocher“bei der ARD. Anderthalb Jahre später warf Schmidt Pocher Medienberichten zufolge aus der Show. Letztes Jahr feiert er sein Comeback und tourt jetzt mit seinem Programm „SocialMediaBitch“durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Dabei rechnet er mit den sozialen Netzwerken ab. Und natürlich mit ihren Nutzern.
Improvisationstalent hilft weiter
Neben mehreren vorproduzierten Videos, die er über den Beamern flackern lässt – Zeit, in der er die Zuschauer nicht mit zusätzlichen Gags unterhalten muss – nutzt Pocher sein Improvisationstalent programmfüllend.
So lässt er sich geschwind die Profile von Besuchern auf Instagram – einer App, auf der Fotos und Kurzvideos mit Freunden geteilt werden – zeigen. Besonders gut gefallen Pocher die Bilder der jungen Frau, die sie in leichter Sommerkleidung zeigen. Da zoomt der 40-Jährige doch gerne ganz nah auf den Ausschnitt und amüsiert sich über ihre Bildunterschrift. „Da freut sich der Freund“, lacht Pocher. Der sitzt neben der jungen Frau im Publikum.
Aber auch in Sachen Liebe scheint der Comedian ein echter Profi zu sein. Auf der Bühne macht er neue Profilbilder von einem 30-Jährigen, damit es mit dem Online-Dating bald klappt. Dass der kaum etwas sieht – er hat die Brille abgenommen – findet Pocher so witzig, dass er mit der Faust mehrmals Schläge in sein Gesicht antäuscht, von denen der 30-Jährige natürlich nichts mitbekommt. Die rund 280 Zuschauer im gut gefüllten Stadthaus schon.
Beziehungen scheinen sein Thema zu sein, immer wieder spricht er von seiner Ex-Frau Alessandra Meyer-Wölden. Gemeinsam haben sie eine achtjährige Tochter und sechsjährige Zwillingssöhne. Was Pocher nicht davon abhält, die Mutter seiner Kinder in aller Öffentlichkeit als „SocialMediaBitch“zu bezeichnen. Wobei er die Betonung gekonnt auf „Bitch“legt. Was „Schlampe“bedeutet und damit eine Beleidigung für Frauen. „Sie wollte die Hälfte aller Einnahmen der Show haben, also rede ich auch die Hälfte der Zeit über sie“, sagt Pocher.
Am Ende gibt es zwar Applaus, die Forderung nach einer Zugabe bleibt aber aus. Wahrscheinlich hat keiner der Besucher mehr Lust, sein Profil in den sozialen Netzwerken der Lächerlichkeit preiszugeben.