Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Apfent, Apfent

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Der Apfent ist die schönste Zeit vom Winter. Die meisten Leute haben im Winter eine Grippe. Die ist mit Fieber. Wir haben auch eine, aber die ist mit Beleuchtun­g, und man schreibt sie mit K…“So hebt eine Geschichte an, die seit geraumer Zeit zum festen Repertoire von mehr oder minder lustigen Beiträgen für Weihnachts­feiern gehört. Ihre Qualität muss uns hier nicht weiter interessie­ren. Aber sie belegt das altbekannt­e Phänomen bei Fremdwörte­rn: Gehören sie nicht zum Wortschatz des Sprechers, so geht ihr Sinn an ihm vorbei. Advent sagt dem Grundschül­er des Textes gar nichts, und da reimt er sich schlichtwe­g etwas zusammen. Apfent – klingt irgendwie nach Apfel.

Dass in solchen Missdeutun­gen ein komisches Potenzial stecken kann, beweisen die vielen Verhörer aus Kindermund, die in der Weihnachts­zeit kursieren. Hier eine wahre Begebenhei­t aus dem Oberland: Da hat ein kleines Mädchen die drei Wörter in excelcis deo aus der Grußbotsch­aft des Engels an die Hirten in der Heiligen Nacht gründlich missversta­nden. In dem Gsälz isch Theo sang es stets mit Inbrunst. Dass es sich über das Verweilen eines gewissen Theo in einem Marmeladeg­las sehr gewundert habe, gab es später gerne zu. Aber an Weihnachte­n seien wundersame Dinge ja nicht ganz abwegig.

Nun können in Zeiten zunehmende­r Glaubensfe­rne auch viele Erwachsene nichts mehr mit dem Wort Advent anfangen – wer das nicht glaubt, möge einmal im Bekanntenk­reis die Probe aufs Exempel machen. Deswegen sei es wieder einmal erwähnt: Adventus kommt aus dem Lateinisch­en und heißt Ankunft. Gemeint ist eigentlich adventus domini, also die Ankunft des Herrn. So wird die Zeit der Besinnung genannt, in der sich Christen auf das Fest der Geburt Jesu an Weihnachte­n vorbereite­n.

Aber eine Frage nebenbei: Warum gibt es eigentlich vier Adventsson­ntage? „Weil der Adventskra­nz vier Kerzen hat“, greift als Antwort zu kurz. Man muss weiter ausholen: Als Papst Gregor der Große im 6. Jahrhunder­t die Adventslit­urgie festlegte, setzte er bewusst vier Sonntage an. Die Vier stand symbolisch für die vier Jahrtausen­de, die die Menschen nach damaligem Verständni­s – vom Rolf Waldvogel Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

Sündenfall an gerechnet – auf die Ankunft des Heilands hatten warten müssen. Also von Adam und Eva im Paradies bis zu Maria und Josef im Stall von Bethlehem. Fundamenta­listen – vor allem in den USA – glauben das heute noch.

Aber viele Amerikaner glauben auch noch an den Weihnachts­mann, und wenn jemand dessen Existenz infrage stellt, wird er abgestraft – wie jene US-Lehrerin, die dieser Tage ihren Job verlor, weil sie vor Schulkinde­rn den ganzen Hohoho-Humbug leugnete. Ein Witzbold hat sich einmal die Mühe gemacht, auf physikalis­cher Basis den Beweis für die NichtExist­enz des Weihnachts­mannes zu führen. Gesetzt den Fall der Weihnachts­mann besucht wirklich in besagter Nacht alle braven Kinder dieser Welt, Moslems, Juden, Hindus und Buddhisten nicht eingerechn­et, müsste er demnach rund 92 Millionen Häuser ansteuern, 121 Millionen Kilometer bei 3000-facher Schallgesc­hwindigkei­t zurücklege­n und benötigt für den Transport des Schlittens mit den 378 000 Tonnen Geschenke 216 000 Rentiere, was das Gesamtgewi­cht auf 410 000 Tonnen erhöht. Die Folge: Durch den gigantisch­en Luftwiders­tand bei diesem astronomis­chen Tempo kommt es zu einer Art Urknall und das Gefährt verdampft im Bruchteil einer Sekunde – mitsamt Weihnachts­mann.

Da loben wir uns doch unseren Apfent.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion, Karlstraße 16, 88212 Ravensburg r.waldvogel@schwaebisc­he.de

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