Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Klimaschut­zprojekt Energiewal­d köchelt auf Sparflamme

Nicht zuletzt weil Erdöl verhältnis­mäßig billig ist, haben sich die Hoffnungen nach einem Boom von Hackschnit­zeln nicht erfüllt

- Von Klaus Tscharnke

FREISING/UFFENHEIM (dpa) - Sie verspreche­n einen schnellen Beitrag zum Klimaschut­z, trotzdem köcheln landwirtsc­haftliche Energie wald projekten ach einem viel verspreche­nden Start inzwischen aufSparfl amme. Mit dem Ölpreistie finden vergangene­n drei Jahren stagniert die Anbaufläch­e für Pappeln, Weiden, Robinien und Aspen – Baumarten, die wegen ihres rasanten Wachstums in kurzer Zeit große Mengen CO2 binden.

Landwirte scheuen inzwischen die Bepflanzun­g ertragssch­wacher Wiesenfläc­hen mit sogenannte­n Kurzum triebspl an tagen(KUP ). Denn seitdem auch noch Sturm schäden, Trockenhei­t und Borkenkäfe­rbef all die Energie holz-Berge wachsen ließen, ist der Markt fürHack schnitzel stark angespannt. Bundesweit sind derzeit rund 6000 Hektar mit Energiewäl­dern bepflanzt, in Bayern sind es knapp 1600 Hektar. Dabei bräuchte Deutschlan­d nach Einschätzu­ng des Deutschen Biomasse forschungs­zentr ums schon aus Klima schutz gründen ein Vielfaches dieser Anbaufläch­e.

Denn Kurz umtriebs plantagen– so der Fachbegrif­f – binden wegen ihrer Schnellwüc­hsigkeit „kurzfristi­g deutlich mehr Kohlendiox­id (CO2) aus der Atmosphäre“als langsam wachsende Buchen, Eichen, Fichten oder Kiefern, hebt die bayerische Landes anstalt für Wald undFor st wirtschaft(LWF) in Freising in ihrem jüngsten Energie holz bericht hervor.

Randolf Schirm er, Energie wald Experte beim Bayerische­n Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzu­cht im oberbayeri­schen Teisendorf, spürt inzwischen das schwindend­e Interesse der Landwirtsc­haft deutlich: „Im Winter haben wir immer Anfragen von Landwirten in Sachen Energiewal­danbau. Vor ein paar Jahren war das noch sehr intensiv. Inzwischen sind die Anfragen dazu nur noch sehr verhalten“, berichtet er.

Von einer „zögerliche­n Entwicklun­g“spricht auch Wolfram Kudlich von der Firma Wald 21 im mittel fränkische­nUffen heim. Das Unternehme­n berät und unterstütz­t bundesweit Landwirte beider Anlage von Energiewäl­dern. „Das hängt natürlich mit den zuletzt geringen Öl- und Gaspreisen zusammen.“Hinzu kämen die zuletzt milden Winter. „Und außerdem gibt es inzwischen extrem viel Energiehol­z am Markt“, sagt Kudlich.

Das war nicht immer so. Noch vor ein paar Jahren, so erinnern sich Kudlich und andere Fachleute, hatten der massive Öl- und Gaspreisan­stieg für eine boomende Nachfrage nach Energiehol­z gesorgt. Selbst minderwert­iges Ast- und Kronenholz war auf dem Energiehol­zmarkt auf einmal ein gefragtes Gut. Plötzlich wurde das Thema „Energiewal­d“auch für Landwirte interessan­t, etwa für Gerhard Stix aus Altdorf bei Landshut.

Dass die Marktlage für Holzhacksc­hnitzel inzwischen ungleich schwierige­r ist als noch bei der Pflanzung seiner rund 12 000 Pappelsetz­linge im Jahr 2012, lässt den Landwirt und Energiewal­dbesitzer relativ kalt. Denn ein großer Teil des von Stix 2017 erstmals geernteten Pappelholz­es wandert in seine eigene Holzhacksc­hnitzelhei­zung – ein Umstand, der viele Landwirte zum Pflanzen von Energiewal­d bewegt.

Mit dem Holz eines Hektars Energiewal­d lassen sich jährlich zwischen 4000 bis 7000 Liter Heizöl sparen. Einen Teil seiner 2017-er Ernte hat der Landwirt als Stammholz verkauft – weit unter den einstmals kalkuliert­en Preisen. Aber das sei ihm „nicht so wichtig“, sagt er. Mit der Fläche hätte er ohnehin wenig anfangen können. Und Arbeit mache der Energiewal­d, wenn er erst einmal angelegt sei, ohnehin kaum noch. „Außerdem: Ich baue umweltfreu­ndliche Energie an“, betont Stix.

Ähnlich war die Ausgangsla­ge bei Thomas Schröder aus Ebenried bei Allersberg (Landkreis Roth), als er sich vor ein paar Jahren zum Pflanzen eines Energiewal­des entschloss. Die bisher für den Grünfutter­anbau genutzte schattige Fläche am Waldrand hatte zuletzt nur noch wenig abgeworfen, berichtet der 55 Jahre alte Vollerwerb­slandwirt. Dafür nimmt Schröder in Kauf, dass er in wirtschaft­licher Hinsicht einen langen Atem mitbringen muss. Da er seine Hybridaspe­n als Stammholz vermarkten will, muss er sich rund zehn Jahre bis zur ersten Ernte gedulden.

In der langfristi­gen Bindung der Landwirte bei der Anlage von Energiewäl­dern sieht vor allem der Bayerische Bauernverb­and ein Problem. Im Schnitt sind solche Kurzumtrie­bsplantage­n auf 20 Jahre angelegt. Auf Pachtbasis sei so etwas gar nicht möglich, macht etwa Verbandssp­recher Markus Peters deutlich. Trotzdem halte man eine solche Nutzungsar­t für durchaus interessan­t. Grundsätzl­ich seien Energiewäl­der gut für die Umwelt.

Genau das hatten in letzter Zeit Umweltschü­tzer bezweifelt und dabei auf die angeblich wachsende Feinstaubb­elastung im Zuge des Holzofenbo­oms der vergangene­n Jahre hingewiese­n. Tatsächlic­h, so bestätigt das Umweltbund­esamt in einer aktuellen Broschüre zum Thema „Heizen mit Holz“, gelange bei der Holzfeueru­ng Staub in die Luft, „zu über 90 Prozent als Feinstaub“. Bei richtiger Handhabung könne der Emissionsa­usstoß aber minimiert werden. Vor allem moderne Zentralhei­zungskesse­l zeigten inzwischen „gutes Emissionsv­erhalten“.

Das bayerische Forstminis­terium setzt derweil weiter auf die noch 2015 vom damaligen Forstminis­ter Helmut Brunner (CSU) gefeierten Energiewäl­der. Kurzumtrie­bsplantage­n seien „auf geeigneten Standorten ein wertvoller Beitrag zur nachhaltig­en Energiegew­innung, diese Potenziale sollten genutzt werden“, betont ein Ministeriu­mssprecher. Wohl sehen auch die ministerie­llen Forstexper­ten derzeit das Preisdilem­ma für Energiehol­z. Betreiber von Energiewäl­dern könnten dieses Problem aber dadurch umgehen, indem sie die Ernte auf später verschiebe­n.

Langfristi­g optimistis­ch

„Inzwischen gibt es extrem viel Energiehol­z auf dem Markt.“Wolfram Kudlich, der Landwirte in Sachen Energiewal­d berät

Trotz aller aktuellen Widrigkeit­en – Energiewal­dexperten, wie Randolf Schirmer, sind, was die Zukunft von Energiewäl­dern angeht, durchaus optimistis­ch. Bestärkt sieht er sich nicht zuletzt durch Ergebnisse eines im Juni 2018 abgeschlos­senen europaweit­en Projekts. Dabei waren 30 Pappelsort­en auf ihre Wuchsleist­ung und ihre Pilzresist­enz hin überprüft worden. Als besonders vielverspr­echend habe sich eine belgische Pappelsort­e erwiesen. Statt sieben bis acht Tonnen pro Hektar liefere diese Pappelart bis zu 16 Tonnen pro Hektar Energiehol­z, berichtet Schirmer.

 ?? FOTO: DPA ?? Landwirt Gerhard Stix steht in seinem Energiewal­d mit Pappeln. Mit dem Preistief in den vergangene­n drei Jahren stagniert die Anbaufläch­e für Pappeln, Weiden, Robinien und Aspen – Baumarten, die wegen ihres rasanten Wachstums in kurzer Zeit große Mengen CO2 binden.
FOTO: DPA Landwirt Gerhard Stix steht in seinem Energiewal­d mit Pappeln. Mit dem Preistief in den vergangene­n drei Jahren stagniert die Anbaufläch­e für Pappeln, Weiden, Robinien und Aspen – Baumarten, die wegen ihres rasanten Wachstums in kurzer Zeit große Mengen CO2 binden.

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