Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wo Kinderaugen an Heiligabend strahlen
Beim „Christkindle Ralassa“war Biberachs Marktplatz wieder gefüllt – Viele Helfer braucht es
BIBERACH - Tausende Menschen haben an Heiligabend auf dem Biberacher Marktplatz wieder die alte Tradition des „Christkindle Ralassa“verfolgt. Zu festlichen Bläserklängen und Weihnachtsliedern schwebte das vom Biberacher Künstler Georg Lesehr 1960 geschaffene Christkind am Haus Gutermann zu den vielen Besuchern herab. Damit die vielen Kinderaugen strahlen, braucht es viele helfende Hände.
Für Gerhard Mayer vom Baubetriebsamt und seine zehn Helfer ist auch der Heiligabend ein Arbeitstag, wenn auch ein etwas ungewöhnlicher. Gegen 14 Uhr treffen sie bereits am Marktplatz ein. Der ist um diese Zeit noch nahezu menschenleer. Kein Vergleich zu dem dichten Gedränge rund drei Stunden später. Es gibt viel zu tun.
Das Zimmer, von dem aus das Christkind herabgelassen wird, ist kein extra dafür vorbereiteter Raum, sondern befindet sich im Wohnbereich der Gutermanns. Deshalb muss dazu zunächst ein Bett abgebaut werden, damit die Männer überhaupt ans Fenster kommen. „Wir bauen es ab und stellen es danach wieder genauso auf“, sagt Weber.
Zunächst muss das Fenster ausgehängt werden. Anschließend wird ein langes Seil mit Hilfe eines Dremels (historischer Kran), der sich unter dem Hausgiebel befindet, hinuntergelassen. Daran befestigen weitere Helfer des Baubetriebsamts die blaue Himmelkulisse mit den gelben Sternen, aus der das Christkind erscheint. Vorsichtig wird der Himmel entlang der Hausfassade nach oben gezogen. Zwei Sicherungsseile, die die Männer festhalten, sorgen dafür, dass er nicht gegen die Fenster knallt. Oben angekommen, wird der Himmel fixiert.
Keine Ersatzteile
Nun wird es Zeit für den Hauptdarsteller – das Christkindle. Auf einer Ladepritsche, eingewickelt in Decken, wird es direkt vor die Hausfassade gefahren. Im Tageslicht und ohne Beleuchtung sieht es relativ unspektakulär aus. Kein Vergleich zum strahlenden Glanz, den es später verströmen wird. „Wir müssen mit dem Christkindle sehr vorsichtig umgehen“, sagt einer der Männer. Für die gebogene Halogenleuchte, die später das Christkindle umstrahlt, gebe es keine Ersatzteile, falls sie kaputt gehen sollte.
Einer der beiden Kollegen, die noch mit im Zimmer sind, hat ein Funkgerät dabei und bekommt von Gerhard Mayer jeweils das Kommando, wann sich das Christkindle in Bewegung setzten muss und wann die Beleuchtung eingeschaltet werden darf. Spätestens dann wissen die Männer, dass alle Glühbirnen funktionieren. „Das tausenfache ,Aaah’ und ,Oooh’ der Menschen auf dem Marktplatz hören auch wir hier oben“, sagt Weber. Das sei der Moment, in dem er wisse, dass sich die Arbeit an Heiligabend gelohnt hat.
Während sich die Menschen unten auf dem Marktplatz in den Armen liegen und sich frohe Weihnachten wünschen, beginnt für die Männer vom Baubetriebsamt wieder der Abbau. „Bis etwa 19.30 Uhr sind wir damit beschäftigt“, sagt Mayer. Kurz stehe man danach noch im Rathausfoyer beisammen, „aber dann möchten doch alle endlich heim zu ihren Familien“.