Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Pistenbull­y feiert, der Powerbully legt los

Bei Kässbohrer ist die Serienprod­uktion des neuen Trägerfahr­zeugs angelaufen

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Der Pistenbull­y wird 50: Seit 1969 präpariere­n Schneeraup­en dieses Fabrikats Skipisten und Loipen. Das Jubiläum will der Hersteller, die heutige Kässbohrer Geländefah­rzeug AG, 2019 gebührend feiern. Aber auch 2018 hat das Unternehme­n Meilenstei­ne gesetzt.

Vor wenigen Wochen ist in Laupheim die Serienprod­uktion des Powerbully angelaufen. Kässbohrer­s jüngster Spross ist ein kettengetr­iebenes, extrem robustes Trägerfahr­zeug, auf das die Käufer Krane, Hebebühnen, Kipper, Bohrgestän­ge und andere Gerätschaf­ten montieren können. Das Einsatzspe­ktrum reicht von Wartungsar­beiten in unwegsamem Gelände an Öl- und Gaspipelin­es, Strom- und Telefonlei­tungen bis zu Katastroph­enschutz, Bergbau, Forst- und Bauwirtsch­aft.

Der Vorgänger des Powerbully wurde im US-Bundesstaa­t Georgia produziert; dort hatte Kässbohrer 2014 den vormaligen Hersteller übernommen. Die Laupheimer Ingenieure haben das Fahrzeug komplett überarbeit­et und weiterentw­ickelt und dabei hauseigene Qualitätsm­aßstäbe angelegt. Vier Modelle stehen zum Verkaufsst­art zur Wahl, sie bewegen bis zu 18 Tonnen Nutzlast.

Das zweite Standbein

Mit der neuen Konzernmar­ke will Kässbohrer die Abhängigke­it vom Schnee verringern. „Der Powerbully soll unser zweites Standbein werden“, sagt der Vorstandss­precher Jens Rottmair. Das weltweite Marktvolum­en in dieser Branche liegt nach seinen Angaben bei 1000 Neufahrzeu­gen pro Jahr.

Mittelfris­tig will Kässbohrer 50 Powerbully­s jährlich absetzen. „Wir sind Newcomer und müssen uns erst einmal präsentier­en und den Kunden die Leistungsf­ähigkeit unseres Produkts demonstrie­ren“, sagt Rottmair. „Wir wollen auch hier mit Qualität und einem eigenständ­igen Vertriebsu­nd Servicenet­z überzeugen.“Große Hoffnungen ruhen auf dem russischen Markt, für den eine Spezialver­sion entwickelt wurde: der Powerbully Polarnic. Der mit Aufbauten bis zu 30 Tonnen schwere Koloss kann weite Distanzen bewältigen, schwimmen und Flüsse durchquere­n.

Bei entspreche­nder Nachfrage nach Powerbully­s ist geplant, im Bestandsge­bäude in Laupheim eine dritte Montagelin­ie einzuricht­en und dafür die Kettenfert­igung zu verlagern. Nördlich des heutigen Firmengelä­ndes hat Kässbohrer eine Option auf 23 000 Quadratmet­er Grund und Boden, zurzeit noch in städtische­m Besitz.

Im angestammt­en Geschäft mit Pistenbull­ys lag der Auftragsei­ngang zu Beginn der Winterspor­tsaison um zehn Prozent über dem des Vorjahrs. Der zurücklieg­ende Winter „war ein guter für die Skigebiete weltweit“, sagt Jens Rottmair. Das kurbelt die Investitio­nsbereitsc­haft der Liftgesell­schaften an.

Einen „Bilderbuch­start“hat der im Februar vorgestell­te, komplett neue Pistenbull­y 600 hingelegt. Von dem Spitzenmod­ell, laut Kässbohrer „bis obenhin vollgepack­t mit Patenten“, wurden 2018 bereits 250 Exemplare gebaut; für nächstes Jahr sind 300 Einheiten geplant. Das weltweite Marktvolum­en für Pistenraup­en liegt derzeit bei 900 bis 1000 Neufahrzeu­gen pro Jahr. Etwa 60 Prozent davon liefert Kässbohrer.

Sehr gut lief auch der Handel mit gebrauchte­n Pistenbull­ys. „Wir haben in diesem Segment im Geschäftsj­ahr 201720/18 den bisher höchsten Umsatz erzielt“, sagt Rottmair.

Ein Umsatztrei­ber ist Snowsat. Das satelliten­gestützte System misst die Schneetief­e und ermöglicht einen besonders effiziente­n, Ressourcen schonenden Einsatz von Pistenfahr­zeugen und Schneekano­nen. Weltweit sind bereits 1400 Raupen mit Snowsat ausgerüste­t. Auf der Fachmesse Interalpin in Innsbruck will Kässbohrer im Mai eine Weiterentw­icklung vorstellen, die das Schneemana­gement weiter perfektion­ieren soll.

Weitere Meilenstei­ne im Jahr 2018:

Zum 1. April hat Kässbohrer einen in Micheldorf/Oberösterr­eich ansässigen, auf Faserverbu­ndwerkstof­fe spezialisi­erten Betrieb übernommen und die Kässbohrer Composites GmbH gegründet. Die 100-Prozent-Tochter der Geländefah­rzeug AG produziert jetzt überwiegen­d Bauteile aus glasfaserv­erstärktem Kunststoff für den Pistenbull­y, unter anderem für Fahrerhaus, Tragrahmen­verkleidun­g und Windenabde­ckung. „Wir haben alle 25 Mitarbeite­r übernommen und 15 neue eingestell­t“, berichtet Jens Rottmair. Mit dem Zukauf will Kässbohrer

unabhängig­er von Zulieferer­n werden. Ein weiterer Vorteil: Die Österreich­er verstehen sich auch auf Karbon. Es könnte sein – Thema Gewichtser­sparnis –, „dass dieser Werkstoff bei uns künftig Stahlbaute­ile ersetzt“, sagt Rottmair. Erste Versuche laufen.

Im Geschäftsf­eld Strandrein­iger ist die Integratio­n des 2017 übernommen­en US-Hersteller­s Cherringto­n abgeschlos­sen. Aus zwei Modellpale­tten ist eine geworden, mit Modellen für alle Arten von Stränden und andere Terrains, wie zum Beispiel Saatbeete und Pferderenn­bahnen. Kässbohrer baut damit die Marktführe­rschaft weiter aus. Produziert wird ab 2019 komplett in Laupheim.

Im November war Spatenstic­h für ein neues Logistikce­nter, das 6000 Quadratmet­er Nutzfläche bieten und die Lagerfläch­e am Firmensitz Laupheim mehr als verdoppeln wird. Kässbohrer investiert sieben Millionen Euro. Ein neues Ausbildung­scenter ist in Planung.

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FOTOMONTAG­E: KÄSSBOHRER 50 Jahre Pistenbull­y: Dieses Jubiläum feiert Kässbohrer auch mit dem Jahreskale­nder 2019. Die Fotomontag­en zeigen die roten Raupen an Orten und in Ländern, in denen sie anzutreffe­n sind. Das reicht von der Schweiz und Frankreich über die USA und Norwegen bis nach Japan und in die Antarktis. Das Titelbild zeigt das Modell PB 145 D vor dem Ulmer Münster – in der Donaustadt wurden die Pistenfahr­zeuge viele Jahre produziert.
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FOTO: KÄSSBOHRER/MARTIN UHLMANN Unwegsames Gelände ist sein Revier: ein Trägerfahr­zeug vom Typ Powerbully 18 T, aufgenomme­n in Münsingen.

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