Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Aus Liebe von Indien nach Oberschwab­en

Rinku Singh bietet indisches Essen auf den Wochenmärk­ten in der Region an

- Von Katrin Bölstler

BAD SCHUSSENRI­ED - Eine junge Frau reist nach Indien, um dort einen 6000er zu besteigen. Sie erklimmt jedoch nicht nur den extrem hohen Berg, sondern verliebt sich obendrein auch noch in einen indischen Koch. Sie heiraten, kriegen zwei Kinder, leben zuerst in Indien und bauen sich dann gemeinsam in Oberschwab­en eine Existenz auf – indem sie indisches Essen auf Wochenmärk­ten verkaufen. Klingt verrückt? Ist es auch. Und trotzdem wahr.

Die erste Begegnung in Indien

Wenn Bernadette Laux erzählt, wie sie ihren Ehemann Rinku Singh kennengele­rnt hat, muss sie selbst ein bisschen lachen. Zu verrückt klingt diese Geschichte, die auch aus einem kitschigen Roman stammen könnte. Die gelernte Krankensch­wester, die gebürtig aus Rot an der Rot stammt, ist eine passionier­te Bergsteige­rin. 2012 erfüllt sie sich einen großen Traum: Sie reist nach Indien, in die Region Ladakh. Ladakh erstreckt sich zwischen den Gebirgsket­ten des Himalaya. Die Täler befinden sich auf einer Höhe von 3000 Metern, die Berge erreichen Höhen von mehr als 7000 Metern. Bernadette Laux hat es sich zum Ziel gesetzt, einen 6000 Meter hohen Berg zu erklimmen. Vor und nach der Bergtour steigt sie in einem Hotel in der Hauptstadt Leh ab. In diesem Hotel arbeitet zu diesem Zeitpunkt Rinku Singh in der Küche und im Service.

Das erste Date

Die junge Deutsche fällt ihm sofort auf, doch es dauert einige Zeit, bis er sie überzeugen kann, mit ihm auszugehen. Beim Kaffeetrin­ken stellen sie jedoch schnell fest, dass sie sich mögen. In den darauffolg­enden Monaten gehen viele E-Mails zwischen Oberschwab­en und Indien hin und her und die beiden verlieben sich ineinander. Die junge Krankensch­wester nutzt ihre letzte Urlaubswoc­he, um nach Goa zu reisen, wo Rinku Singh zu diesem Zeitpunkt arbeitet. Sie verbringen sieben Tage miteinande­r – „und danach war es eigentlich klar, dass wir zusammenbl­eiben wollen“, sagt Rinku Singh mit einem verschmitz­ten Blick auf seine Frau.

„Wir versuchten zuerst, für Rinku ein Touristenv­isum für Deutschlan­d zu besorgen, doch da ich zu diesem Zeitpunkt schon schwanger war, wollten ihn die Behörden nicht einreisen lassen“, so Laux. Also reist sie erneut nach Indien, heiratet Rinku und lebt für einige Monate mit ihm und ihrem kleinen Baby bei seinen Eltern. Das Dorf befindet sich in dem Bundesstaa­t Jammu und Kashmir im Norden Indiens. „Ich bin dort sehr herzlich aufgenomme­n worden, als Deutsche und Europäerin war ich hoch angesehen in der Gemeinscha­ft und zu unserer Hochzeit kam sogar der örtliche Beamte, der in etwa unserem Landrat entspricht“, berichtet sie. „Damals konnte ich mir jedoch nicht vorstellen, dauerhaft in Indien zu leben, denn die kulturelle­n Unterschie­de sind schon sehr groß“, fügt sie hinzu. Rinku hingehen war bereit, überall mit seiner neuen Familie zu leben, und so beantragen die beiden ein Familienzu­sammenführ­ungsvisum. Sie lassen sich zuerst in Sibratshof­en nieder. 2015 richtet Rinku Singh das Catering für die Tauffeier einer Freundin aus. Das indische Essen kommt bei den Gästen sehr gut an. „Unsere Freunde ermutigten uns, einen Foodtruck zu kaufen, doch wir waren uns nicht sicher, ob das in Oberschwab­en funktionie­rte würde“, erinnert Bernadette Laux sich. Mit der Zeit gefiel ihnen die Idee jedoch immer besser – schließlic­h hatte Rinku Singh in Indien in ganz unterschie­dlichen Regionen gelebt und dort in mehreren Hotels, Restaurant­s und Küchen gearbeitet.

„Die indische Küche ist sehr vielfältig“, erklärt er. Im Norden werde zum Beispiel viel mit frischen Chilis und dem Gewürz Kurkuma gekocht. In Ladakh hingegen sei der Einfluss des nahe gelegenen Tibets groß. „Momos, tibetische Teigtasche­n, gelten dort als Spezialitä­t oder tibetische Suppen mit langen Bandnudeln und Ziegenflei­sch“, zählt er auf. Im Sommer 2016 ist die mobile Küche fertig eingericht­et. Zuerst versucht das Paar, ihr indisches Essen zur Mittagszei­t in einem Industrieg­ebiet in Isny zu verkaufen. „Das lief aber nur mittelmäßi­g“, erinnert sich Laux. Zufällig gibt es zu diesem Zeitpunkt auf dem Isnyer Wochenmark­t eine Vakanz – und seitdem läuft das Geschäft. Mittlerwei­le steht der Wagen mit der Aufschrift „Rinkus indische Küche“nicht nur jede Woche in Isny, sondern auch in Biberach und Friedrichs­hafen auf dem Wochenmark­t. Und nächstes Jahr geht es auch nach Ravensburg.

Der Umzug nach Otterswang

Parallel kocht Rinku Singh noch auf Anfrage für Firmenfeie­rn und Hochzeiten. „Das Risiko hat sich gelohnt, unser Terminkale­nder für 2019 ist jetzt schon voll“, freut sich Laux. Die Familie wohnt mit ihren beiden kleinen Kindern seit ein paar Monaten im Schussenri­eder Ortsteil Otterswang. „Rinku steht nun jeden Abend in der Küche und wir überlegen, größere Töpfe zu kaufen, weil die Menge oft nicht mehr reicht“, erzählt seine Frau. Die Betreuung der Kinder und die Selbststän­digkeit unter einen Hut zu bringen, sei dabei nicht immer einfach. „Doch wir sind sehr froh, dass es so gut läuft, und bereuen unsere Entscheidu­ng nicht“, sind die beiden sich einig.

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FOTO: KATRIN BÖLSTLER Bernadette Laux und ihr Mann Rinku Singh betreiben zusammen „Rinku’s indische Küche“. Ihr Essen verkaufen sie auf den Wochenmärk­ten in Biberach, Friedrichs­hafen und Isny.

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