Schwäbische Zeitung (Laupheim)
OB Rapp: „Wir brauchen 200 neue Sozialwohnungen“
Ravensburger Stadtverwaltung tüftelt Modelle dazu aus, wie sie Neubauten vorantreiben kann
RAVENSBURG - Der Stadt Ravensburg gehören 400 Sozialwohnungen. Das sind, gemessen am Bedarf, viel zu wenig. Weil der Neubau solcher Wohnungen für Baufirmen kaum Rendite abwirft, muss die Stadt in die Bresche springen, findet Oberbürgermeister Daniel Rapp. Wie sie möglichst flott möglichst günstig rund 200 neue Sozialwohnungen aus dem Boden gestampft kriegt – dazu macht man sich verwaltungsintern jede Menge Gedanken. Eine Idee ist die Gründung eines Eigenbetriebs „Städtische Wohnungen“.
Dieser Eigenbetrieb könnte spätestens zum 1. Januar 2020 loslegen und nach dem Grundsatz „Tausche Grundstück gegen Sozialwohnungsbau“operieren, wie Rapp erläutert. Das heißt: Anstatt eine eigene Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, wie der OB das eigentlich mal zum 1. Januar 2019 vorgehabt hatte, will man dieses Geschäft nun Bauträgern überlassen – „weil die das besser und billiger können“. Mit folgendem Kniff: Sie müssen für ein Grundstück kein Geld hinblättern, sondern die Stadt in Form von Sozialwohnungen entlohnen. Wohnungen, welche die Stadt dann an sozial Schwache vermietet. Drei potenzielle Partner haben laut Rapp bereits ihr Interesse an dem Modell bekundet. Vorteil: Die Stadt kann dem jeweiligen Bauunternehmen entsprechende Vorgaben machen. Und damit beispielsweise verhindern, dass in einem Quartier unverhältnismäßig viele Sozialwohnungen entstehen.
Dass die Gemeinderatsdiskussion zum Thema Wohnungsbaugesellschaft erst nach der Kommunalwahl anlaufen soll, wie Rapp das in einer öffentlichen Sitzung hatte verlauten lassen, sei missverständlich rübergekommen. Hinter den Kulissen werde schon länger „mit Hochdruck“dazu gehirnt, wie man am besten vorgeht: „Wir sind unglaublich intensiv in der Prüfung und haben sehr viele Besprechungen.“Auch in anderen Städten, Lörrach etwa oder Freiburg, habe man sich umgeschaut. Fazit: Die Variante einer klassischen städtischen Wohnungsbaugesellschaft ist laut Rapp vom Tisch. Ihre Gründung sei zu teuer; außerdem besitze die Stadt zu wenig Wohnungen dafür.
Leerstände sollen auf den Markt
Abgesehen von Sozialwohnungen für Menschen, „die wenig oder nichts haben“, steht für Rapp fest: Um die enormen Pendlerströme einzudämmen, „brauchen wir in allen Preisklassen mehr Wohnraum“. Auch dazu hat die Verwaltung einiges ausgetüftelt: Im zweiten Quartal 2019 möchte Rapp – sofern der Gemeinderat zustimmt – eine Stabsstelle Wohnraumversorgung einrichten. Der zuständige Mitarbeiter soll unter anderem versuchen, die Eigentümer leer stehender (Einlieger-)Wohnungen davon zu überzeugen, diese doch (wieder) zu vermieten. Oder Senioren, die ganz allein ein großes Haus samt Garten bewohnen und damit vielleicht sogar überfordert sind, kleinere Wohnungen in Aussicht stellen oder ihnen Hilfe beim Umzug organisieren.
Außerdem hält Rapp es für angezeigt, das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum weiter zu fassen. Momentan müssen dem Bündnis zufolge bei Neubauvorhaben mit mehr als zehn Wohneinheiten 20 Prozent der Fläche mindestens 14 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete angeboten werden. Der OB wünscht sich etwa, dass „die Mittelschicht“in diesem Rahmen Wohnungen nicht nur günstig mieten, sondern auch kaufen kann.
Und weil das Geld, das die Stadt für Grundstückserwerb ausgeben darf, auf 3 Millionen Euro pro Jahr gedeckelt ist, soll eine neue Stadtentwicklungsgesellschaft für mehr Spielraum sorgen. Sie könnte Kredite aufnehmen, ein Grundstück entwickeln und schließlich an einen Bauträger verkaufen – „der dann nach unserem Konzept weitermacht“, stellt Rapp sich das vor. Dabei schielt er nicht auf einen Haufen Gewinn, sondern es gehe darum, schnell handlungsfähig zu sein, wenn ein geeignetes Grundstück auftaucht.
Bei alldem macht der OB deutlich, dass nicht nur sozial schwache Familien neue Wohnungen brauchen: Er gibt das Ziel aus, pro Jahr sollten generell 200 neue Wohnungen entstehen. Aufgrund der großen Nachfrage sei das nur mit der Ausnutzung von Flächen innerhalb der Stadt – ob Ziegelhöfe oder Mühlenviertel – nicht zu bewerkstelligen.
Schnell weitere Wohngebiete
Man brauche auch neue Grundstücke in den Ortschaften. Momentan ermöglicht der umstrittene Baugesetzbuch-Paragraf 13b, Baugebiete fix und ohne Umweltprüfung auszuweisen – wogegen Umweltschutzorganisationen Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof eingelegt haben. Dennoch ist der OB überzeugt: „Wir brauchen diese Verfahren.“Die Verwaltung will daher neue Baugebiete in der Schmalegger Ortsmitte, in Untereschach (Hohe Bäume), in Taldorf, Alberskirch, Torkenweiler und Oberzell vorantreiben.