Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Bedarf muss festgestellt werden“
KV-Pressesprecher Kai Sonntag zu möglichen Widersprüchen gegen Zulassungsentscheid
RIEDLINGEN - Seit 13. November liegt die Entscheidung vor: Am Gesundheitsstandort Riedlingen soll ein internistischer Facharzt mit einem halben Deputat auch ambulante Patienten betreuen dürfen. Dieser sogenannte „halbe internistische Sonderbedarfssitz“wurde vom Zulassungsausschuss genehmigt. Allerdings gibt es die Befürchtung, dass dagegen Widerspruch eingelegt werden könnte. Daher gab es auch einen Appell der Bürgermeister der Raumschaft, mit der Bitte darauf zu verzichten. Wir haben nun beim Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Kai Sonntag, nachgefragt, wer überhaupt Widerspruch einlegen darf und warum.
Wer kann gegen einen Entscheid des Zulassungsausschusses Widerspruch einlegen?
Grundsätzlich jeder, der davon betroffen ist. Das ist natürlich der Antragsteller oder jemand, zu dessen Lasten die Entscheidung des Zulassungsausschusses sich richtet. In diesem Fall handelt es sich um einen Antrag auf Sonderbedarf. Da sieht das Gesetz auch einen Drittwiderspruch vor. Das bedeutet, dass auch Ärzte widersprechen können, die von der Entscheidung wirtschaftlich betroffen sind. Im Vorfeld einer Sonderbedarfszulassung muss der Bedarf festgestellt werden. Dazu werden die Praxen um eine Stellungnahme gebeten, die Patienten aus dem Ort versorgen, an dem die Praxis eröffnet werden soll. Daher können Ärzte in anderen Praxen Widerspruch einlegen.
Welche Gründe können angeführt werden?
Ein Grund wäre eine wirtschaftliche Betroffenheit. Da müssten die Praxen darlegen, dass sie dadurch in einem wesentlichen Umfang Patienten verlieren würden beziehungsweise auch zusätzliche Patienten versorgen könnten.
Das Bezugsgebiet für die Entscheidung des Zulassungsausschusses ist die Region – in unserem Fall die Region Donau-Iller, die von Ulm bis an die Grenze zum Kreis Sigmaringen reicht. Warum können dennoch Ärzte außerhalb dieser Region Widerspruch einlegen, obwohl dies gar nicht Bezugsgröße ist?
Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Die Bezugsregion ist maßgeblich für die Bedarfsplanung. Die Entscheidung kann aber durchaus auch auf Gebiete außerhalb der Region ausstrahlen. Gerade bei fachärztlichen Internisten, wo die Patientenwege naturgemäß weiter sind, weil es gar nicht so viele gibt, ist das schnell der Fall. Konkret am Beispiel Riedlingen: Riedlingen liegt ziemlich am Rand der Region Donau-Iller. Da kann das durchaus auch Praxen betreffen, die nicht in der Region sind.
Wie lange nach einer KV-Entscheidung ist Widerspruch möglich?
Die Frist ist ein Monat nach Zustellung des Bescheids.
Ist bislang der Entscheidung des Zulassungsausschusses widersprochen worden?
Da die Verfahren vor den Zulassungsausschüssen immer nichtöffentlich sind, darf ich dazu keine Aussage treffen.
Wie ist das weitere Prozedere, falls ein Widerspruch erfolgt?
Dazu gibt es den Berufungsausschuss, der den Widerspruch behandelt. Gegen die Entscheidung des Berufungsausschusses ist dann Klage vor dem Sozialgericht möglich. Ein Widerspruch hat immer erst einmal aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass der Bescheid des Zulassungsausschusses nicht in Kraft tritt. Der Antragsteller, gegen den sich der Widerspruch richtet, kann zwar einen Antrag auf sofortigen Vollzug stellen, das ist aber mit einem erheblichen Risiko verbunden. Denn er müsste sein Honorar zurückzahlen und die Praxis rückabwickeln, wenn dem Widerspruch stattgegeben würde. Er hätte dann keine Zulassung.
Bei Fachärzten ist es üblicherweise sehr schwer, einen zeitnahen Termin zu erhalten, oft dauert dies Monate. Wieso kann es dann sein, dass dagegen aus wirtschaftlichen Gründen Einspruch erhoben wird – obwohl die allermeisten Praxen voll sind?
Widerspruch kann erst einmal eingelegt werden, die Frage ist, ob ihm auch stattgegeben wird. Eine Praxis müsste dann nachweisen, dass sie noch Kapazitäten frei hat beziehungsweise durch die neue Praxis signifikant Patienten verlieren würde.