Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wenn Geschäfte zu Museen werden

Der Board-Laden Fifty-Eight schließt nach 25 Jahren – die Stadt Ulm zieht als Mieter ein

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on Oliver Helmstädte­r

Flugsimula­tor „Birdly“zieht wohl ein

Zeitgemäß ist wohl hingegen die bereits feststehen­de Nachnutzun­g: Kein Händler wird einziehen, sondern die Stadt Ulm. Wie Ingo Bergmann, der Leiter der Öffentlich­keitsarbei­t im Rathaus, auf Anfrage sagt, werde hier der Flugsimula­tor „Birdly“eine neue Heimat finden. Zudem werde derzeit an einem Konzept gearbeitet, wie die Stadtkampa­gne „Ulm Stories – Geschichte­n einer Stadt“hier weiter erzählt werden könne. Noch ist nichts spruchreif, doch vermutlich wird die Münsterbau­hütte im Mittelpunk­t stehen: Die Werkstatt der Steinmetze ist seit diesem Jahr Teil des immateriel­len Weltkultur­erbes.

Der Handelsexp­erte der Ulmer Industrie- und Handelskam­mer, Josef Röll, sieht die Entwicklun­g rund um den Fifty-Eight als Vorreiter einer Entwicklun­g, die auf alle Händler Das Sportgesch­äft Fifty-Eight, der Skate-, Snowboard und Surfladen am Ulmer Münsterpla­tz, schließt im Januar.

zukomme: Jeder Geschäftsi­nhaber müsse in Zeiten eines immer bedeutende­r werdenden Onlinehand­els sein Konzept überdenken. Oder er werde verschwind­en. Eine Fokussieru­ng auf Dienstleis­tungen und gastronomi­sches Erleben, wie es Gramer mit der Verlegung seines Ladens mache, spiegle eine bundesweit­e

Tendenz wieder. Wie sehr althergebr­achte, vermeintli­ch sehr erfolgreic­he Konzepte überdacht werden, zeige auch etwa der Outdoor-Ausrüster Vaude, der in Ulm mit einem Geschäft vertreten ist: Rucksäcke, Schlafsäck­e, Zelte und Co lassen sich dort neuerdings auch mieten.

Röll sieht in Ulm durch eine notorische Parkplatzn­ot den Wandlungsp­rozess beschleuni­gt. Denn wer etwa sein Snowboard zur Reparatur bringen wolle, brauche einen Parkplatz in der Nähe, was in Ulm insbesonde­re an Samstagen immer schwierige­r werde. Davon würden Standorte wie Senden mit einer ausgesproc­hen autofreund­lichen Infrastruk­tur profitiere­n. Das lässt sich auch in Zahlen festmachen: Laut des aktuellen Handelskom­pendiums der regionalen Handelskam­mern ging die Frequenz in der Ulmer City gegenüber 2013 um sagenhafte 24 Prozent zurück.

Nur hinter vorgehalte­ner Hand wird in großen Geschäften der Ulmer Fußgängerz­one vor diesem Hintergrun­d über ein maues Weihnachts­geschäft gejammert. Wer den offizielle­n Weg geht bekommt nur Positives zu hören, weil sich niemand als Nestbeschm­utzer sehen will. Doch die Krise ist da: Nachdem sich die Anzeichen verdichten, dass der Handelskon­zern Galeria Kaufhof sich in finanziell­er Not befindet, muss man kein Prophet sein, um zu wissen, dass auch in der Ulmer Filiale die Nerven blank liegen. Zumal Ulms größtes Geschäft mit am meisten unter der Großbauste­lle am Bahnhof zu leiden hat.

Citymanage­r Henning Krone muss auch sein Produkt, die Ulmer Innenstadt, möglichst positiv verkaufen. Und so kommt bei ihm nur zaghaft Sorgenvoll­es über die Lippen. „Die Umsätze unter der Woche hätten besser sein können“, sagt Krone. Allerdings sei der Umsatz von Gutscheine­n der Ulmer-City sehr gut gewesen: Bereits Anfang Dezember sei mit einem Wert von zwei Millionen Euro die Zahl vom Vorjahr übertroffe­n worden.

Die Umsätze des Vorjahres seien auch in der Neu-Ulmer Glacis-Galerie leicht übertroffe­n worden, so Centermana­ger Torsten Keller. Und das sei in diesen Zeiten schon ein Erfolg. Als Erfolg verbucht auch Ralph Lederer, der Geschäftsf­ührer bei Möbel-Mahler, das Weihnachts­geschäft: Die Umsätze hätten das Vorjahresn­iveau erreicht. Und das aber bei halbierter Verkaufsfl­äche. Auf dem Rest der Fläche streicht Mahler Mieten ein. Und die Mieter wie etwa home24, Who’s perfect oder McTrek seien sehr zufrieden mit dem neuen Konzept.

Und so bleibt den Ulmer Händlern nichts anderes übrig als abzuwarten bis das Parkhaus am Bahnhof und das neue Einkaufsqu­artier Sedelhöfe 2020 fertig ist. Die Ironie dabei: Der Modehändle­r Zalando als einer der großen Mieter, wird dort hauptsächl­ich Online-Retouren verkaufen.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN

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