Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Fall Diesel – ungelöst
Rechtzeitig vor dem Jahresende hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die technischen Vorgaben für die Nachrüstung älterer Diesel mit modernen Abgasreinigern vorgelegt. Damit sieht der Minister seine Aufgabe im Kampf gegen Fahrverbote als erledigt an. Doch das ist glatte Augenwischerei und wird in der unendlichen Geschichte um Abgasbetrug, Stickoxide und Fahrverbote nicht wirklich etwas nützen – weder der Umwelt noch den Autofahrern.
Nur Handwerker oder Lieferanten können aufatmen, sollte es tatsächlich Mitte 2019 erste genehmigte Nachrüstsysteme geben. Denn für sie übernimmt der Bund die damit verbundenen Kosten. Millionen privater Besitzer älterer Dieselmodelle lässt die Bundesregierung weiterhin im Regen stehen. Sie müssten nach heutigem Stand der Dinge selbst für einen modernen Kat aufkommen.
Die Bundesregierung hat fraglos einiges in die Wege geleitet, um die Folgen der vielen Gerichtsurteile für eine bessere Stadtluft zu mindern. Ein zentraler Baustein ist die Änderung des Immissionsschutzgesetzes. Statt der erlaubten 180 Milligramm Stickoxid pro Kilometer für ein Euro-5-Fahrzeug dürfen sie bis zu 270 Milligramm ausstoßen, bevor sie von einem Fahrverbot betroffen werden. Euro 6 sind von Restriktionen sogar ganz ausgeschlossen, obwohl sie laut Umweltbundesamt im Durchschnitt über 500 Milligramm Stickoxid in die Luft pusten. Damit hebelt die Bundesregierung aber EU-Recht aus. Ob dieses Gesetz Bestand hat, ist daher sehr fraglich. Auch die Ungleichbehandlung der Euro-Normen ist schwer zu vermitteln.
Überhaupt nicht eingelöst ist das Versprechen, dass die Autofahrer nicht für die Tricksereien der Hersteller zur Kasse gebeten werden. Schon jetzt ist der Wertverlust für Dieselbesitzer enorm und geht vermutlich zusammengerechnet in die Milliarden. Und es ist kein Anzeichen dafür erkennbar, dass sich die Industrie ihrer Verantwortung stellt und die Kosten für die Nachrüstung übernimmt. Stattdessen hofft sie auf ein gutes Geschäft durch den Verkauf neuer Fahrzeuge an die geprellten Autofahrer. Der Fall Diesel bleibt weiterhin ungelöst.
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